Aufsichtspflicht bei Kindern: Das gibt es zu beachten © iStock.com/AaronAmat

17. Juli 2024, 15:49 Uhr

So geht’s richtig Auf­sichts­pflicht für Kinder: Was Eltern wissen müssen

Eltern haben eine Aufsichtspflicht für ihre Kinder. In der Kita oder Schule kann diese auch an Erzieher oder Lehrpersonal übertragen werden – und auch Dritte können die Aufsichtspflicht übernehmen, wie etwa Familienangehörige. Geht beim Spielen und Toben doch einmal etwas kaputt, gelten unter Umständen bestimmte gesetzliche und vertragliche Regelungen. Was passiert, wenn die Aufsichtspflicht verletzt wurde, wer im Ernstfall haftet und was du außerdem wissen musst, erfährst du hier.

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Was ist die gesetz­li­che Aufsichtspflicht?

Eltern sind für die Fürsorge ihrer Kinder verantwortlich – in diesem Rahmen haben sie eine gesetzliche Aufsichtspflicht. Diese ist gemäß §§ 1626 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) geregelt und besagt, dass die elterliche Sorge sowohl die Sorge für die Person ihres Kindes als auch für deren Vermögen beinhaltet. Sie müssen die Kinder daher pflegen, erziehen und beaufsichtigen – nicht nur in den eigenen vier Wänden, sondern auch im öffentlichen Raum wie etwa auf öffentlichen Spielplätzen.

Andererseits sollen die Kinder ebenfalls zu selbstständigem und verantwortungsbewusstem Handeln ermutigt werden. Daher ist die Aufsichtspflicht der Eltern gegenüber Minderjährigen per Gesetz nicht eindeutig definiert. Grundsätzlich ist die Aufsichtspflicht bei Kindern dazu da, Kindeswohlgefährdung zu vermeiden – sie soll also verhindern, dass Kinder

  • Schaden erleiden,
  • anderen Personen oder Lebewesen Schaden zufügen,
  • durch Dritte gefährdet werden.

Über­tra­gung der Auf­sichts­pflicht: Das gilt in Kita, Schule und Co.

Befinden sich die Kinder in der Kita, im Kindergarten, in der Schule oder in anderen öffentlichen Einrichtungen, etwa in der Musikschule oder beim Turnen im Sportverein, geht die gesetzliche Aufsichtspflicht von den Eltern an Dritte über.

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In der Regel wird die Aufsichtspflicht der Eltern durch eine vertragliche Vereinbarung an die jeweilige Einrichtung übertragen – durch einen Betreuungs- und Aufnahmevertrag gemäß § 1631 BGB, wie etwa in der Kita. Die Aufsichtspflicht wird dann in Form von Arbeitsverträgen an das Lehrpersonal, Erzieher und Betreuer oder anderweitig aufsichtspflichtige Personen weitergegeben.

Gut zu wissen: Die Aufsichtspflicht beginnt, sobald die Kinder in der Einrichtung angekommen sind und gilt dort auf dem gesamten Gelände. Sie endet, sobald sie wieder abgeholt werden – von den Eltern oder durch eine von den Eltern benannte Begleitperson. Verspätet sich die Abholung, bleibt die Aufsichtspflicht so lange in der Verantwortung der Einrichtung.

Info

Auf­sichts­pflicht ohne Vertrag: Mündliche Vereinbarung

Die Aufsichtspflicht kann nicht nur schriftlich übertragen werden, eine mündliche Vereinbarung reicht ebenfalls aus. Zum Beispiel, wenn die Großeltern auf die Kinder aufpassen sollen oder wenn ein Babysitter beauftragt wird. Egal, ob mit oder ohne Vergütung: Die aufsichtspflichtige Person ist in der Verantwortung und kann somit für durch das Kind oder beim Kind selbst entstandene Schäden möglicherweise haftbar gemacht werden – vorausgesetzt, die Aufsichtspflicht wurde verletzt.

Kind verletzt oder weg­ge­lau­fen – Auf­sichts­pflicht verletzt?

Kleine Verletzungen kommen bei Kindern nicht nur in der Kita häufig vor. Wenn das Kind beim Spielen stolpert oder sich stößt, entsteht schnell eine Schramme oder ein blauer Fleck. Nicht immer bedeutet ein solcher Vorfall, dass die Aufsichtspflicht verletzt wurde. Ob dies der Fall ist, lässt sich auch nicht pauschal beantworten. In der Rechtsprechung wird daher der jeweilige Einzelfall betrachtet.

Dies gilt ebenfalls,wenn beispielsweise Kleinkinder aus der Kita ausbüxen. Wird ein Kind vermisst, sollten in jedem Fall sofortige Maßnahmen zur Schadensbegrenzung gemäß Schadensminderungspflicht ergriffen werden. Das schließt ein, die Eltern und die Einrichtungsleitung zu informieren, in der das Kind verlorengegangen ist, und gegebenenfalls die Polizei zu benachrichtigen.

Verschiedene Faktoren sind für die Beurteilung der Sachlage maßgebend:

  • das Alter und der Ent­wick­lungs­stand des Kindes, sein Verhalten und cha­rak­ter­li­che Eigenschaften
  • in welcher Umgebung der Unfall passiert oder ein Kind ver­schwun­den ist
  • ob und wie Erzieher oder Betreuer auf Gefahren reagiert und darauf hin­ge­wie­sen haben
  • die Zumut­bar­keit für den Auf­sichts­pflich­ti­gen – so sind Eltern oder andere Auf­sichts­pflich­ti­ge nicht dazu ver­pflich­tet, die Kinder ständig im Auge zu behalten, sondern müssen statt­des­sen ein­schät­zen, in welchem Umfang die Beauf­sich­ti­gung nötig ist.

Besonders Aufsichtspflichtige in öffentlichen Einrichtungen wie der Kita oder Schule sollten daher von Kindern verursachte oder am Kind entstandene Schäden oder Verletzungen genau dokumentieren. Wurde die Aufsichtspflicht allerdings tatsächlich verletzt, kann das für die Verantwortlichen unter Umständen weitreichende rechtliche Folgen haben. Eine Rechtsschutzversicherung kann dann sinnvoll sein.

Sollte ein Kind einmal für kurze Zeit verschwunden sein oder sich verletzt haben, ist das Vertrauensverhältnis zur jeweiligen Einrichtung erst einmal getrübt. Suche in so einem Fall immer zuerst das Gespräch, etwa mit der Kita-Leitung und den Aufsichtspersonen. Statt rechtliche Schritte zu gehen, kann auch eine Mediation sinnvoll sein.

© iStock.com/Imgorthand

„Eltern haften für ihre Kinder“: Ja, aber nicht grundsätzlich

Wenn Kinder beim Spielen etwas kaputt machen, gehen Geschädigte und Eltern oft davon aus, dass die Erziehungsberechtigten grundsätzlich für den entstandenen Schaden aufkommen müssen. Das trifft allerdings nicht immer zu. Laut § 832 BGB müssen Aufsichtspflichtige nur dann Schadenersatz leisten, wenn sie ihrer Aufsichtspflicht nicht nachgekommen sind und der Schaden deshalb entstanden ist.

Das gilt zum Beispiel auch trotz Hinweisen wie „Eltern haften für ihre Kinder“, die oftmals auf Baustellen anzufinden sind. Hier sind dann nicht nur die Eltern in der Verantwortung, sondern auch die jeweiligen Betreiber. Sie müssen das Gelände ausreichend sichern und garantieren, dass insbesondere nach Betriebsschluss keine Geräte oder Maschinen offen herumstehen oder -liegen und damit für Kinder zugänglich sind.

Info

Alters­gren­zen bei der Auf­sichts­pflicht: Dann haften Kinder für sich selbst

Kinder können selbst haftbar gemacht werden, allerdings erst ab einem Alter von mindestens sieben Jahren. Dafür ist gemäß § 828 BGB ausschlaggebend, ob das Kind oder der Jugendliche über die nötige Einsicht verfügte, um den von ihm verursachten Schaden einschätzen zu können. Das gilt bis zu einem Alter von 18 Jahren, also bis zur Volljährigkeit.

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