Patientenverfügung, Vorsorgevollmacht und Co.: Deine Rechte © iStock.com/monkeybusinessimages

6. Juli 2022, 11:45 Uhr

So geht's richtig Pati­en­ten­ver­fü­gung, Vor­sor­ge­voll­macht und Co.: Deine Rechte

Unfälle und schwere Erkrankungen können dich oder nahe Angehörige jederzeit treffen. Wenn sich Betroffene dann nicht mehr selbst zur medizinischen Betreuung äußern können, stellt sich die Frage: Gibt es eine Patientenverfügung oder vielleicht eine Vorsorgevollmacht? Wie du diese Vorsorgedokumente und auch die Betreuungsverfügung nutzen kannst, um deine Rechte zu wahren, erfährst du hier.

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Pati­en­ten­ver­fü­gung, Vor­sor­ge­voll­macht, Betreu­ungs­ver­fü­gung: Was ist was?

Wenn jemand nicht mehr selbstständig Entscheidungen treffen, kann ihmdas Betreuungsgericht einengesetzlich bestimmten Betreuer zuweisen. Dieser entscheidet dann zum Beispiel über die medizinische Versorgung oder finanzielle Belange. Wichtig zu wissen: Die vom Gericht als Betreuer bestellte Person ist nicht automatisch ein naher Angehöriger oder Bekannter des Betreuungsbedürftigen. Solltest du selbst oder ein Familienmitglied keinen „Fremden” als gesetzlichen Vertreter haben wollen, muss eine Betreuungsverfügung oder besser noch eine Vorsorgevollmacht vorliegen.

Im Unterschied zur Vorsorgevollmacht oder Betreuungsverfügung bestimmst du in einer Patientenverfügung ganz konkret alle medizinischen Angelegenheiten im Vorfeld selbst. Gibt es eine Patientenverfügung, sind ein gegebenenfalls gerichtlich eingesetzter Betreuer oder selbst bestimmter Bevollmächtigter und behandelnde Ärzte in der Regel an die enthaltenen Bestimmungen gebunden.

  • Die Pati­en­ten­ver­fü­gung regelt also, was du in medi­zi­ni­scher Hinsicht möchtest und was nicht,
  • und die Vor­sor­ge­voll­macht bezie­hungs­wei­se Betreu­ungs­ver­fü­gung regeln, welche Person für dich Ent­schei­dun­gen treffen darf bezie­hungs­wei­se dafür sorgen muss, dass deinen Wünschen ent­spro­chen wird.
  • Mit einer Vor­sor­ge­voll­macht oder Betreu­ungs­ver­fü­gung plus Pati­en­ten­ver­fü­gung bistdu daher doppelt abgesichert.

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Darauf kommt es bei der Pati­en­ten­ver­fü­gung an

In einer Patientenverfügung kannst du im Voraus festlegen, welche Therapien und Behandlungen du im Falle einer Erkrankung wünschst oder ablehnst. Vor allem deine Einstellung zu lebensverlängernden Maßnahmen ist ein wichtiger Bestandteil der Verfügung.

  • § 1901a BGB bestimmt, dass man eine Pati­en­ten­ver­fü­gung grund­sätz­lich schrift­lich verfassen muss. Gemäß § 1901b BGB kann unter Umständen aber auch eine mündlich bekundete Pati­en­ten­ver­fü­gung rechtlich bindend sein, wenn zum Beispiel Ange­hö­ri­ge oder Vertraute den Willen des Patienten glaubhaft bezeugen können.
  • Zu dem Zeitpunkt, an dem du die Pati­en­ten­ver­fü­gung verfasst, musst du volljährig und ein­wil­li­gungs­fä­hig sein.
  • Die Pati­en­ten­ver­fü­gung muss grund­sätz­lich nicht notariell beglau­bigt werden, wichtig ist aber deine Unter­schrift darauf.
  • Eine Pati­en­ten­ver­fü­gung kann formlos wider­ru­fen werden. Hier ist keine Schrift­form vorgeschrieben.

Wie konkret muss die Pati­en­ten­ver­fü­gung for­mu­liert sein?

Damit deine Wünsche deutlich werden, darf deine Patientenverfügung nicht zu vage formuliert sein. Sie muss mögliche Erkrankungen und Behandlungen konkret benennen – sonst kann sie im Zweifel sogar unwirksam sein. Entsprechend hat 2016 der Bundesgerichtshof (BGH) geurteilt (AZ XII ZB 61/16).

Diese Punkte müssen benannt sein:

  • Medi­zi­ni­sche Maßnahmen, die du nicht wünschst: zum Beispiel künst­li­che Ernährung, künst­li­che Beatmung oder Blut­trans­fu­si­on. Nur zu schreiben „Ich wünsche keine lebens­ver­län­gern­den Maßnahmen“, reicht gemäß dem BGH-Urteil nicht aus.
  • Rege­lun­gen für konkrete Behand­lungs­si­tua­tio­nen und Krank­heits­bil­der: zum Beispiel Demenz, Unfall oder End­sta­di­um einer unheil­ba­ren Krankheit.
Patientenverfügung und Kugelschreiber
© Fotolia/Sorcerer11

Wo sollte man die Pati­en­ten­ver­fü­gung hinterlegen?

Da sich die Patientenverfügung im Ernstfall an den behandelnden Arzt und an deinen Bevollmächtigten oder Betreuer richtet, sollten diese Personen sie selbstverständlich kennen. Du solltest also offen mit deinen Angehörigen, Freunden und Ärzten über deine Wünsche sprechen und ihnen sagen, dass du eine Patientenverfügung verfasst hast.

  • Du kannst die Pati­en­ten­ver­fü­gung zu Hause auf­be­wah­ren. Dann sollte ein Ange­hö­ri­ger oder Freund wissen, wo sie zu finden ist.
  • Dein Hausarzt kann eine Kopie der Verfügung erhalten und in deinen Pati­en­ten­da­ten auch gleich deine Wünsche vermerken.
  • Außerdem ist es möglich, das Dokument gegen eine Gebühr im Vor­sor­ge­re­gis­ter der Bun­des­no­tar­kam­mer regis­trie­ren zu lassen – so ist ein Zugriff schnell möglich.

Der Unter­schied zwischen Vor­sor­ge­voll­macht und Betreuungsverfügung

In der Betreuungsverfügung und der Vorsorgevollmacht nennst du jeweils einen von dir gewünschten gesetzlichen Vertreter. Der Unterschied zwischen den beiden Schriftstücken:

  • Eine Betreu­ungs­ver­fü­gung ist eine bloße Wil­lens­äu­ße­rung – sie hält schrift­lich fest, wen du dir im Ernstfall als Betreuer wünschst, und dient dem Betreu­ungs­ge­richt gemäß § 1897 Bür­ger­li­ches Gesetz­buch (BGB) als Ent­schei­dungs­hil­fe. Gege­be­nen­falls kann das Betreu­ungs­ge­richt nach Abwägung aber auch einen anderen Betreuer einsetzen.
  • Eine Vor­sor­ge­voll­macht hingegen ist rechtlich bindend. Das heißt, dass Betreu­ungs­ge­richt darf in diesem Fall keinen anderen Betreuer bestimmen als von dir vorgegeben.

Weitere Unter­schie­de zwischen Betreu­ungs­ver­fü­gung und Vorsorgevollmacht:

  • Geschäfts­fä­hig­keit im Sinne von § 104 BGB ist Vor­aus­set­zung, um eine wirksame Vor­sor­ge­voll­macht zu erteilen. Eine Betreu­ungs­ver­fü­gung dagegen muss auch berück­sich­tigt werden, wenn sie von einem geschäfts­un­fä­hi­gen Menschen abgegeben wird.
  • Wirk­sam­keit: Die Vor­sor­ge­voll­macht wird sofort wirksam, sobald der Betrof­fe­ne hand­lungs­un­fä­hig wird. Die Betreu­ungs­ver­fü­gung hingegen muss erst von einem Gericht bestätigt werden.
  • Gericht­li­che Kontrolle der Not­wen­dig­keit: Liegt eine Betreu­ungs­ver­fü­gung vor, dann muss das Gericht zunächst ent­schei­den, ob überhaupt eine Betreuung benötigt wird. Allein die Erwähnung der vor­ge­schla­ge­nen Person berech­tigt diese noch nicht zum Handeln.
  • Gericht­li­che Kontrolle der Betreuer: Bei einer Betreu­ungs­ver­fü­gung unter­sucht das Gericht, wer als Betreuer geeignet ist und sorgt dafür, dass bestimmte Personen nicht infrage kommen, wenn dies in der Verfügung aus­drück­lich so fest­ge­hal­ten wurde. Die durch eine Vor­sor­ge­voll­macht berech­tig­ten Vertreter unter­lie­gen keiner gericht­li­chen Kontrolle.

Hier wird deutlich: Mit einer Vorsorgevollmacht gehst du auf Nummer sicher, in jedem Fall den von dir gewünschten Vertreter zu bekommen. Auch gerichtliche Befugnisse und Entscheidungen fallen weitestgehend weg.

§ 1896 Absatz 2 BGB bestimmt hierzu: Gibt es einen Bevollmächtigten, der ebenso handeln kann wie ein rechtlicher Betreuer, dann ist eine Betreuung nicht nötig. Ein Betreuungsverfahren vor Gericht entfällt in diesem Fall – und die Angehörigen sparen sich zeitraubende Anhörungen und Gutachten.

Älteres Paar liest gemeinsam Unterlagen.
© iStock.com/Inside Creative House

Vor­sor­ge­voll­macht: Befug­nis­se, Beglau­bi­gung und Kosten

Welche Entscheidungsbefugnisse der von dir eingesetzte Bevollmächtigte hat, kannst du in deiner Vorsorgevollmacht selbst festlegen. Möglich ist zum Beispiel eine Generalvollmacht für sämtliche zu regelnden Angelegenheiten oder eine Vollmacht für einzelne Bereiche, etwa:

  • Gesund­heits­sor­ge, zum Beispiel Zustim­mung zu medi­zi­ni­schen Behand­lun­gen. Idea­ler­wei­se wird die Vor­sor­ge­voll­macht in diesem Bereich durch eine Pati­en­ten­ver­fü­gung ergänzt.
  • Ver­mö­gens­sor­ge – hier am besten genau defi­nie­ren, welche Geld­ge­schäf­te der Bevoll­mäch­tig­te in deinem Namen tätigen darf.
  • Ver­tre­tung rund um Auf­ent­halts- und Wohnungsangelegenheiten.
  • Ver­tre­tung vor Gericht und gegenüber Behörden.

Wer möchte, dass die Vorsorgevollmacht über den eigenen Tod hinaus Gültigkeit hat, muss das ausdrücklich so festlegen. Sinnvoll kann das zum Beispiel im Hinblick auf Erbangelegenheiten sein.

Niemand ist verpflichtet, gegen seinen Willen eine Vorsorgevollmacht zu übernehmen, wenn er sich die Verantwortung zum Beispiel nicht zutraut oder meint, dass ihm dadurch Nachteile entstehen. Der gewünschte Vertreter sollte daher zumindest Bescheid wissen – und sicherheitshalber die Vorsorgevollmacht mit dir gemeinsam unterschreiben.

Eine Vorsorgevollmacht ist in der Regel auch ohne Notar gültig. In bestimmten Fällen, zum Beispiel bei Grundstücks- und Immobiliengeschäften, kann die Beurkundung aber erforderlich sein. Es ist außerdem sinnvoll, die Vollmacht gebührenpflichtig im Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer registrieren zu lassen. Denn: Im Ernstfall fragt das Betreuungsgericht zunächst dort nach, ob es eine Vorsorgevollmacht gibt.

INFO

Kann ich in der Vor­sor­ge­voll­macht mehrere Personen benennen?

Ja, das ist erlaubt. Oft wird eine Vorsorgevollmacht zum Beispiel dem eigenen Ehepartner und den Kindern erteilt. Es sollte allerdings ausdrücklich festgelegt sein, in welchen Punkten jeder Vertreter auch allein handeln und entscheiden darf, und in welchen sich alle einig werden und gemeinsam handeln müssen (Gesamtvertretung). In entscheidenden Punkten, wie zum Beispiel der Unterbringung in einem Pflegeheim oder lebensnotwendigen Operationen, ist Letzteres zu empfehlen.

Tipp: Wenn du sogenannte Untervollmachten in deiner Vorsorgevollmacht ausschließt, kann dein Vertreter nicht auf eigene Faust weitere Personen bevollmächtigen, die dann in deinem Namen handeln. Ein Fachanwalt kann dich dazu beraten.

So setzt du eine Betreu­ungs­ver­fü­gung auf

Eine Betreuungsverfügung unterliegt als reine Willensbekundung keinen gesetzlichen Formvorschriften. In jedem Fall solltest du die Verfügung aber schriftlich und außerdem möglichst detailliert und unmissverständlich formulieren. Die Betreuungsverfügung ist generell kostenlos muss nicht von einem Notar beglaubigt werden, um Gültigkeit zu erlangen.

Die Betreuungsverfügung kann zu Hause aufbewahrt werden. In diesem Fall sollte jedoch eine Vertrauensperson Bescheid wissen – denn das Gericht kann die Verfügung nur berücksichtigen, wenn jemand weiß, dass es sie gibt. Auf Nummer sicher gehst du auch hier, wenn du sie im zentralen Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer registrieren lässt.

Was tun bei Streit zwischen Bevoll­mäch­tig­ten und Angehörigen?

Bei Streit zwischen Bevollmächtigten und Angehörigen geht es oft darum, dass nicht-bevollmächtigte Angehörige anderer Auffassung sind als der Bevollmächtigte, etwa bei der Wahl eines Pflegeheims oder bei Erbangelegenheiten. Fakt ist: Nur der Bevollmächtigte darf entscheiden.

  • Wenn andere Ange­hö­ri­ge ernst­haf­te Bedenken zu seinen Ent­schei­dun­gen haben, sollten sie sich zunächst an den Bevoll­mäch­tig­ten wenden und die Situation besprechen.
  • Kann der Konflikt nicht beigelegt werden, besteht die Mög­lich­keit, beim Amts­ge­richt Antrag auf Kon­troll­be­treu­ung zu stellen.
  • In Folge des Antrags wird ein Ver­fah­rens­pfle­ger ein­ge­setzt, welcher als neutrale Person die Betreuung überprüft.
  • Sollte dieser den Verdacht auf schlechte Betreu­ungs­maß­nah­men bestä­ti­gen, kann es zu einer Wider­ru­fung der Vor­sor­ge­voll­macht kommen.

Ein solches Verfahren sollte jedoch stets die letzte Option sein. Eine außergerichtliche Einigung zwischen Angehörigen und Bevollmächtigten ist immer die bessere Wahl – vor allem in ohnehin schon schwierigen Zeiten wie zum Beispiel der Erkrankung eines geliebten Menschen.

FAZIT
  • Eine Pati­en­ten­ver­fü­gung regelt, welche medi­zi­ni­schen Behand­lun­gen du wünschst oder aus­schließt, falls du dich nicht mehr selbst dazu äußern kannst.
  • Eine Vor­sor­ge­voll­macht regelt, welche Person für dich im Ernstfall Ent­schei­dun­gen treffen darf und dich in recht­li­chen Belangen vertritt. Gibt es keine Vor­sor­ge­voll­macht, bestellt das Betreu­ungs­ge­richt einen Betreuer.
  • Eine Betreu­ungs­ver­fü­gung sorgt dafür, dass das Gericht deine Wünsche kennt, wenn für dich ein recht­li­cher Betreuer ein­ge­setzt werden muss. Dies ist aber rechtlich nicht bindend.
  • Verwandte oder Vertraute sowie der Hausarzt sollten darüber infor­miert sein, wenn du dich für eine Pati­en­ten­ver­fü­gung, Vor­sor­ge­voll­macht und/oder Betreu­ungs­ver­fü­gung ent­schie­den hast.
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