Man kann ein Erbe anfechten Antonioguillem, Fotolia

6. September 2017, 14:38 Uhr

Falsche Erwartungen Erbe anfechten: Keine Schulden erben aus Unkenntnis

Sie können ein Erbe anfechten, wenn Sie es ursprünglich gar nicht annehmen wollten, Ihr Verhalten aber als Annahme gedeutet wurde. Eine Anfechtung ist auch möglich, wenn Sie das Erbe aus freien Stücken angenommen haben, aber keine volle Kenntnis über seine Eigenschaften hatten.

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Warum sollte man ein Erbe anfechten?

Meist ist ein überschuldeter Nachlass der Grund, ein Erbe anfechten zu wollen. Ist bereits vorher klar, dass Sie Schulden erben würden, können Sie das Erbe ausschlagen. In der Praxis ist das aber nicht immer ersichtlich, so wie im aktuellen Fall: Eine Kölnerin verstarb und hinterließ Mann, Bruder und Schwester als gesetzliche Erben. Die Schwester schlug das Erbe aus, der Bruder ließ die Frist zur Ausschlagung verstreichen. Immerhin wusste er, dass die Erblasserin eine Abfindung von 100.000 Euro erhalten hatte, und hatte einige Monate zuvor noch einen Kontoauszug mit einem Guthaben von rund 60.000 Euro gesehen. Die Abfindungssumme war nun allerdings nicht mehr aufzufinden – auch der Ehemann äußerte sich dazu nicht. Stattdessen sollte der Bruder nun eine Krankenhausrechnung der verstorbenen Schwester begleichen. Statt Schulden zu erben, wollte er daher das Erbe anfechten.

Wann kann man ein Erbe anfechten?

Da der Mann berechtigterweise von einem werthaltigen Nachlass ausgegangen war, in Wahrheit aber Schulden erben würde, liegt nach § 119 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ein Irrtum über die verkehrswesentlichen Eigenschaften des Nachlasses vor. Ein solcher Irrtum berechtigt dazu, das Erbe anzufechten. Das bestätigte im aktuellen Fall auch der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln (AZ Wx 109/17). Nicht nur wenn Sie Schulden erben würden, können Sie das Erbe anfechten, sondern auch, wenn Sie unter Drohung gezwungen wurden, das Erbe anzunehmen (§ 123 BGB) oder wenn man Ihr Verhalten irrtümlich als Annahme gedeutet hat.

Fristen und Formalia

Rechtsschutz

Die Fristen, um ein angenommenes Erbe anfechten zu können, sind dieselben wie zur Annahme beziehungsweise Ausschlagung des Erbes: sechs Wochen beziehungsweise sechs Monate, falls sich der Erbe oder der Erblasser zu Fristbeginn im Ausland aufhielt (§ 1954 BGB). Die Frist beginnt ab dem Moment, wenn der Erbe Kenntnis darüber erlangt, dass er das Erbe anfechten kann – also wenn Sie erfahren, dass der Nachlass überschuldet ist. Das kann durchaus auch etliche Jahre später sein. Nach 30 Jahren allerdings verjährt die Frist und ein Anfechten des Erbes ist nicht mehr möglich, wenn nun noch unerwartete Schulden im Nachlass auftauchen sollten. Wichtig ist auch die Form: Die Anfechtung muss schriftlich, unterschrieben und notariell beglaubigt an das Nachlassgericht gehen.

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