Warndreieck auf der Straße vor Unfallauto Fotolia/halfpoint

28. Oktober 2019, 16:11 Uhr

Übersichtsseite Ver­kehrs­un­fall: Alles, was du wissen musst

Rund 2,6 Millionen Verkehrsunfälle werden jährlich auf deutschen Straßen registriert. Pro Stunde kracht es also rund 300 Mal. Das Risiko, selbst in einen Unfall verwickelt zu werden, solltest du daher nicht unterschätzen. Deshalb ist es wichtig, dass du weißt, was im Ernstfall zu tun ist.

 

Inhalt

>> Begriffsklärung: Was ist ein Verkehrsunfall, wer ist Unfallbeteiligter?

>> Richtiges Verhalten bei Verkehrsunfällen

>> Entscheidend: Die Schuldfrage

>> Schadensersatz und Schmerzensgeld nach einem Verkehrsunfall

>> Was gilt bei Unfällen mit Tieren?

>> Welche Konsequenzen drohen bei Verkehrsunfällen?

>> Verkehrsunfall mit dem Firmenwagen oder Carsharing-Auto

>> Weitere Artikel zum Thema Verkehrsunfall

 

Begriffs­klä­rung: Was ist ein Ver­kehrs­un­fall, wer ist Unfallbeteiligter?

Natürlich hat jeder eine Vorstellung, was ein Verkehrsunfall ist. Doch wenn es um rechtliche Aspekte geht, ist eine genaue Definition sinnvoll. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat den Begriff folgendermaßen definiert: „Ein Unfall ist ein plötzliches Ereignis im Straßenverkehr, das mit den Gefahren des Straßenverkehrs in ursächlichem Zusammenhang steht“. Als Beispiele für „klassische Unfälle“ nennt der BGH das Kollidieren von zwei Autos oder das Anfahren eines Fußgängers durch einen Auto- oder Fahrradfahrer. Grundsätzlich zieht ein Verkehrsunfall einen „nicht gänzlich belanglosen“ Sachschaden und/oder Personenschäden nach sich.

Unfallbeteiligte im rechtlichen Sinn sind alle Personen, „deren Verhalten nach den Umständen zur Verursachung des Unfalls beigetragen haben kann“. Das bedeutet, dass auch jemand unfallbeteiligt sein kann, der zum Unfallzeitpunkt gar nicht vor Ort war. Wenn zum Beispiel ein parkendes Auto bei einem Unfall beschädigt wird, ist dessen Besitzer beteiligt. Unfallbeteiligte haben bestimmte Pflichten, die in § 34 Straßenverkehrsordnung (StVO) festgehalten sind.

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Richtiges Verhalten bei Verkehrsunfällen

Die wichtigste Regel bei einem Verkehrsunfall lautet: Ruhe bewahren. Bei allem, was jetzt kommt, solltest du umsichtig und überlegt vorgehen. Ausführliche Informationen findest du in unserem Ratgeber „Verhalten bei einem Autounfall“. Hier in der Kurzform das Wichtigste:

  1. Unfall­stel­le absichern: Im ersten Schritt geht es darum, zu ver­hin­dern, dass andere Ver­kehrs­teil­neh­mer in den Unfall ver­wi­ckelt werden oder sich die Lage noch ver­schlim­mert. Schalte den Warn­blin­ker an, zieh dir – sofern vorhanden – eine Warnweste über und stelle ein Warn­drei­eck auf.
  2. Ver­letz­ten helfen: Als Unfall­be­tei­lig­ter bist du nach § 34 Absatz 1 StVO ver­pflich­tet, Ver­letz­ten zu helfen. Du musst also Erste Hilfe leisten und gege­be­nen­falls die Ret­tungs­kräf­te rufen.
  3. Unfall doku­men­tie­ren: Eine genaue Unfall­do­ku­men­ta­ti­on ist wichtig für die spätere Scha­dens­re­gu­lie­rung und auch, falls es zum Streit bezüglich der Schuld­fra­ge kommt. Fotos und Skizzen machen die Ereig­nis­se nach­voll­zieh­bar. Wenn die Polizei gerufen wird, über­neh­men das die Beamten. Außerdem solltest du dir die Kon­takt­da­ten des Unfall­geg­ners und möglicher Zeugen notieren. Auch Dashcam-Aufnahmen können unter Umständen als Beweis­mit­tel genutzt werden.
  4. Schaden bei der Ver­si­che­rung melden: Beim Melden von Unfall­schä­den gelten bestimmte Fristen – sowohl bei der Haft­pflicht- als auch bei der Kas­ko­ver­si­che­rung. In der Regel solltest du dich innerhalb von 14 Tagen bei der Ver­si­che­rung melden. Mehr zu diesem Thema erfährst du im Text „Scha­dens­mel­dung: Kas­ko­scha­den frist­ge­recht melden“

Wichtig: Du darfst keine Spuren beseitigen, die den Unfallhergang nachvollziehbar machen. Trotzdem darfst du wegen eines Kratzers in der Stoßstange nicht mitten auf der Kreuzung stehenbleiben. Bei kleinen Unfällen solltest du dein Fahrzeug so schnell wie möglich an die Seite lenken und die Fahrbahn freimachen. Du musst also im Einzelfall abwägen, was sicher und richtig ist.

 

Wann muss ich bei einem Verkehrsunfall die Polizei rufen?

Wenn nur ein geringer Schaden entstanden ist, zum Beispiel bei einem Parkrempler, muss die Polizei nicht zwingend hinzugezogen werden. In manchen Städten rücken die Beamten bei solchen Unfällen ohnehin gar nicht aus. Wann es sich um so einen geringfügigen Schaden handelt, erfährst du im Ratgeber „Bagatellschaden am Auto: Wo liegt die Grenze?“

Die Polizei rufen solltest du auf jeden Fall bei:

  • ver­letz­ten Personen
  • Verdacht auf Drogen oder Alkohol
  • unklarer Sachlage oder strit­ti­gem Unfallhergang
  • Fah­rer­flucht

 

Was tun bei Unfällen mit parkenden Autos?

Auch wenn du auf dem Parkplatz ein fremdes Auto nur leicht touchierst, ist das ein Verkehrsunfall. Übrigens nicht nur, wenn du es beim Ausparken mit deinem Wagen beschädigst, sondern auch, wenn du als Radfahrer oder Fußgänger versehentlich einen Kratzer verursachst. Wenn du einfach weiterfährst oder gehst, begehst du Unfallflucht und damit eine Straftat, nämlich unerlaubtes Entfernen vom Unfallort nach § 142 Strafgesetzbuch (StGB). Warum das kein Kavaliersdelikt ist und wie schnell man versehentlich Verkehrsunfallflucht begeht, erklärt Anwalt Andreas Lubitz im Interview.

Eine Notiz mit den eigenen Kontaktdaten hinter den Scheibenwischer zu klemmen reicht nämlich nicht aus. Zusätzlich musst du auch ausreichend lange auf den Geschädigten warten. Wie lange genau, hängt sehr von den konkreten Umständen ab; 30 Minuten sind aber ein guter Richtwert. Mehr dazu erfährst du in unserem Ratgeber „Fahrerflucht: Besteht eine Wartepflicht nach Unfällen?“

 

Autofahrer hält Faust mit Daumen hoch aus dem Autofenster

Ein Unfall im Ausland nervt ganz besonders: Fremdes Land, andere Regeln, möglicherweise auch noch eine Sprachbarriere – das macht die Abwicklung zusätzlich kompliziert. Auf die Packliste für den Urlaub gehört deshalb unter anderem ein Vordruck des Europäischen Unfallberichts – ein Exemplar auf Deutsch und eines in der Landessprache.

 

Ent­schei­dend: Die Schuldfrage

Wer die Schuld an einem Unfall trägt, muss für den Schaden aufkommen. Deshalb solltest du dich am Unfallort auf keinen Fall schuldig bekennen – weder mündlich noch schriftlich. Dabei geht es nicht darum, sich vor der Verantwortung zu drücken. Aber ein vorschnelles Schuldeingeständnis, womöglich noch unter Schock, kann jede Menge Ärger und Kosten nach sich ziehen – und außerdem gegen die Versicherungsbedingungen deiner Haftpflichtversicherung verstoßen.

Rechts- und Zuständigkeitsfragen bei Verkehrsunfällen sind oft kompliziert. Gut, wenn du dann Experten an deiner Seite hast. >>

Oft ist die Schuldfrage auch gar nicht so eindeutig. Bei einem Auffahrunfall ist zum Beispiel längst nicht immer derjenige Schuld, der auffährt. Der Vorausfahrende kann durchaus Unfallverursacher sein oder zumindest eine Teilschuld haben. Zwar wird bei Auffahrunfällen oft auf den sogenannten Anscheinsbeweis zurückgegriffen – man geht also davon aus, dass typischerweise der auffahrende Fahrer für den Unfall verantwortlich ist. Doch wenn sich nachweisen lässt, dass der vorausfahrende Fahrer sich regelwidrig verhalten hat – zum Beispiel, indem er ohne Grund extrem stark gebremst hat – kann der Anscheinsbeweis widerlegt werden.

Was, wenn sich die Beteiligten gegenseitig beschuldigen?

Verzwickt wird es vor allem dann, wenn es keine Zeugen gibt und die Beteiligten den Unfallhergang völlig unterschiedlich wahrgenommen haben und sich gegenseitig die Schuld geben. In einem solchen Fall solltest du einen Anwalt und einen Unfallanalytiker hinzuziehen. Solche Gutachter können Autounfälle anhand der Spuren an den Fahrzeugen und am Unfallort rekonstruieren.

Ein paar interessante Beispiele, wie Gerichte die Schuldfrage bei Verkehrsunfällen entschieden haben, findest du hier:

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Klingt kurios, ist aber so: Auch ohne eigenes Verschulden an einem Unfall kann man zur Haftung herangezogen werden.

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Scha­dens­er­satz und Schmer­zens­geld nach einem Verkehrsunfall

Wer einen Unfall verursacht, bei dem andere geschädigt werden, muss Schadensersatz gemäß § 249 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) leisten. Handelt es sich um einen Autounfall, kommt die Kfz-Haftpflichtversicherung des Schuldigen für den Schaden auf. War ein Fußgänger oder Radfahrer schuld, springt möglicherweise seine Privathaftpflicht ein.

Wenn du bei einem Verkehrsunfall erheblich verletzt wurdest oder langfristige gesundheitliche Schäden davongetragen hast, hast du nach § 253 BGB möglicherweise Anspruch auf Schmerzensgeld vom Unfallverursacher. Wie du dabei vorgehst, erfährst du im Ratgeber „Schmerzensgeld nach Autounfall einfordern in 5 Schritten“.

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Kein Führerschein, kein Ärger? Weit gefehlt! Auch minderjährige Verkehrsrowdys können zur Zahlung von Schmerzensgeld verpflichtet werden.
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Was gilt bei Unfällen mit Tieren

Im Herbst ist es für Autofahrer besonders gefährlich auf den Landstraßen. Denn mit einsetzender Dämmerung – also zur besten Berufsverkehrszeit – werden Rehe, Wildschweine und Hirsche aktiv. Wenn du mit einem Wildtier kollidierst, musst du einige Besonderheiten beachten:

  • Bei einem Wild­un­fall besteht in den meisten Bun­des­län­dern Mel­de­pflicht. Rechts­grund­la­ge ist das jeweilige Lan­des­jagd­ge­setz. Aus­ge­nom­men sind Berlin, Bremen, Hamburg, Nie­der­sach­sen und Nordrhein-Westfalen (Stand: Oktober 2019). Doch egal wo: Es empfiehlt es sich, die Polizei zu rufen. Wie du dieser Situation genau vorgehst, erfährst du in unserem Ratgeber „Wild­un­fall melden: Was Sie nach dem Unfall tun sollten“.
  • Bei einem Wild­un­fall gibt es zwar keine Fah­rer­flucht, statt­des­sen verstößt du aber mög­li­cher­wei­se gegen das Tier­schutz­ge­setz, wenn du einfach weiterfährst.
  • Es ist strafbar, das tote Tier mit­zu­neh­men. Das kann als Verstoß gegen § 292 StGB, also als Jagd­wil­de­rei, gewertet werden.

Kosten nach einem Wildunfall

Ein Wildunfall kann einiges an Kosten nach sich ziehen, unter anderem für:

  • Schäden am Unfallfahrzeug
  • Schäden an der Natur und Ver­kehrs­ein­rich­tun­gen – zum Beispiel Leit­plan­ken oder Verkehrsschilder
  • Besei­ti­gung des toten Tiers

Wer welche Kosten übernimmt und ob der Jagdpächter auch noch Schadenersatz für das tote Tier verlangen kann, erfährst du im Ratgeber  „Wildschaden nach Verkehrsunfall: Wer zahlt?“

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Der Schock sitzt tief! Was, wenn es kein wildes Tier war, das dir vors Auto gelaufen ist, sondern ein Haustier? Wir erklären dir, wie du richtig reagierst und wie sich Unfälle mit Haustieren von Unfällen mit Wildtieren unterscheiden. Mehr erfahren

 

Welche Kon­se­quen­zen drohen bei Verkehrsunfällen?

Bei kleinen Verkehrsunfällen kommst du oft mit dem Schrecken davon und die schlimmste Konsequenz ist dann eine Hochstufung in der Kfz-Versicherung. Wenn du allerdings gegen Gesetze verstoßen hast, kann das geahndet werden – mit Bußgeldern, Punkten in Flensburg, Geld- oder Freiheitsstrafen. Diese Sanktionen sieht der Bußgeldkatalog bei Verkehrsunfällen vor (Stand Oktober 2019):

 

Auto- und Motorradfahrern in der Probezeit drohen bei Unfällen eventuell noch weitere Maßnahmen, wie etwa:

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Ver­kehrs­un­fall mit dem Fir­men­wa­gen oder Carsharing-Auto

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