Hinterbliebenenrente: Anspruch, Höhe und Voraussetzungen © iStock.com/Chris Ryan

13. Januar 2023, 10:15 Uhr

So geht’s richtig Hin­ter­blie­be­nen­ren­te: Anspruch, Höhe und Voraussetzungen

Stirbt ein Familienmitglied, kommen zur Trauer oft Zukunftssorgen hinzu. Über die Hinterbliebenenrente der gesetzlichen Rentenversicherung sind Angehörige bei einem Todesfall finanziell abgesichert. Wer Anspruch auf Hinterbliebenenrente in welcher Höhe hat und wie manche Gerichte bei Streitigkeiten um die Witwenrente entschieden haben, liest du hier.

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Wit­wen­ren­te – die bekann­tes­te Form der Hinterbliebenenrente

Die Hinterbliebenenrente können Angehörige nach dem Tod des Ehe- oder eingetragenen Lebenspartners beziehungsweise eines Elternteils erhalten. Dazu muss bei der Deutschen Rentenversicherung ein Antrag auf Hinterbliebenenrente gestellt werden.

Bestimmte Voraussetzungen sind dabei zu erfüllen:

  • Paare müssen min­des­tens ein Jahr als Lebens­part­ner ein­ge­tra­gen oder ver­hei­ra­tet gewesen sein, erst dann greift für die Witwe oder den Witwer der Hin­ter­blie­be­nen­schutz der gesetz­li­chen Ren­ten­ver­si­che­rung. Grund ist, dass eine soge­nann­te Ver­sor­gungs­ehe aus­ge­schlos­sen sein soll, die nur geschlos­sen wird, um einen der Partner finan­zi­ell abzu­si­chern. Nur beim unvor­her­ge­se­he­nen Tod – etwa durch einen Unfall – kann bereits nach kürzerer Zeit ein Ren­ten­an­spruch bestehen.
  • Außerdem muss der oder die Ver­stor­be­ne die Min­dest­ver­si­che­rungs­zeit von fünf Jahren erfüllt haben, indem bei­spiels­wei­se Ren­ten­ver­si­che­rungs­bei­trä­ge aus einer Beschäf­ti­gung ein­ge­zahlt wurden.

Während des sogenannten Sterbevierteljahrs, den ersten drei Monaten nach dem Tod des Partners, erhält die Witwe oder der Witwer die volle Rente des verstorbenen Partners.Danach kommt entweder die kleine oder die große Witwenrente zur Anwendung.

Die kleine Witwenrente beträgt 25 Prozent der Rente, die dem verstorbenen Partner zum Todeszeitpunkt zugestanden hätte. Sie wird für die Dauer von höchstens zwei Jahren an hinterbliebene Ehe- oder Lebenspartner ausbezahlt, die jünger als 47 Jahre, kinderlos und voll erwerbsfähig sind.

Die große Witwenrente hingegen erhalten hinterbliebene Partner, die mindestens 47 Jahre alt sind, ein minderjähriges und/oder behindertes Kind versorgen oder nicht voll erwerbsfähig sind. Sie beträgt 55 Prozent der dem Verstorbenen zum Todeszeitpunkt zustehenden Renteund wird zeitlich unbegrenzt ausbezahlt.

Gut zu wissen: Bei einer betrieblichen Hinterbliebenenversorgung kann auch der Altersunterschied zwischen den Eheleuten eine Rolle in Bezug auf die Höhe der Witwenrente spielen. Dazu entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG) 2018.

INFO

Was gilt nach „altem Recht“ für die Witwenrente?

Für vor 2002 geschlossene Ehen, aber auch, wenn einer der Partner vor dem 2. Januar 1962 geboren ist, gilt das „alte Recht“. Entsprechend wird die kleine Witwenrente unbegrenzt statt für die Dauer von zwei Jahren ausbezahlt. Bei der großen Witwenrente werden 60 statt 55 Prozent der Rente bezahlt, die dem Partner zum Zeitpunkt des Todes zustanden.

Wit­wen­ren­te: Min­de­ste­he­dau­er als Auslöser für Rechtsstreitigkeiten

Ob Ehe oder eingetragene Partnerschaft: Ohne entsprechende Beurkundung besteht für hinterbliebene Partner kein Anspruch auf Witwenrente. Gleiches gilt, wenn die Ehe oder Partnerschaft für weniger als ein Jahr bestanden hat – unabhängig davon, wie lange ein Paar zuvor schon zusammengelebt hat. Dies entschied das Landessozialgericht Baden-Württemberg im Sommer 2014 (AZ L13 R 3256/13).

In dem strittigen Fall klagte eine Frau, die bereits seit 2001 mit ihrem Lebensgefährten zusammen war. Im Jahr 2011 stellten Ärzte bei ihrem Partner Krebs fest, woraufhin sich das Paar entschloss, zu heiraten – eine Entscheidung, welche die Klägerin auch deshalb getroffen hatte, um bei der medizinischen Behandlung der Krebserkrankung ihres Mannes ein größeres Mitsprache- und Informationsrecht zu erhalten.

Einige Monate nach der Hochzeit verstarb der Mann und seine Frau beantragte Witwenrente. Die Rentenkasse lehnte den Antrag jedoch ab. Die Begründung: Das Paar sei zum Zeitpunkt des Todesfalls noch kein Jahr verheiratet gewesen. Die Kasse vermutete eine Versorgungsehe, mit dem Bestreben, kurzfristig Ansprüche auf Hinterbliebenenrente zu sichern. Das Landessozialgericht entschied den Streitfall zugunsten der Rentenkasse.

In einem anderen, ganz ähnlich gearteten Fall gab das Landessozialgericht Baden-Württemberg im Herbst 2019 einer Klägerin im Berufungsverfahren jedoch Recht (AZ L 2 R 3931/18): Auch hier lebten die Eheleute seit 2001 zusammen, heirateten jedoch erst im April 2015. Nachdem zuvor beim Ehemann eine Krebserkrankung erfolgreich behandelt worden war, verstarb er im Januar 2016 unter anderem an Herzinsuffizienz und einem Prostatakarzinom.

Die Rentenkasse lehnte den Antrag der Frau auf Witwenrente ab, da aufgrund der Ehedauer von unter einem Jahr eine Versorgungsehe vermutet wurde. Sie argumentierte, die Eheschließung sei schon früher beabsichtigt gewesen, aus privaten Gründen jedoch verschoben worden. Im Berufungsverfahren gab das Landessozialgericht der Frau Recht, da den Arztberichten nicht entnommen werden konnte, dass der Mann zum Zeitpunkt der Heirat lebensbedrohlich erkrankt war.

Die feste Heiratsabsicht war auch für das Sozialgericht Osnabrück entscheidend, das im Februar 2019 einer Witwe Anspruch auf Witwenrente nach nur viermonatiger Ehedauer zusprach (S 8 U 90/16). Die Eheleute hatten im Mai 2015 geheiratet, zuvor aber bereits fünf Jahre gemeinsam gewohnt. Zum Zeitpunkt der Ehe war beim Mann bereits Lungenkrebs mit Asbestose diagnostiziert worden. Auch hier ging das Gericht nicht von einer Versorgungsehe aus, da die Witwe eine Heiratsabsicht, die bereits Jahre vor der Eheschließung bestand, nachweisen konnte.

Mehrere Generationen einer Familie sitzen im Garten auf einer Mauer.
© iStock.com/Morsa Images

Wai­sen­ren­te: Die Hin­ter­blie­be­nen­ren­te für Kinder

Bleiben nach dem Tod einer Person Kinder elternlos oder mit nur einem Elternteil zurück, greift auch hier die Rentenversicherung unterstützend ein. Dabei ist es unerheblich, ob die Kinder leiblich, adoptiert, Stief- oder Pflegekinder beziehungsweise Enkel oder Geschwister der verstorbenen Person sind, solange diese überwiegend für deren Unterhalt zuständig war.

Gezahlt wird die Waisenrente üblicherweise bis zur Volljährigkeit des Kindes. Eine Verlängerung bis zum 27. Lebensjahr ist allerdings möglich, wenn das Kind in Schul- oder Berufsausbildung ist, Freiwilligendienst leistet oder eine Behinderung besteht. Die Höhe der Hinterbliebenenrente beträgt für Halbwaisen 10 Prozent des Rentenanspruchs des Verstorbenen, für Vollwaisen 20 Prozent.

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Weitere Formen der Hinterbliebenenrente

Unter bestimmten Umständen können geschiedene Ehepartner ebenfalls Anspruch auf Hinterbliebenenrente haben:

  • Scheidung der Ehe vor dem 1. Juli 1977
  • Keine erneute Heirat durch den hin­ter­blie­be­nen Partner
  • Bestehen­de oder geltend gemachte Unter­halts­an­sprü­che gegen den ver­stor­be­nen Partner während seines letzten Lebensjahrs
  • Erfüllung der Min­dest­ver­si­che­rungs­zeit, Tod durch Unfall oder bestehen­der Rentenbezug

Ähnliche Bedingungen gelten für die Erziehungsrente. Sie kann beantragt werden, wenn für minderjährige eigene Kinder oder Kinder des geschiedenen Partners, für Stief- und Pflegekinder oder für Enkel oder Geschwister gesorgt werden muss:

  • Scheidung der Ehe vor dem 1. Juli 1977
  • Tod des geschie­de­nen Ehepartners
  • Keine erneute Heirat oder Ein­tra­gung einer Lebens­part­ner­schaft durch den hin­ter­blie­be­nen Partner

Hin­ter­blie­be­nen­ren­te und Hinzuverdienst

Im Rahmen der Hinterbliebenenrente spielt die Einkommensabrechnung oft eine große Rolle. Bis zu einem Nettofreibetrag von 950,93 Euro in den neuen, 937,73 Euro in den alten Bundesländern (Stand: Januar 2023) sind Einkünfte abzugsfrei möglich. Darüber hinausgehende Nettoeinkünfte aus folgenden Einkommensarten werden zu 40 Prozent angerechnet:

  • Erwerbs­ein­kom­men aus ange­stell­ter oder selb­stän­di­ger Tätigkeit
  • Erwerbs­er­satz­ein­kom­men wie Arbeits­lo­sen- oder Krankengeld

Findet das neue Recht Anwendung, werden außerdem Einkünfte aus eigenem Vermögen, Elterngeld sowie Betriebs- und private Renten angerechnet.

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