
11. Juni 2025, 11:56 Uhr
So geht’s richtig Pflegekind aufnehmen: Wichtiges zu Geld, Altersgrenzen und Voraussetzungen
Du möchtest ein Pflegekind aufnehmen und vielleicht sogar die Vormundschaft übernehmen? Dann solltest du diese Entscheidung nicht nur gut abwägen, sondern auch wichtige Punkte beachten. Hier erfährst du, welche Voraussetzungen du erfüllen musst, mit welcher finanziellen Unterstützung du rechnen kannst, und welche rechtlichen Regelungen gelten.
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Gesetzliche Definition: Was ist ein Pflegekind?
Ein Pflegekind lebt vorübergehend oder dauerhaft bei einer anderen Person oder Familie, statt bei seinen leiblichen Eltern. Oft geschieht das, weil das Jugendamt eine Kindeswohlgefährdung vermutet oder die leiblichen Eltern körperlich oder seelisch nicht in der Lage sind, ausreichend für das Kind zu sorgen.
Der Unterschied zwischen einem Pflegekind und einem Adoptivkind liegt darin, dass Adoptiveltern mit der Adoption auch die rechtliche Elternschaft für ein Kind erlangen. Pflegeeltern haben meist nur begrenzte Entscheidungsbefugnisse, während das offizielle Sorgerecht beim Jugendamt oder einem Vormund verbleibt.
Pflegeeltern übernehmen die sogenannte Alltagssorge – also Entscheidungen zur Wahl der Kleidung, der Teilnahme an Klassenfahrten, Besuchen bei Freunden und zu weiteren alltäglichen Dingen. Über wichtige Angelegenheiten wie Impfungen, medizinische Eingriffe oder die Schulwahl entscheiden weiterhin die Sorgerechtsinhaber.
Rechte und Pflichten: Zusammenarbeit mit dem Jugendamt
Wenn du ein Pflegekind aufnimmst, schließt du einen Vertrag mit dem Jugendamt. Du bist verpflichtet, das Jugendamt über wichtige Ereignisse im Leben deines Pflegekindes zu informieren, etwa bei einem Unfall oder bei einem geplanten Umzug. Im Gegenzug steht dir das Jugendamt mit Rat und Tat zur Seite.
Das Jugendamt hat übrigens die Pflicht und das Recht, während des Pflegeverhältnisses zu überprüfen, ob das Wohl deines Pflegekindes gewährleistet ist. Bei Zweifeln kann das Jugendamt den Pflegevertrag kündigen und das Pflegekind aus der Pflegefamilie herausnehmen.
Eine Rückführung des Pflegekindes in seine leibliche Familie ist übrigens eher unwahrscheinlich, wenn es in Vollzeitpflege lebt und sich dort gut entwickelt.
Pflegekind aufnehmen: Was sind die Voraussetzungen?
Du willst ein Pflegekind bei dir aufnehmen, vielleicht auch zusammen mit deinem Partner oder deiner Partnerin? Dafür müsst ihr bestimmte Voraussetzungen erfüllen – schließlich ist es eine große Verantwortung, ein fremdes Kind rund um die Uhr zu betreuen.
Damit ihr als Pflegeeltern in Betracht kommt, müsst ihr nachweisen, dass ihr dazu geeignet seid. Unter anderem müsst ihr:
- mindestens 25 Jahre alt sein
- über ein sicheres, angemessenes Einkommen verfügen
- gesund und vor allem drogenfrei sein
- ausreichend Zeit und Platz zur Verfügung haben, um für das Kind zu sorgen
- bereit sein, euch mit dem Jugendamt und den leiblichen Eltern abzustimmen sowie mit weiteren Institutionen (z. B. therapeutischen Einrichtungen) zusammenzuarbeiten
Wichtig: Um die Vollzeitpflege für ein Kind zu übernehmen, braucht ihr eine Pflegeerlaubnis vom Jugendamt. Dafür muss geprüft werden, dass ihr die Voraussetzungen erfüllt und geeignet seid, euch um ein Pflegekind zu kümmern.
Gut zu wissen: Ob alleinstehend, liiert oder verheiratet – der Familienstand spielt für eine Pflegeerlaubnis keine Rolle.

Pflegegeld und Kindergeld: Diese Unterstützung steht dir zu
Wenn du ein Pflegekind aufnimmst, erhältst du monatlichen Unterhalt in Form von Pflegegeld – nicht zu verwechseln mit Elterngeld, das nur für leibliche Kinder gezahlt wird. Das Jugendamt überweist das Pflegegeld, dessen Höhe vom individuellen Unterhaltsbedarf der Pflegefamilie, den Regelungen des Bundeslands bzw. der Kommune und vom Alter deines Pflegekindes abhängt.
Pflegegeld gibt es in der Regel für Pflegekinder, die nicht älter als 18 Jahre alt sind. Unter Umständen erhältst du finanzielle Hilfe für ein Pflegekind auch bis zu dessen 21., in sehr seltenen Fällen bis zum 27. Geburtstag. Es dient als Ausgleich für den Erziehungsaufwand und soll daneben Kosten für Verpflegung, Unterkunft, Bekleidung und weitere nötige Dinge decken. Zudem ist das Pflegegeld steuerfrei und muss nicht in der Steuererklärung angegeben werden.
Für besondere Anlässe kannst du mit einem weiteren finanziellen Zuschuss und Beihilfe rechnen:
- Vor dem Einzug des Pflegekindes: Für Erstausstattung wie Kleidung und zusätzliche Einrichtungsgegenstände
- Bei Einschulung, Klassenfahrten oder für Nachhilfeunterricht
- Bei persönlichen wichtigen Anlässen wie Konfirmation oder Kommunion
- Für Weihnachten
- Für Urlaubsreisen
Gut zu wissen: Neben dem Pflegegeld kannst du unter Umständen auch Kindergeld für dein Pflegekind erhalten. Hierfür müssen allerdings folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
- Du und das Pflegekind müsst in einem familienähnlichen, auf Dauer angelegten Verband leben.
- Das Pflegekind gehört fest zu deiner bzw. eurer Familie.
- Es darf kein Obhuts- oder Betreuungsverhältnis mehr zu den leiblichen Eltern bestehen.
Bei Aufnahme von Pflegekind Elternzeit beantragen?
Auch Pflegeeltern haben Anspruch auf Elternzeit. Dieser Anspruch endet allerdings, wenn das Pflegekind seinen achten Geburtstag gefeiert hat. Pro Pflegekind kann sich die Elternzeit auf bis zu drei Jahre erstrecken.
Vormundschaft für ein Pflegekind übernehmen
Pflegeeltern haben nur eingeschränkte Entscheidungsbefugnis, solange das Sorgerecht – also die Vormundschaft – beim Jugendamt oder den leiblichen Eltern liegt. Deshalb bemühen sich viele Pflegeeltern, selbst die Vormundschaft für ihr Pflegekind zu übernehmen. Du möchtest das auch?
Liegt die Vormundschaft für dein Pflegekind bereits beim Jugendamt, hast du nach § 1791 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) gute Chancen. Demnach haben bei der Vormundschaft geeignete Einzelpersonen Vorrang gegenüber Institutionen (Amtsvormundschaft).
Aber auch, wenn das Sorgerecht noch bei den leiblichen Eltern liegt, kann es dir übertragen werden: etwa durch eine freiwillige Sorgerechtsübertragung gemäß § 1630 BGB oder durch gerichtlichen Entzug bei Kindeswohlgefährdung nach § 1666 BGB.
Über das Sorgerecht entscheidet letztlich das Familiengericht. Hast du vor, die Vormundschaft für dein Pflegekind zu beantragen, solltest du dich rechtlich beraten lassen.

Altersgrenzen bei Pflegekindern und Pflegeeltern
Bist du über 25 Jahre alt, gibt es keine gesetzliche Altersgrenze, bis zu der du Pflegekinder aufnehmen darfst. Allerdings sollte der Altersabstand zwischen Pflegekind und Pflegeeltern familienentsprechend sein: Idealerweise bist du nicht älter als 63, wenn dein Pflegekind 18 Jahre alt wird. Du kannst also auch mit 45 Jahren noch Säuglinge oder Kleinkinder als Pflegekinder bei dir aufnehmen.
Pflegekinder sind meist zwischen null bis 14 Jahre alt. In Einzelfällen ist auch die Aufnahme älterer Kinder möglich. Mit Erreichen der Volljährigkeit gelten sie rechtlich allerdings nicht mehr als Pflegekinder. Das Pflegeverhältnis kann jedoch weiterhin fortbestehen – etwa bei Behinderung oder besonderem Betreuungsbedarf des Pflegekindes.
Behindertes oder chronisch krankes Pflegekind aufnehmen
Entscheidet ihr euch, ein Kind mit Behinderung oder chronischer Krankheit in Pflege zu nehmen, könnt ihr die sogenannte Eingliederungshilfe beanspruchen. Sie soll eine drohende Behinderung verhüten oder eine bestehende Behinderung mildern. Ihr erhaltet zum Beispiel Beratung durch einen professionellen Fachdienst und weitere Leistungen.
Weitere Informationen hierzu findet ihr beim Bundesverband behinderter Pflegekinder.
Pflegekind oder Adoption? Entscheidung sollte sorgfältig abgewogen werden
Ihr wollt ein Kind bei euch aufnehmen und fragt euch, ob für euch eher ein Pflegekind oder eine Adoption in Betracht kommt? Dann solltet ihr sorgfältig abwägen: Pflegekinder kommen in der Regel aus schwierigen Familienverhältnissen und benötigen besonders viel Zuwendung, Verständnis und Aufmerksamkeit.
Außerdem solltet ihr bei der Aufnahme eines Pflegekindes bereit sein, regelmäßig mit dem Jugendamt und auch mit den leiblichen Eltern eures Pflegekindes zu kommunizieren. Denn die leiblichen Eltern eines Pflegekindes haben ein Recht auf Umgang mit ihrem Kind.
Ein Jugendamtsmitarbeiter besucht euch in der Regel monatlich, um sich ein Bild von der Unversehrtheit, dem körperlichen sowie seelischen Zustand eures Pflegekindes und seinen Lebensumständen zu machen. Mindestens einmal jährlich treffen sich Pflegeeltern, Jugendamt und leibliche Eltern, um gemeinsam
- notwendige Pflegeleistungen zu klären und
- die Besuchskontakte festzulegen.
Grundlage hierfür ist der sogenannte Hilfeplan gemäß § 36 Achtes Sozialgesetzbuch (SGB VIII). Solltest du diese Verpflichtungen übernehmen und einem Kind ein liebevolles Zuhause bieten wollen, nimmst du am besten Kontakt mit dem Jugendamt auf.
FAQ
- Was ist ein Pflegekind?
Ein Pflegekind ist ein Kind, welches vorübergehend oder dauerhaft statt bei seinen leiblichen Eltern bei einer Pflegefamilie lebt. Anders als bei einem Adoptivkind, haben Pflegeeltern keine rechtliche Entscheidungsbefugnis für das Kind, sondern dürfen lediglich alltägliche Entscheidungen treffen.
- Ab wann darf ein Pflegekind entscheiden?
Hat ein Pflegekind ein bestimmtes Alter erreicht, kann es selbst über Alltägliches, wie etwa die Kleiderwahl entscheiden. Bis es 18 Jahre alt und somit volljährig ist, treffen jedoch die Sorgeberechtigten alle wichtigen Entscheidungen, z. B. zu welcher Schule das Kind geht.
- Was bekommt man für ein Pflegekind?
Für ein Pflegekind erhältst du staatliche Unterstützung in Form von Pflegegeld, das vom Jugendamt ausgezahlt wird, sowie Zuschüsse bei besonderen Anlässen wie etwa Einschulung, Weihnachten oder Urlaubsreisen. Sind die Voraussetzungen hierfür erfüllt, kannst du ebenfalls Kindergeld für dein Pflegekind erhalten.
Bitte lesen Sie zu dem Inhalt auch unsere Rechtshinweise.