Urlaubsanspruch bei Renteneintritt: So ist er geregelt © Fotolia/bnenin

22. Februar 2022, 11:00 Uhr

So geht’s richtig Urlaubs­an­spruch bei Ren­ten­ein­tritt: So ist er geregelt

Der verbleibende Urlaubsanspruch scheint kurz vor dem Rentenbeginn vielleicht gar nicht mehr so wichtig zu sein – immerhin gibt es demnächst jede Menge Freizeit. Doch es lohnt sich durchaus, genau zu planen und so noch einige Vorteile zu genießen.

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Wie viel Urlaub steht mir zu, wenn ich in Rente gehe?

Bei dieser Frage ist das Datum des Rentenbeginns entscheidend, denn es bestimmt über die Anzahl der verbleibenden Urlaubstage. Wer erst in der zweiten Jahreshälfte in den Ruhestand geht, hat Anspruch auf den kompletten Jahresurlaub. Zumindest, wenn das Arbeitsverhältnis schon länger als sechs Monate besteht. In der ersten Jahreshälfte oder bei einem erst weniger als sechs Monate bestehenden Arbeitsverhältnis gibt es dagegen nur einen anteiligen Anspruch.

Urlaubs­an­spruch bei Ren­ten­be­ginn in der ersten Jahreshälfte

Ist der letzte Arbeitstag vor dem Start in die Rente am 30. Juni oder früher, besteht für jeden in dem Jahr gearbeiteten Monat ein Zwölftel des Jahresurlaubsanspruchs. Das bedeutet zum Beispiel: Hat ein Mitarbeiter grundsätzlich Anspruch auf einen Jahresurlaub von 30 Tagen, entspricht das einem monatlichen Anspruch von 2,5 Tagen. Geht er am 30.3. in den Ruhestand, erwirbt er vorher einen Urlaubsanspruch von 7,5 Tagen. In der Praxis stehen ihm aber acht Tage zu, weil gemäß § 5 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) Bruchteile von mindestens einem halben Tag zugunsten des Arbeitnehmers auf volle Tage aufgerundet werden.

Urlaubs­an­spruch bei Ren­ten­ein­tritt in der zweiten Jahreshälfte

Wer in der zweiten Hälfte des Jahres – also am 1. Juli oder später – zum Rentner wird und seit mindestens sechs Monaten im aktuellen Arbeitsverhältnis ist, erhält vor Rentenbeginn seinen vollen Urlaubsanspruch für das Jahr. Das gilt zumindest, wenn keine anderen Regelungen für diesen Fall vertraglich vereinbart sind. So kann es zum Beispiel sein, dass der Arbeitsvertrag auch in der zweiten Jahreshälfte die Stückelung des Urlaubs in Zwölftel vorsieht. Letzteres ist allerdings nur für die Urlaubstage zulässig, die über den gesetzlichen Mindesturlaub hinausgehen.

Auch Tarifverträge enthalten oft spezielle Regelungen zu Urlaub und Rente – im öffentlichen Dienst des Bundes (TVöD) und der Länder (TV-L) zum Beispiel ist eine Stückelung auch in der zweiten Jahreshälfte Standard. Wirf deshalb unbedingt einen Blick in alle wichtigen Vertragswerke, bevor du deinen (ehemaligen) Arbeitgeber mit Ansprüchen konfrontierst. Das gilt für den Urlaubsanspruch zum Renteneintritt ebenso wie für andere Streitigkeiten im Job.

Habe ich Anspruch auf Urlaubs­geld bei Renteneintritt?

Sofern der Arbeitgeber Urlaubsgeld zahlt, entsteht der Anspruch darauf analog zu den Urlaubstagen. Wer in der zweiten Jahreshälfte in Rente geht, kann sich also über das komplette Urlaubsgeld freuen.

Dagegen gibt es kein Weihnachtsgeld für Neu-Rentner, auch wenn sie in der zweiten Jahreshälfte in den Ruhestand gehen. Auch hier sind aber besondere (tarif-)vertragliche Regelungen möglich, die trotzdem zu einer Zahlung führen können. Zum Beispiel kann ein Tarifvertrag einen bestimmten Stichtag für das Weihnachtsgeld vorsehen. Liegt er vor dem Rentenbeginn, wird es gezahlt.

Urlaubs­an­spruch kann nach langer Krankheit verfallen

Auch krankgeschriebene Arbeitnehmer erlangen Urlaubsansprüche. Bei lange andauernder Krankheit ist es allerdings schwierig, diese Urlaubstage auch zu nehmen. Ein unbegrenztes Ansammeln für später ist nicht möglich: Urlaubsansprüche verfallen nach spätestens 15 Monaten – immer zum 31. März. Diese Regelung betrifft das normale Berufsleben genauso wie Fälle von vorübergehender Erwerbsminderungsrente und den altersbedingten Renteneintritt.

Was bedeutet das für den Urlaubsanspruch nach langer Krankheit bei anschließender Rente? Wenn ein Arbeitsverhältnis beendet wird – und das ist beim Renteneintritt der Fall –, hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Abgeltung des Urlaubs. Also werden die nicht genommenen Urlaubstage ausbezahlt. Diese Regelung steht in § 7 BUrlG. Achtung: Auch der Abgeltungsanspruch erlischt nach 15 Monaten! Wer länger krank ist, sollte seinen Arbeitgeber also zwischendurch um Auszahlung bitten und nicht bis zur Rente warten.

Grundlage für diese Regelung ist ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG), das sich wiederum an der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) orientiert (AZ 9 AZR 353/10).

Älteres Paar spazieren Händchen haltend am Strand.
© Fotolia/Darren Baker

Wie ist der Urlaub bei Ren­ten­ein­tritt mit 63 geregelt?

Für den Urlaubsanspruch bei einem Renteneintritt mit 63 Jahren (oder generell vor dem gesetzlichen Renteneintrittsalter) gibt es keine abweichenden Regelungen. Auch hier gilt: Wenn ein Mitarbeiter in der ersten Jahreshälfte in Rente geht, erhält er einen anteiligen Urlaubsanspruch, in der zweiten Hälfte den vollen. Für Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld oder die Abgeltung von durch Krankheit nicht nutzbaren Urlaubstagen gelten ebenfalls die beschriebenen Regelungen.

Ren­ten­ein­tritt gut planen und Urlaubs­an­spruch maximieren

Der Renteneintritt kommt selten spontan, sodass im Vorfeld meist genug Zeit bleibt, um sich Gedanken über das Ende des Arbeitslebens zu machen. Eine häufige Lösung: Die restlichen Urlaubstage werden zum Arbeitsende hin genommen, sodass der Ruhestand gefühlt ein paar Wochen früher beginnt. Bei rechtzeitiger Planung sollte das von der Arbeitgeberseite aus kein großes Problem sein. Die jährliche Urlaubsplanung ist auch ein guter Zeitpunkt, um eventuelle Missverständnisse zur Höhe des Urlaubsanspruches im Rentenjahr zu klären.

Eine weitere Überlegung: Wer im Juli noch arbeitet, hat Anspruch auf den kompletten Jahresurlaub. Liegt der reguläre Renteneintritt im Mai oder Juni, kann es sich lohnen, ihn um ein paar Wochen nach hinten zu verschieben und so von zusätzlichen freien Tagen und Urlaubsgeld zu profitieren.

Wie beende ich mein Arbeits­ver­hält­nis bei Rentenbeginn?

Viele Beschäftigte glauben, dass ihr Arbeitsverhältnis mit dem Renteneintritt automatisch endet und sie es nicht zu kündigen brauchen. Das ist in vielen Fällen aber nicht korrekt. Besonders wer vorzeitig in Rente geht, muss selbst kündigen. Doch auch wenn der Rentenbeginn erst bei Erreichen der Regelaltersgrenze erfolgt, braucht es einen genauen Blick in den Arbeits- oder Tarifvertrag. Ist dort geregelt, dass das Arbeitsverhältnis automatisch mit dem Erreichen der Regelaltersgrenze endet? Dann ist eine Kündigung nicht nötig – andernfalls aber schon.

FAZIT
  • Die Anzahl der Urlaubs­ta­ge im Ren­ten­jahr ist abhängig vom Datum des Renteneintritts.
  • Bei einem Eintritt in der zweiten Jah­res­hälf­te besteht der volle Urlaubs­an­spruch, in der ersten Hälfte wird er anteilig berechnet.
  • Rest­ur­laub aus den Vorjahren kann verfallen, wenn du vor Ren­ten­ein­tritt längere Zeit krank oder erwerbs­un­fä­hig bist.
  • Arbeits- und Tarif­ver­trä­ge können Son­der­re­ge­lun­gen enthalten.
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