Erbvertrag oder Testament: Sichere Nachlassplanung © iStock.com/MStudioImages

2. Juni 2023, 9:30 Uhr

So geht’s richtig Erb­ver­trag: Das solltest du zum Nach­lass­do­ku­ment wissen

Es gibt mehrere Möglichkeiten, den eigenen Nachlass zu regeln. Eine davon ist der Erbvertrag. In diesem legen zwei oder mehrere Personen vertraglich fest, dass die eine nach dem Tod der anderen deren Vermögen erbt. Lies hier, was es mit dem Erbvertrag genau auf sich hat und worin der Unterschied zum Testament liegt.

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Was ist ein Erbvertrag?

Ein Erbvertrag ist eine vertragliche Vereinbarung zwischen zwei oder mehreren Personen, um eine letztwillige Verfügung des Todes wegen zu treffen. Ob nur eine der beteiligten Personen über ihren Nachlass verfügt oder mehrere sich gegenseitig bedenken, ist dabei unerheblich.

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Ein Erbvertrag wird zwar zwischen zwei oder mehreren Parteien geschlossen, ist aber sowohl ein- als auch mehrseitig gestaltbar. Trifft nur ein Vertragsteil als Erblasser Verfügungen, handelt es sich um einen einseitigen Erbvertrag. Wenn mehrere Vertragspartner Verfügungen treffen, ist der Erbvertrag mehrseitig beziehungsweise gegenseitig – wenn sich beispielsweise Ehepartner gegenseitig als Erben einsetzen. Als Alternative zum Erbvertrag kann für Eheleute allerdings auch ein gemeinschaftliches Testament sinnvoll sein.

Nach § 2276 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ist ein Erbvertrag ohne Notar nicht gültig. Damit er wirksam ist, muss er beim Notar vorgelesen und genehmigt werden. Dabei müssen alle beteiligten Parteien anwesend sein und den Vertrag eigenhändig unterschreiben – der Erblasser muss zudem uneingeschränkt geschäfts- und testierfähig sein.

Erb­ver­trag oder Testament: Der Unterschied

Im Gegensatz zum Erbvertrag muss ein Testament nicht notariell beurkundet werden. Auch kann es jederzeit widerrufen werden, was bei einem Erbvertrag so nicht möglich ist. Allerdings ändert auch ein Erbvertrag nichts am Recht auf den Pflichtteil der gesetzlichen Erben. Durch einen wirksamen Erbvertrag werden vorher verfasste und auch künftige Testamente unwirksam.

Beispiel: Ein Vater hat zwei Töchter im Alter von 20 und 28 Jahren und möchte der älteren Tochter sein Haus vererben. Deshalb schließt er als Erblasser einen Erbvertrag mit seiner älteren Tochter ab, in dem sie als Alleinerbin festgelegt wird.

Einige Jahre zuvor hat der Vater allerdings ein Testament verfasst, nach welchem ursprünglich beide Töchter das Haus zu gleichen Teilen erben sollten. Mit Beurkundung des Erbvertrags hat dieses frühere Testament keine Gültigkeit mehr.

Die Bin­dungs­wir­kung des Erbvertrags

Die Bindungswirkung eines Erbvertrags dient dazu, Rechtssicherheit und Verlässlichkeit in der Nachlassplanung zu gewährleisten. Sie soll verhindern, dass die Parteien einseitig von den getroffenen Vereinbarungen abweichen und mögliche Streitigkeiten oder Unsicherheiten über die Nachlassregelung entstehen.

Die erbrechtlichen Verfügungen, die im Erbvertrag getroffen wurden, sind also rechtlich für alle Beteiligten bindend und nicht widerrufbar. Diese Verfügungen sind nach § 2278 Abs. 2 BGB:

  • Erb­ein­set­zun­gen
  • Ver­mächt­nis­se
  • Auflagen
  • die Wahl des anzu­wen­den­den Erbrechts

Das bedeutet, dass die Vertragsparteien die Verfügungen des Erbvertrags nicht einseitig ändern oder widerrufen können, es sei denn, es wurde im Vertrag selbst eine entsprechende Änderungsmöglichkeit vorgesehen, beispielsweise ein Rücktrittsrecht nach § 2296 BGB.

Beispiel: Einige Zeit nach Abschluss des Erbvertrags kommt es zu einem Streit zwischen dem im obigen Beispiel genannten Vater und seiner älteren Tochter. Er möchte deshalb gern seine jüngere Tochter als Erbin für das Haus einsetzen. Da er im Erbvertrag jedoch keine entsprechende Klausel vereinbart hat, kann er von diesem nur zurücktreten, wenn die ältere Tochter dem zustimmt.

Älteres Paar füllt gemeinsam Dokumente aus
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Erb­ver­trag und Tod

Stirbt der begünstigte Vertragspartner bei einem einseitigen Erbvertrag, kann der Erblasser nach § 2297 durch ein entsprechendes Testament sein Rücktrittsrecht ausüben. Stirbt der Erblasser jedoch ebenfalls, ist ein Rücktritt ausgeschlossen. Bei einem mehrseitigen Erbvertrag erlischt jedoch das Rücktrittsrecht nach dem Tod eines der Vertragspartner gemäß § 2298 Abs. 2 Satz 2 BGB, sofern zwischen den Vertragsparteien nichts anderes vereinbart wurde.

Rücktritt vom Erb­ver­trag ohne Klausel: Ist das möglich?

Möchte ein Vertragspartner etwas gegen den Willen des anderen ändern oder vom Vertrag zurücktreten, ist dies äußerst schwer durchzusetzen. Zwar kann der Erbvertrag vom Erblasser notariell angefochten werden, doch sieht das Gesetz einen Rücktritt nur bei schweren Verfehlungen des Bedachten vor.

Solche schweren Verfehlungen sind:

  • Todes­dro­hun­gen gegen den Erblasser, dessen Ehe­part­ner, einen Abkömm­ling oder eine ähnlich nahe­ste­hen­de Person 
  • Ver­bre­chen gegen den Erblasser oder ihm nahe­ste­hen­de Personen
  • Unter­las­sung ver­pflich­ten­der Unter­halts­zah­lun­gen an den Erblasser
  • Rechts­kräf­ti­ge Ver­ur­tei­lung zu einer Frei­heits­stra­fe von min­des­tens einem Jahr ohne Bewährung oder Unter­brin­gung in einem psych­ia­tri­schen Kran­ken­haus oder in einer Ent­zie­hungs­an­stalt aufgrund vor­sätz­li­cher Straftaten

Der letzte Ausweg: Anfech­tung des Erbvertrags

Ein Erbvertrag kann auch durch eine Anfechtung aufgelöst werden, sofern nicht im Erbvertrag ein Anfechtungsverzicht vereinbart wurde. Dazu muss allerdings einer der folgenden Anfechtungsgründe vorliegen:

  • Irrtum: Der Erblasser hat sich über bestimmte Tatsachen oder in Hinblick auf seine Wil­lens­er­klä­rung geirrt. Dazu gehören bei­spiels­wei­se Zah­len­dre­her oder Kom­ma­feh­ler bei einer even­tu­el­len Ver­mö­gens­sum­me, aber auch zum Zeitpunkt des Ver­trags­ab­schlus­ses unvor­her­seh­ba­re Ände­run­gen der Lebens­um­stän­de, bei­spiels­wei­se eine Scheidung.
  • Bedrohung: Der Erblasser wurde zum Beispiel dazu genötigt, eine bestimmte Person als Erben einzusetzen.
  • Über­ge­hung von Pflicht­teils­be­rech­tig­ten: Der Erblasser wird bei­spiels­wei­se mehrere Jahre nach Abschluss des Erb­ver­trags Vater oder Mutter. Das somit pflicht­teils­be­rech­tig­te Kind ist im Erb­ver­trag durch Nicht-Erwähnung auto­ma­tisch über­gan­gen worden.

Schon bei der Erstellung eines Erbvertrags ist es empfehlenswert, professionelle Unterstützung durch einen Notar oder Rechtsanwalt in Anspruch zu nehmen. Auf diese Weise gehen die Parteien sicher, dass alle rechtlichen Aspekte berücksichtigt werden und der Erbvertrag den individuellen Bedürfnissen und Wünschen entspricht. Durch einen gut ausgearbeiteten Erbvertrag können potenzielle Streitigkeiten und Unsicherheiten vermieden werden, was zu einem reibungslosen Nachlassübergang führt.

Tipp: Du bist Teil einer Erbengemeinschaft und es gibt Konflikte? Unsere Mediatoren helfen dir dabei, eine Lösung zu finden.

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