
22. Oktober 2018, 10:52 Uhr
So geht's richtig Nachehelicher Unterhalt: Was nach der Scheidung gilt
Nach einer Scheidung gehen die Ex-Partner auch finanziell getrennte Wege. Es sei denn, einer von beiden bekommt nachehelichen Unterhalt vom anderen. Wie hoch der Betrag ausfällt und wie lange darauf Anspruch besteht, hängt von vielen Faktoren ab.
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Nachehelicher Unterhalt: Nur bei Bedürftigkeit
Ist ein Paar rechtskräftig geschieden, bedeutet das nicht immer das sofortige und vollständige Ende der Beziehung: Zumindest in finanzieller Hinsicht kann weiterhin eine Verbindung bestehen. Nämlich, wenn einer der einstigen Eheleute einen Anspruch auf nachehelichen Unterhalt gegenüber seinem Ex-Partner erwirkt. Damit das passiert, sind allerdings einige Voraussetzungen zu erfüllen.
Zunächst muss einer der Geschiedenen bedürftig sein. Zweiter wichtiger Punkt: Der andere verfügt über die notwendigen Mittel, um die Unterstützung zu leisten. Er muss also finanziell leistungsfähig sein. Nur wenn diese Prämissen gegeben sind, ist monatlicher nachehelicher Unterhalt möglich.
Mehr über das Thema Unterhalt erfährst du hier.
Jeder soll seinen Lebensunterhalt selbst bestreiten
Die gesetzliche Basis dafür legt § 1569 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Darin heißt es: "Nach der Scheidung obliegt es jedem Ehegatten, selbst für seinen Unterhalt zu sorgen. Ist er dazu außerstande, hat er gegen den anderen Ehegatten einen Anspruch auf Unterhalt ...". Demnach gilt für die Getrennten jeweils der Grundsatz der Eigenverantwortung. Jeder von ihnen muss sich also in zumutbarem Rahmen selbst um sein Auskommen kümmern.

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Die Voraussetzungen für nachehelichen Unterhalt
Das ist allerdings nicht immer möglich. Wenig oder gar kein Einkommen allein rechtfertigt aber noch keinen Anspruch auf nachehelichen Unterhalt. Ob eine notwendige Bedürftigkeit gegeben ist, hängt vielmehr von bestimmten Unterhaltstatbeständen ab, die zum Zeitpunkt der Scheidung vorlagen:
- Krankheit: Eine angegriffene Gesundheit schränkt die Arbeitsfähigkeit des Antragstellers so stark ein, dass eine berufliche Tätigkeit nicht zumutbar ist.
- Aus-/Weiterbildung: Haben Ex-Partner einst wegen der Ehe eine Ausbildung nicht angetreten oder diese abgebrochen, dürfen sie sie zwecks eigener beruflicher Qualifizierung und Versorgung nachholen beziehungsweise fortsetzen. Sie müssen damit aber kurz nach der Scheidung beginnen. Ebenfalls entscheidend für die Bedürftigkeit ist, dass sie die Ausbildung wahrscheinlich erfolgreich sowie in der üblichen Zeit absolvieren werden.
- Kinderbetreuung: Kann ein Geschiedener nicht arbeiten, weil er sich um ein gemeinsames kleines Kind kümmern muss, so kann er Betreuungsunterhalt geltend machen. Den erhält er für wenigstens drei Jahre nach der Geburt. Ist der Nachwuchs älter, ist der betreuende Elternteil wieder zu einer Erwerbstätigkeit verpflichtet. Diese kann auch in Teilzeit erfolgen, beispielsweise wenn mehrere Kinder zu versorgen sind und/oder das örtliche Betreuungsangebot (Kita) unzureichend ist. Der Unterhaltsanspruch wird dann verringert.
- Alter: Ein Ex-Partner ist zum Zeitpunkt der Scheidung oder nach der Betreuungszeit eines Kindes so alt, dass er wahrscheinlich keine Anstellung mehr bekommt. Weil es hier keine konkrete Altersgrenze gibt, ist im Einzelfall für oder gegen den nachehelichen Unterhalt zu entscheiden.
- Erwerbslosigkeit: Ein Geschiedener kann zwar arbeiten, findet aber keinen Job. Um in diesem Fall seine Bedürftigkeit nachzuweisen, muss er zum Beispiel Bewerbungen und Absagen vorlegen.
- Aufstockungsbedarf: Jemand ist bedürftig, weil sein eigenes Einkommen nicht genügt, um den während der Ehe gewohnten Lebensstandard aufrechtzuerhalten. Das setzt voraus, dass der andere Partner mehr verdient und bereits während der Ehe wesentlich zum Unterhalt des Paares beigetragen hat. Dann beseht grundsätzlich Anspruch auf Aufstockungsunterhalt. Wegen des Grundsatzes der Eigenverantwortung wird er allerdings nicht immer gewährt. Am ehesten erhalten Ex-Partner die Unterstützung nach langjährigen Ehen. Auch ein guter Grund: Die Betreuung von Kindern hat die eigene berufliche Karriere des oder der Bedürftigen verhindert oder eingeschränkt.
- Billigkeit: Ist einem Geschiedenen aus wichtigen Gründen keine berufliche Tätigkeit zuzumuten, kann er sogenannten Unterhalt aus Billigkeitsgründen erhalten. Das ist auch möglich, wenn die Nichtgewährung von Unterhalt das allgemeine Gerechtigkeitsempfinden verletzen würde. Auch darüber ist im Einzelfall zu befinden.
Eine Bedürftigkeit kann auch bei wechselnden Tatbeständen bestehen. Vorausgesetzt, sie folgen direkt aufeinander.
Anspruch auf nachehelichen Unterhalt anmelden
Wer schon vor der Scheidung Trennungsunterhalt bezieht, bekommt dadurch nicht automatisch nachehelichen Unterhalt. Dieser muss eigens zwischen den einstigen Eheleuten für die Zeit nach der Scheidung vereinbart werden. Das passiert in der Regel bereits im Laufe des Scheidungsverfahrens. Grundlage dafür kann ein sogenannter Unterhaltstitel sein. Der entsteht durch einen richterlichen Beschluss, einen Ehevertrag oder eine Scheidungsfolgenvereinbarung.
Hält der Unterhaltspflichtige die Abmachung nicht ein, kann der Bedürftige seine Ansprüche außergerichtlich entweder selbst oder mit anwaltlicher Hilfe einfordern. Liegt dem Bedürftigen ein Unterhaltstitel vor, so ist auch ein gerichtliches Verfahren möglich.

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So funktioniert die Berechnung
Ist eine Bedürftigkeit festgestellt worden, dann geht es im nächsten Schritt um die Höhe des nachehelichen Unterhalts. Dazu werden drei Faktoren herangezogen:
- Der gesamte Lebensbedarf des Bedürftigen (§ 1578 BGB): Er umfasst beispielsweise Kosten für Nahrung, Wohnung, Kleidung, ärztliche Versorgung, Freizeitaktivitäten und kulturelle Bedürfnisse.
- Grundsätzlich muss nachehelicher Unterhalt gewährleisten, dass die berechtigte Person den in der Ehe gewohnten Lebensstandard beibehalten kann (§ 1578 BGB).
- Der rechnerisch ermittelte Unterhaltsbetrag: Kann ihn der fordernde Ex-Partner aus eigenen Einkünften erreichen, erlischt sein Anspruch auf Unterhalt (§ 1577 BGB).
Sind diese Fragen geklärt und eine Bedürftigkeit liegt vor, wird die konkrete Summe des Unterhalts ermittelt. Grundlage ist das jeweilige Bruttoeinkommen der Ex-Partner. Bei Angestellten ergibt sich das aus dem durchschnittlichen Gehalt der vergangenen zwölf Monate, bei Selbstständigen aus dem durchschnittlichen Einkommen der letzten drei Jahre (laut Einkommensteuererklärung). Die Beteiligten sind verpflichtet, einander ihre finanziellen Verhältnisse zu offenbaren.
Abzüglich von übergeordneten finanziellen Posten, die nicht direkt zu den ehelichen Lebensverhältnissen beitrugen – etwa für Versicherungen, Schuldentilgung oder Altersvorsorge – entsteht daraus das bereinigte Nettoeinkommen. Darunter fallen beispielsweise Gehalt, Mieteinnahmen, privates Vermögen und sonstige Einkünfte, nicht aber Mittel aus Erbschaften oder Schenkungen.
Die 3/7-Regelung
Anschließend wird das Verhältnis festgelegt, nach dem der Unterhaltspflichtige einen Teil seiner Einkünfte abgeben muss. In der Regel wenden die Gerichte dafür die 3/7-Regelung an. Demnach werden die bereinigten Nettoeinnahmen einander gegenübergestellt. Von der Differenz muss der Besserverdienende monatlich drei Siebtel an den Bedürftigen abführen. Zuvor kann jeder der ehemaligen Eheleute ein Siebtel von seinen Nettoeinnahmen als Erwerbstätigenbonus abziehen. Allerdings nur, wenn berufstätig ist.
Der Unterhaltspflichtige darf außerdem einen Selbstbehalt geltend machen, um die eigene Existenz ohne Rückgriff auf staatliche Sozialleistungen zu sichern. Dieser Betrag liegt derzeit bei 1.200 Euro.
Die Dauer hängt vom Einzelfall ab
Wie lange Anspruch auf nachehelichen Unterhalt besteht, hängt von den jeweiligen Umständen ab. Eine Verwirkung tritt zum Beispiel ein, wenn ein gemeinsames Kind älter als drei Jahre wird und damit der Anlass für den Betreuungsunterhalt entfällt. Auch wenn der Berechtigte wieder heiratet oder stirbt, erlischt die Unterhaltspflicht. Nicht aber beim Tod des Unterhaltspflichtigen. In dem Fall müssen dessen Erben die Zahlungen fortführen.
- Nachehelichen Unterhalt gibt es erst nach rechtskräftiger Scheidung.
- Weitere grundlegende Voraussetzungen: Ein Partner muss bedürftig sein, der andere finanziell leistungsfähig.
- Der Anspruch lässt sich unter Umständen vor Gericht erwirken.
- Wie lange der Anspruch besteht, hängt von den jeweiligen Unterhaltstatbeständen ab.
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