Pflichtteil für Geschwister: Wann Bruder und Schwester erben © iStock.com/Antonio Guillem

3. März 2022, 10:00 Uhr

So geht’s richtig Pflicht­teil für Geschwis­ter: Wann Bruder und Schwester erben

Stirbt ein Angehöriger, ist trotz großer Trauer meist einiges zu klären. Besonders konfliktträchtig kann dabei die Verteilung des Erbes sein. Während Eltern und Kinder von Verstorbenen Anspruch auf einen Pflichtteil besitzen, können Geschwister das Nachsehen haben. Warum dies so ist und wann Bruder und Schwester überhaupt erbberechtigt sind, erfährst du hier.

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Erbteil und Pflicht­teil: Wann kommt was zum Tragen?

Wenn Verstorbene ein Testament oder einen Erbvertrag hinterlassen haben, wird über dieses Dokument geregelt, wer etwas von ihnen erbt. Wurden hierbei Verwandte oder nahe Angehörige übergangen, können diese nach § 2303 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) Anspruch auf einen sogenannten gesetzlichen Pflichtteil erheben.

Gibt es aber keinen niedergeschriebenen letzten Willen, kommt es bei der Frage, wer erbt, auf die gesetzliche Erbfolge an (§ 1924 ff. BGB). Bei dieser „Rangfolge” sind Erbberechtigte in drei Ordnungen eingeteilt.

Gibt es beim Erben einen Pflicht­teil für Geschwister?

Grundsätzlich haben Geschwister des Erblassers keinen Anspruch auf einen Pflichtteil (§ 2303 BGB). Sollte der Verstorbene also in einem Testament verfügt haben, dass seine Geschwister nichts erben sollen, so müssen diese das hinnehmen. Denn Anspruch auf einen Pflichtteil haben nur Personen, die mit dem Erblasser in direkter Linie verwandt sind, also in der Regel seine Eltern und seine Nachkommen.

Ehepartner gelten bei der Erbfolge ebenfalls als Erbberechtigte direkter Linie, obwohl keine Verwandtschaft vorliegt (§ 2302 Abs. 2 BGB). Sollten also Eltern, Ehepartner oder Kinder eines Erblassers in dessen Testament übergangen worden sein, können sie einen Pflichtteil des Erbes verlangen – Geschwister jedoch nicht.

Wann sind Geschwis­ter erbberechtigt?

Wenn ein Geschwisterteil von dir stirbt, ohne ein Testament hinterlassen zu haben, greift also die gesetzliche Erbfolge. Direkte Nachkommen wie Kinder oder Enkel eines Erblassers gehören zur sogenannten ersten Ordnung der Erbfolge, Eltern und Geschwister zur zweiten Ordnung. Da es innerhalb dieser Ordnungen eine Rangfolge gibt, hätten deine Eltern noch vor dir das Anrecht auf das Erbe, weil sie in direkter Linie mit deinem Bruder oder deiner Schwester verwandt sind (§ 1925 Abs. 2 BGB).

Geschwister sind also grundsätzlich in nur zwei Fällen erbberechtigt:

  • Wenn ein Testament besteht und sie dort explizit als Erben ein­ge­setzt sind.
  • Wenn kein Testament besteht und keine gesetz­li­chen Erben der ersten Ordnung exis­tie­ren sowie andere Erb­be­rech­tig­te der zweiten Ordnung (Eltern) bereits ver­stor­ben sind.

Du erbst also nur etwas, wenn dein Bruder oder deine Schwester keine Kinder oder Enkel hinterlässt und eure Eltern bereits verstorben sind. Großeltern gehören beispielsweise zur dritten Ordnung der Erbfolge und hätten theoretisch erst nach dir Anspruch auf das Erbe.

Mann trennt mit den Händen zwei Stapel Klötze.
© iStock.com/Galeanu Mihai

Erben Geschwis­ter, wenn nur noch ein Eltern­teil lebt?

Wenn ein Geschwisterteil von dir stirbt und zum Beispiel euer Vater noch lebt, eure Mutter aber nicht mehr, rückst du in der Erbfolge anteilig auf und hast somit Anrecht auf den Erbteil, der deiner Mutter zugestanden hätte. In diesem Falle würde euer noch lebender Vater 50 Prozent des Erbes erhalten und du die anderen 50 Prozent.

Hast du noch weitere Geschwister, verkleinert sich dein Anteil prozentual. Wenn also zwei Geschwister an die Stelle eines bereits verstorbenen Elternteils treten, erhalten beide je ein Viertel des Erbteils, während dem noch lebenden Elternteil weiterhin die Hälfte zusteht. Bei mehr Brüdern oder Schwestern verkleinert sich dein Anteil dementsprechend.

Haben Halb­ge­schwis­ter einen Anspruch auf das Erbe?

Halbgeschwister haben ebenso wie Vollgeschwister prinzipiell kein Anrecht auf einen Pflichtteil vom Erbe ihrer Geschwister. Es gibt allerdings eine Ausnahme im Rahmen der gesetzlichen Erbfolge: Nämlich dann, wenn der Elternteil, von dem der Verstorbene und das Geschwisterkind abstammen, bereits verstorben und aus der Erbfolge ausgeschieden ist. Hier gilt also dasselbe Prinzip des „Nachrückens” wie beim Erbteil für Vollgeschwister eines Verstorbenen.

Stirbt also beispielsweise deine Halbschwester und euer gemeinsamer Vater ist ebenfalls nicht mehr am Leben, hast du automatisch Anspruch auf dessen Erbteil. Denn über euren gemeinsamen Vater wird die Verwandtschaft zwischen dir und deiner Halbschwester und dementsprechend auch dein Erbanspruch hergestellt.

Geschwis­ter als Allein­er­ben ein­ge­setzt: Anspruch auf einen Pflichtteil?

Prinzipiell haben Geschwister eines Verstorbenen keinen Anspruch auf einen Pflichtteil, wenn der Erblasser sie im Testament übergeht. Doch wie sieht es beim Erbe der Eltern aus? Sterben deine Eltern, bist du als direkter Abkömmling grundlegend Erbe ersten Ordnung. Doch was tun, wenn deine Eltern deinen Bruder oder deine Schwester als Alleinerben eingesetzt oder dich enterbt haben? In diesem Fall hast du Anspruch auf einen Pflichtteil, der in der Regel die Hälfte deines eigentlichen Erbteils beträgt.

Bevor Erbstreitigkeiten zum Bruch mit der Familie führen, kann vielleicht eine Mediation helfen, die Fronten aufzulösen.

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