30. August 2019, 8:40 Uhr

Mobbing am Arbeitsplatz

Mobbing am Arbeitsplatz macht den Job für Betroffene zur Hölle – und es macht häufig auch krank. Wer von Kollegen sabotiert oder vom Chef schikaniert wird, kann sich jedoch auf seine Rechte berufen. Wo Mobbing beginnt, wie die Rechtslage ist und welche Möglichkeiten Betroffene haben, um sich zu wehren, liest du auf dieser Themenseite.

Inhalt

>> Mobbing am Arbeitsplatz: Die Rechtslage in Deutschland

>> Fiese Kollegen: Wo beginnt Mobbing am Arbeitsplatz?

>> Was, wenn das Mobbing vom Chef ausgeht?

>> Wie kann ich mich gegen Mobbing am Arbeitsplatz wehren?

>> Schmerzensgeld und Schadenersatz wegen Mobbings: Was ist möglich?

>> Die neuesten Artikel zum Thema Mobbing

 

Mobbing am Arbeits­platz: Die Rechts­la­ge in Deutschland

Was ist Mobbing?

Im Allgemeinen spricht man von Mobbing, wenn innerhalb einer Gruppe eine einzelne Person absichtlich und dauerhaft schikaniert, gedemütigt oder auch ausgegrenzt wird.

Das Wort „Mobbing“ geht auf das englische Verb „to mob“ (dt.: angreifen, bedrängen, umringen) zurück, aus dem die deutsche Bezeichnung „Mob“ für eine aufgebrachte Menschenmenge entstanden ist.

 

Was ist Mobbing am Arbeitsplatz?

Mobbing am Arbeitsplatz kann viele unterschiedliche Formen annehmen: Kollegen lästern oder streuen böswillig Gerüchte, Informationen werden vorenthalten oder der Chef kritisiert systematisch ausschließlich die Arbeit eines bestimmten Mitarbeiters.

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Thüringen hat 2001 erstmals in Deutschland den Begriff Mobbing im arbeitsrechtlichen Sinne definiert (AZ 5 Sa 403 00). Demzufolge handelt es sich bei Mobbing am Arbeitsplatz um “fortgesetzte, aufeinander aufbauende oder ineinander übergreifende, der Anfeindung, Schikane oder Diskriminierung dienende Verhaltensweisen, die nach Art und Ablauf im Regelfall einer übergeordneten, von der Rechtsordnung nicht gedeckten Zielsetzung förderlich sind und jedenfalls in ihrer Gesamtheit das allgemeine Persönlichkeitsrecht oder andere ebenso geschützte Rechte wie die Ehre oder die Gesundheit des Betroffenen verletzen.”

Daraus folgt: Damit gemeine Attacken seitens Kollegen oder Vorgesetzten als Mobbing gelten können, müssen sie wiederholt erfolgen und miteinander in Verbindung stehen. Inwiefern die Rechte des Opfers durch Mobbing verletzt sein können, erfährst du weiter unten.

 

Mehr Beispiele für Mobbing am Arbeitsplatz – und Ratschläge, wie du am besten damit umgehst – findest du ebenfalls weiter unten im Text.

 

Mobbing bei der Arbeit ist für Betroffene besonders bitter – denn dieser Situation kann man kaum ausweichen. Oft ist es mit schwerwiegenden Folgen verbunden. Viele Mobbing-Opfer werden krank oder sehen sich gezwungen, den Arbeitsplatz zu wechseln, wenn ihnen die Situation aussichtslos erscheint. Bevor es soweit kommt, gibt es aber einiges, das man tun kann.

Bei Konflikten am Arbeitsplatz bist du mit uns immer auf der sicheren Seite. >>

Gibt es ein Gesetz gegen Mobbing?

In einigen europäischen Ländern gibt es eigene Anti-Mobbing-Gesetze, in Deutschland bislang allerdings noch nicht (Stand: August 2019). Trotzdem haben Betroffene Rechte und müssen das Mobbing durch Kollegen oder Vorgesetzte nicht hilf- und wehrlos hinnehmen.

Dabei ist vor allem der Arbeitgeber gefordert, denn er hat laut Bürgerlichem Gesetzbuch (BGB) eine Fürsorgepflicht gegenüber seinen Angestellten. Ein Unternehmen muss gegen Mobbing vorgehen, sobald es davon weiß.

Mögliche rechtliche Grundlagen:

  • Das Arbeits­recht greift bei Mobbing: Wer am Arbeits­platz schi­ka­niert wird, kann diverse recht­li­che Schutz­an­sprü­che aus dem Arbeits­schutz­ge­setz (ArbSchG) ableiten.
  • Gemäß dem All­ge­mei­nen Gleich­be­hand­lungs­ge­setz (AGG) darf niemand zum Beispiel aufgrund seines Alters, seines Geschlechts oder seiner eth­ni­schen Herkunft benach­tei­ligt oder dis­kri­mi­niert werden. § 12 AGG ver­pflich­tet den Arbeit­ge­ber, dafür zu sorgen, dass das auch innerhalb seiner Beleg­schaft nicht geschieht.
  • Auch das all­ge­mei­ne Per­sön­lich­keits­recht Betrof­fe­ner gemäß Artikel 1 und 1 Grund­ge­setz (GG) muss gewahrt werden.

Ist Mobbing am Arbeitsplatz strafbar?

„Mobbing am Arbeitsplatz“ als solches ist in Deutschland kein strafbares Delikt. Anders sieht es aus, wenn dadurch gleichzeitig Straftatbestände wie Beleidigung oder Körperverletzung erfüllt sind.

 

Beleidigung durch Kollegen oder durch den Chef: Ist das Mobbing?

Beleidigungen am Arbeitsplatz können das Betriebsklima erheblich stören. In manchen Unternehmen herrscht ein rauer Umgangston – aber wo liegt die Grenze und was brauchst du dir nicht bieten zu lassen? Das erfährst du in unserem Ratgeber.

Fiese Kollegen: Wo beginnt Mobbing am Arbeitsplatz?

Streit oder schwelende Konflikte unter Arbeitskollegen gibt es in fast jedem Unternehmen von Zeit zu Zeit. Schwierig ist es oft, zu definieren, wann die Grenze zum Mobbing überschritten ist. Denn mobbende Kollegen gehen selten offen aggressiv vor. Das kann zwar auch vorkommen („Bullying“), ist aber eher die Ausnahme. Wer andere mobbt, dem ist üblicherweise daran gelegen, dass man ihm seine kleinen oder auch größeren Gemeinheiten möglichst nicht nachweisen kann.

Ein wichtiges Kriterium für Mobbing am Arbeitsplatz ist, dass es wiederholt und systematisch geschieht. Wenn der Chef morgens einmal nicht grüßt, wäre es überzogen, gleich von Mobbing zu sprechen. Nicht aber, wenn sich bestimmte Aktionen, die dich angreifen oder durch die du dich herabgesetzt fühlst, ständig wiederholen und aufeinander aufbauen.

Frühe Anzeichen für Mobbing durch Kollegen sind zum Beispiel:

  • Wie­der­hol­te Kritik an der Arbeit einer einzelnen Person,
  • Aus­gren­zung bestimm­ter Kollegen, wenn es um die gemein­sa­me Mit­tags­pau­se oder andere Unter­neh­mun­gen geht,
  • oder, dass Kollegen wie­der­holt „vergessen“, Nach­rich­ten wei­ter­zu­lei­ten oder darüber zu infor­mie­ren, dass sich ein Termin ver­scho­ben hat.

Der Verdacht auf Mobbing konkretisiert sich häufig,

  • Wenn Kritik, Wit­ze­lei­en oder Schmä­hun­gen per­sön­lich werden und sich immer wieder auch auf das Äußere oder bestimmte per­sön­li­che Eigen­schaf­ten eines Mit­ar­bei­ters beziehen,
  • oder wenn gezielte Ver­leum­dung oder Sabotage dazu­kom­men, sodass das Mobbing-Opfer Fehler macht und als inkom­pe­tent dasteht.

In extremen Fällen kann Mobbing auch eine sogenannte Druckkündigung nach sich ziehen: Der Arbeitgeber sieht sich gezwungen, einen Mitarbeiter zu entlassen, weil die Belegschaft es vehement fordert.

 

Verleumdung und üble Nachrede unter Kollegen: Was kann man dagegen tun?

Deine Kollegen lästern ständig hinter deinem Rücken oder streuen böse Gerüchte? In unserem Ratgeber liest du, wann das strafbar ist und wie du dich gegen üble Nachrede und Verleumdung wehren kannst.

Was, wenn das Mobbing vom Chef ausgeht?

Wenn Kollegen mobben, ist der Chef ein wichtiger Ansprechpartner. Und häufig ist er ein wichtiger Vermittler zwischen den Mobbern und ihrem Opfer. Aber was, wenn der Vorgesetzte selbst derjenige ist, von dem die Mobbing-Attacken ausgehen? Das wird auch als Bossing bezeichnet – zusammengesetzt aus „Boss“ und „Mobbing“.

Beispiele für Mobbing durch Vorgesetzte:

  • Über­mä­ßi­ge Kritik: Der Chef ignoriert gute Leis­tun­gen und pickt sich dafür die Fehler umso hart­nä­cki­ger heraus.
  • Feind­se­li­ges Verhalten: Der Chef verhält sich ein­schüch­ternd, schreit Mit­ar­bei­ter an oder gibt sich kalt und ignoriert sie.
  • Sys­te­ma­ti­sche Demo­ra­li­sie­rung: Der Chef überhäuft einen Mit­ar­bei­ter mit Aufgaben, sodass er sein Pensum nicht schafft. Oder er entzieht ihm Kom­pe­ten­zen, sodass er sich dauerhaft unter­for­dert fühlt (“Straining”).

Wie du dich als Bossing-Opfer verhalten kannst, liest du in unserem Ratgeber “Bossing: Was tun bei Mobbing durch Vorgesetzte?

Auch der umgekehrte Fall kommt vor: Der Vorgesetzte ist unbeliebt und wird selbst Opfer von Mobbing-Attacken seiner Mitarbeiter. Dieses Mobbing “von unten nach oben” nennt man auch Staffing (von englisch “staff”, also “Personal”). Mehr dazu liest du in diesem Ratgeber.

 

Wie kann ich mich gegen Mobbing am Arbeits­platz wehren?

Möglichkeit 1: Vermittler suchen

Arbeitnehmer, die sich vom Chef oder den Kollegen unfair behandelt fühlen, sollten zunächst das Gespräch mit einem neutralen Dritten suchen – mit dem Ziel, eine Lösung zu finden.

Auch der Betriebsrat kann möglicherweise vermittelnd eingreifen. Gemäß § 85 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) muss er Beschwerden von Arbeitnehmern entgegen nehmen und beim Arbeitgeber auf Abhilfe drängen, wenn er sie als berechtigt erachtet.

Möglichkeit 2: Ansprüche beim Arbeitgeber geltend machen

Wichtig: Um Rechtsansprüche wegen Mobbings geltend machen zu können, muss der Arbeitgeber möglichst frühzeitig informiert werden. Denn nur dann kann er seiner Fürsorgepflicht nachkommen.

Raus aus der Opferrolle

Welche Möglichkeiten haben Betroffene am Arbeitsplatz? Mehr erfahren.

Das Recht zur Beschwerde ist in § 84 Absatz 1 Satz 1 BetrVG verankert.

Dort heißt es: „Jeder Arbeitnehmer hat das Recht, sich bei den zuständigen Stellen des Betriebs zu beschweren, wenn er sich vom Arbeitgeber oder von Arbeitnehmern des Betriebs benachteiligt oder ungerecht behandelt oder in sonstiger Weise beeinträchtigt fühlt.“

Betroffene können dann je nach Fall zum Beispiel vom Arbeitgeber verlangen,

  • dass er die mobbenden Kollegen – oder auch den Vor­ge­setz­ten – dazu auf­for­dert, das Mobbing einzustellen,
  • oder in anderer geeig­ne­ter Weise auf die Mobber ein­ge­wirkt wird. Ob der Arbeit­ge­ber Ermah­nun­gen oder Abmah­nun­gen aus­spricht, Kollegen an andere Ein­satz­or­te versetzt oder ihnen sogar kündigt, bleibt dabei ihm über­las­sen – sofern das Ergebnis ist, dass sich die Situation für den gemobbten Arbeit­neh­mer bessert.

Unternimmt der Arbeitgeber nichts gegen das Mobbing, haben Betroffene grundsätzlich das Recht, von ihrem Zurückbehaltungsrecht gemäß § 273 BGB Gebrauch zu machen und so lange die Arbeit zu verweigern, bis effektive Maßnahmen gegen das Mobbing ergriffen worden sind. Um auf der sicheren Seite zu sein, solltest du diesen Schritt jedoch dem Arbeitgeber vorher ankündigen und ihm eine letzte Frist zum Handeln setzen.

Als letzter Ausweg ist auch eine fristlose Kündigung aus wichtigem Grund gemäß § 626 BGB möglich.

Möglichkeit 3: Strafanzeige gegen Mobber stellen

Mobbing ist selbst kein Straftatbestand – Beleidigung, üble Nachrede, Körperverletzung oder sexuelle Nötigung sind hingegen Straftaten. In solchen Fällen kannst du die Strafanzeige gegen die Verantwortlichen erstatten und sie auf Unterlassung in Anspruch nehmen. Dabei solltest du dich von einem Anwalt beraten und unterstützen lassen.

 

Schmer­zens­geld und Scha­den­er­satz wegen Mobbings: Was ist möglich?

Grundsätzlich können Betroffene gegen den Arbeitgeber Schadenersatzansprüche wegen Mobbings am Arbeitsplatz anmelden – wenn der Arbeitgeber zum Beispiel nicht genug dagegen getan hat. Und wenn sie belegen können, dass ihnen ein materieller Schaden durch das Mobbing entstanden ist, zum Beispiel:

  • Behand­lungs­kos­ten, die von der Kran­ken­kas­se nicht über­nom­men werden,
  • oder finan­zi­el­le Nachteile, etwa durch ent­gan­ge­nes Gehalt nach einer Kündigung oder durch Frühverrentung.

Zudem ist es je nach Fall auch möglich  Schmerzensgeld als Ausgleich für immaterielle Schäden zu erhalten – zum Beispiel für seelisches Leid.

Die Beweisführung ist dabei allerdings oft schwierig. Betroffene müssen darlegen können, dass die erlittenen Nachteile eine direkte Folge des Mobbings sind und dass der Arbeitgeber trotz Kenntnis der Vorfälle nichts dagegen unternommen hat.

Daher kann es zum Beispiel sinnvoll sein, ein Mobbing-Tagebuch zu führen. Darin wird jede Attacke mit Datum und Uhrzeit festgehalten.

Wichtig: Die handelnden Personen und auch das Verhalten des Arbeitgebers müssen darin konkret benannt werden, sodass Rückschlüsse auf arbeitsrechtliche oder sonstige Versäumnisse und daraus folgende Rechtsansprüche möglich sind. Nur dann kann das Mobbing-Tagebuch auch vor Gericht als Grundlage zum Beispiel für Schadenersatzforderungen dienen. Entsprechend hat das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz geurteilt (9 Sa 199/09).

Ansprüche wegen Mobbings können grundsätzlich verjähren oder verwirken. Zwar hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) 2014 geurteilt: Mobbing-Opfer müssen nicht sofort vor Gericht ziehen, sondern können gegebenenfalls auch noch fast drei Jahre später Ansprüche geltend machen (AZ 8 AZR 838/13). Wie die Situation sich in deinem konkreten Fall darstellt, solltest du allerdings gemeinsam mit einem Anwalt erörtern.

 

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