Aufsichtspflicht der Eltern: Haftung für radfahrende Kinder? candy1812, Fotolia

9. Mai 2018, 16:08 Uhr

Haftungsfrage Auf­sichts­pflicht der Eltern: Haftung für rad­fah­ren­de Kinder?

Eltern haben im Normalfall eine Aufsichtspflicht für ihre Kinder. Wenn beim Spielen und Toben einmal etwas kaputtgeht, können die Eltern unter Umständen dafür haftbar gemacht werden. Um eine solche Frage ging es auch in einem vor dem Landgericht Koblenz verhandelten Fall.

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Eltern haften nicht für fahr­rad­fah­ren­de Kinder

Das Landgericht hat entschieden, dass Eltern nicht unbedingt haften müssen, wenn ihre Kinder beim Radfahren im Straßenverkehr parkende Autos beschädigen (AZ 13 S 2/18).

Im vorliegenden Fall wollten zwei Kinder im Alter von sechs und sieben Jahren mit ihren Fahrrädern zu einem nahe gelegenen Spielplatz fahren. Ihre Eltern hatten sie angewiesen, anstatt des Gehwegs die nur wenig befahrene Straße zu nutzen. Die Kinder veranstalteten ein Wettrennen und touchierten auf ihrem Weg mehrere parkende Autos. Weil ihre Fahrräder an den Lenkerenden keine beziehungsweise defekte Gummiüberzüge hatten, verursachten sie dabei einen Schaden in Höhe von fast 8.000 Euro.

Eltern sollen Teil der Kosten übernehmen

Glück im Unglück für die Besitzer der betroffenen Fahrzeuge: Die Versicherung kam für den Schaden auf. Da die Versicherungsgesellschaft der Meinung war, die Eltern hätten ihre Aufsichtspflicht verletzt, sollten sich diese zur Hälfte an den Kosten beteiligen. Begründet wurde diese Forderung folgendermaßen:

  • Die Auf­sichts­pflicht wurde verletzt, da die Kinder allein unterwegs waren.
  • Die Kinder hätten nach § 2 Abs. 5 Stra­ßen­ver­kehrs­ord­nung (StVO) zwingend den Gehweg nutzen müssen.
  • Die Fahrräder hätten nicht die erfor­der­li­chen Gum­mi­stop­fen gehabt.

Keine Auf­sichts­pflicht­ver­let­zung der Eltern

Rechtsschutz

Das sah das Gericht allerdings anders: Das Maß der gebotenen Aufsicht bei Kindern hänge von verschiedenen Faktoren ab. Dazu zählten etwa Alter und Charakter des Kindes, die örtlichen Gegebenheiten, das Ausmaß zu erwartender Bedrohungen und der Zumutbarkeit für den Aufsichtspflichtigen.

Das Gericht wies darauf hin, dass Kinder generell zur Missachtung von Anweisungen und Vorschriften sowie zur Unbesonnenheit tendierten. Gleichzeitig sollten sie aber zu selbstständigem Handeln erzogen werden. Vor diesem Hintergrund sei den Eltern keine Aufsichtspflichtverletzung vorzuwerfen. Die Entscheidung begründete das Gericht damit, dass

  • die Kinder eine vertraute und ver­kehrs­ar­me Straße zu dem nahe­ge­le­gen­den Spiel­platz genutzt hätten.
  • sie in Kin­der­gar­ten und Grund­schu­le über die richtige Ver­hal­tens­wei­se auf­ge­klärt worden seien.
  • die Aufsicht durch die Beklagte sicher­ge­stellt gewesen sei.
  • Gum­mi­stop­fen am Lenker nicht zur gefor­der­ten Aus­stat­tung eines Fahrrades gehörten.

§ 2 Abs. 5 StVO, der die Nutzung des Gehwegs für fahrradfahrende Kinder vorschreibt, komme in diesen Fall nicht zum Tragen.  Denn diese Regelung diene nur dem Schutz von radelnden Kindern im Straßenverkehr und nicht dem Schutz Dritter vor Schäden. Zudem wären die Schäden auch entstanden, hätten die Kinder ihr Rennen auf dem Gehweg ausgetragen.

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