
20. Februar 2019, 13:46 Uhr
Mehr Rechte für Arbeitnehmer Resturlaub verfällt nicht automatisch: Erinnerung nötig
Resturlaub verfällt nicht automatisch, nur weil er noch nicht beantragt wurde. Das entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt (AZ 9 AZR 541/1) und orientierte sich dabei an richtungsweisenden Einschätzungen des Europäischen Gerichtshofs (EuGH). Das Urteil stärkt die Arbeitnehmerrechte und bringt europäisches Recht in bundesdeutsches Recht ein.
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Resturlaub verfällt nur nach Erinnerung durch Arbeitgeber
Der Anspruch auf den restlichen bezahlten Jahresurlaub verfällt nicht einfach mit Ablauf des Kalenderjahres. Stattdessen ist der Arbeitgeber verpflichtet:
seine Mitarbeiter darüber zu informieren, dass noch Urlaubstage offen sind
den Mitarbeitern die Möglichkeit einzuräumen, den Urlaub tatsächlich zu nehmen
die Mitarbeiter umfänglich darüber aufzuklären, wann und unter welchen Bedingungen der Resturlaub sonst verfällt
In der Praxis bedeutet das, dass Unternehmen ihre Angestellten klar und rechtzeitig auf noch offene Urlaubstage und deren Verfallsdatum hinweisen müssen. Was genau als "klar" und "rechtzeitig" gilt, hat das BAG allerdings nicht definiert. Es ist anzunehmen, dass dazu weitere Fälle folgen werden.
Für Arbeitnehmer bedeutet das Urteil: Es kann sich durchaus lohnen, verfallen geglaubten Resturlaub noch einzufordern.
Kein Zwangsurlaub bei Resturlaub
Nach der Auslegung des BAG von § 7 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) darf vom Arbeitgeber erwartet werden, die Initiative zu ergreifen und dem Mitarbeiter selbst Urlaubsvorschläge zu unterbreiten, wenn dieser von sich aus keinen Antrag stellt. Das bedeutet allerdings nicht, dass der Arbeitgeber seine Angestellten in den Zwangsurlaub schicken kann.
Diese Verantwortungsverschiebung auf die Arbeitgeberseite ist neu. Bisher war allein der Arbeitnehmer dafür zuständig, dass er ausreichend Urlaub nimmt und Resturlaub konnte auch dann verfallen, wenn zwar ein Urlaubsantrag gestellt, aber nicht bewilligt wurde. In diesen Fällen bestand allerdings auch früher schon ein möglicher Anspruch auf Schadenersatz.
Arbeitnehmer möchte sich ungenutzten Resturlaub ausbezahlen lassen
Im konkreten Fall ging es um 51 ungenutzte Urlaubstage, die der Kläger in den letzten beiden Jahren seiner Tätigkeit angesammelt hatte. Er hatte keinen Urlaubsantrag gestellt und den Resturlaub so auch nicht mehr vor dem Ende des Beschäftigungsverhältnisses verbraucht. Er forderte nun eine finanzielle Urlaubsabgeltung von seinem Arbeitgeber – ohne Erfolg.
Das Landesarbeitsgericht (LAarbG) München sieht den Anspruch als durchaus gerechtfertigt an. Der Resturlaub sei zwar verfallen, aber es sei durchaus ein Ersatzurlaubsanspruch entstanden, weil der Arbeitgeber nicht dafür gesorgt hatte, dass der Kläger seine Urlaubstage rechtzeitig nimmt. Da das Arbeitsverhältnis bereits beendet ist, kommt nur eine Ausbezahlung infrage.
Der Fall war vom LArbG ans BAG verwiesen worden und geht nun nach einer Revision des beklagten Arbeitgebers zurück ans LArbG, um zu klären, ob der Arbeitgeber seinen Aufgaben in adäquatem Maße nachgekommen war.
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