Wenn der Patient Mitschuld trägt, entfällt die Beweislastumkehr stokkete, Fotolia

4. Mai 2018, 13:38 Uhr

Gerichtsurteil Mitschuld des Patienten: Beweis­last­um­kehr entfällt

Bei einem groben Behandlungsfehler kommt im Normalfall die sogenannte Beweislastumkehr zum Tragen: Der Arzt muss beweisen, dass sein Fehler nicht die Ursache für den entstandenen Schaden ist. Ein Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm zeigt nun allerdings: Wenn ein Patient ärztliche Anordnungen missachtet, kann die Beweislastumkehr entfallen (AZ 26 U 72/17).

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Ehefrau verlangt Schmer­zens­geld und Unterhalt

Im verhandelten Fall forderte die Witwe eines im Alter von 45 Jahre verstorbenen Patienten Schadenersatz von einem Krankenhausträger. Sie verlangte 2.000 Euro Schmerzensgeld, rund 4.550 Euro Beerdigungskosten und Unterhalt für sich und die beiden Kinder der Eheleute in Höhe von mindestens 5.000 Euro monatlich – mit der Begründung, das Krankenhaus habe ihren Mann falsch behandelt. Das OLG Hamm lehnte die Klage ab und entschied damit anders als das Landgericht Arnsberg, die Vorinstanz.

Ärztliche Anwei­sun­gen missachtet

Der Patient war von seinem Hausarzt mit dem Verdacht auf instabile Angina pectoris ins Krankenhaus eingewiesen worden. Erste Untersuchungen ergaben zudem einen Verdacht auf eine Erkrankung der Herzkranzgefäße. Trotzdem verließ der Mann nach wenigen Tagen gegen ärztlichen Rat das Krankenhaus; offenbar war er unzufrieden, dass am Wochenende keine weiteren Untersuchungen stattfanden.

Wenige Tage später riet ihm sein Hausarzt wiederum dringend zu einer Krankenhausbehandlung und wies ihn mit der Diagnose Angina pectoris in ein anderes Krankenhaus ein. Dort stellte sich der Patient vor und vereinbarte einen Termin für eine kardiologische Abklärung, lehnte eine stationäre Aufnahme aber ab. Vor dem vereinbarten Termin verstarb der Mann – der Notarzt gab als Todesursache "Herzversagen" an. Eine Obduktion fand nicht statt.

Gericht sieht Mitschuld des Patienten

Das OLG Hamm sah in der Missachtung der Anordnungen des Arztes eine mögliche Mitschuld des Patienten; zudem habe sein Verhalten dazu beigetragen, dass der Verlauf der Behandlung nicht nachvollzogen werden könne. Zwar erkannte das Gericht durchaus grobe Behandlungsfehler des Krankenhauses bei der Aufnahme und der weiteren Behandlung des Verstorbenen. Allerdings habe nicht festgestellt werden können, ob der Patient überhaupt an einem Herzinfarkt gestorben sei und ob die ermittelten Behandlungsfehler dafür mitursächlich gewesen seien.

Beweis­last­um­kehr entfällt

Rechtsschutz

Die sogenannte Beweislastumkehr erleichtert es einem Patienten, Ärzte auf Behandlungsfehler zu verklagen: Kann er dem behandelndem Arzt  einen schweren Behandlungsfehler nachweisen, hat er seine Beweispflicht erfüllt. Der Arzt muss nun seinerseits beweisen, dass ein entstandener Schaden nicht auf diesen Fehler zurückzuführen ist. In diesem Fall entschied das Gericht aber, dass die Klägerin trotz der groben Behandlungsfehler keine Beweislastumkehr geltend machen könne.

Das OLG berief sich in seinem Urteil auch auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) (AZ VI ZR 328/03). Demnach scheidet eine Beweislastumkehr aus, wenn ein Patient durch die Missachtung ärztlicher Anordnungen selbst für eine mögliche Mitursache des Schadens sorgt und dadurch auch die Aufklärung erschwert wird.

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