Bauarbeiter in Wohnung reißt Wände ab © iStock.com/Vesnaandijc

30. Oktober 2025, 10:16 Uhr

Darf ich eigentlich? Miet­min­de­rung wegen Baulärm: Deine Ansprüche und Rechte als Mieter

Bohrgeräusche am Morgen, Presslufthammer am Nachmittag – wer eine Baustelle bei sich im Mietshaus oder in der Nähe hat, weiß, wie sehr so etwas die Nerven strapaziert. Doch du musst das nicht einfach hinnehmen: Wenn der Baulärm deine Wohnqualität erheblich einschränkt, hast du unter bestimmten Umständen Anspruch auf eine Mietminderung. Wann das gilt und wie du dabei richtig vorgehst, erfährst du hier.

Du hast Ärger mit lauten Nachbarn oder deinem Vermieter? Wir stehen hinter dir. >>

Recht­li­che Grund­la­gen: Wann berech­tigt Baulärm zur Mietminderung?

Baulärm gilt rechtlich dann als Mietmangel, wenn er die „Tauglichkeit des vertragsgemäßen Gebrauchs“ deiner Wohnung erheblich beeinträchtigt. Maßgeblich ist hier § 536 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).

Das heißt aber auch, nicht jede Geräuschkulisse zählt sofort als Mietmangel: Ein gelegentliches Hämmern etwa gehört zum normalen Mieterleben. Wenn du dich allerdings nicht mehr normal unterhalten kannst, weil Bohrmaschinen und Presslufthammer den Alltag dominieren, oder wenn ein Baugerüst dein Wohnzimmer verdunkelt, sind die Beeinträchtigungen natürlich erheblich.

Doch nicht in jedem Fall von Baulärm hast du das Recht, sofort die Miete zu mindern. Entscheidend sind Art, Zweck und Dauer der Baumaßnahmen.

Bauarbeiter mit Warnweste und Helm auf einem Gerüst
© iStock.com/ Daisy-Daisy

Baulärm im Mietshaus: Deine Rechte auf Mietminderung

Bauarbeiten im oder am eigenen Mietshaus betreffen dich oft besonders intensiv. Typische Einschränkungen sind etwa:

  • ein Baugerüst, das Licht und Luft von deiner Wohnung fernhält und den Balkon unbe­nutz­bar macht
  • ständige Ver­schmut­zung des Hausflurs durch „Bau­stel­len­ver­kehr“
  • Bau­stel­len­ge­räu­sche, die dich schon früh morgens aus dem Schlaf reißen oder die Arbeit im Home­of­fice zur Qual machen

Wichtig zu wissen: Bauarbeiten in einem Mietshaus sind grundsätzlich erlaubt – auch mal über einen längeren Zeitraum. Wann der Lärm einen Mietmangel darstellt und wann du aufgrund dessen die Miete kürzen kannst, kommt auf die genauen Umstände an.

Das Recht unterscheidet zwischen Instandhaltung und Modernisierung:

  • Instand­hal­tungs­maß­nah­men dienen der Erhaltung des Gebäudes selbst, etwa durch Sanierung von Wänden oder Reparatur von Leitungen. Sie musst du nach § 555a BGB grund­sätz­lich dulden, aber bei erheb­li­chem Lärm kann eine Miet­min­de­rung gerecht­fer­tigt sein.
  • Moder­ni­sie­run­gen hingegen ver­bes­sern einzelne Wohnungen. Bei einer ener­ge­ti­schen Sanierung nach § 555b BGB Satz 1 Nr. 1 gilt eine drei­mo­na­ti­ge Dul­dungs­pflicht. Erst danach kannst du die Miete mindern, wenn die Beein­träch­ti­gun­gen anhalten.

Für ein Baugerüst gilt: Vermieter müssen ihren Mietern den Aufbau eines Baugerüsts immer rechtzeitig ankündigen. Andernfalls kann der Mieter gegebenenfalls einen Baustopp und einen Abbau des Gerüsts verlangen – das zeigt ein Urteil des Landgerichts Berlin (AZ 65 T 158/13).

Übrigens: Auch wer tagsüber kaum zu Hause ist, kann eine Mietminderung durch Baulärm geltend machen – das Recht hängt nicht von der Anwesenheit ab, sondern von der objektiven Beeinträchtigung der Wohnqualität.

Info

Check­lis­te: Liegt bei dir Baulärm vor, der dich zur Miet­min­de­rung berechtigt?

Beantworte diese Fragen, um besser einzuschätzen, ob du eventuell Anspruch auf eine Mietminderung bei Baulärm hast:

  • Kannst du dich in normaler Laut­stär­ke nicht mehr unterhalten?
  • Müssen Fenster wegen Lärm oder Staub geschlos­sen bleiben?
  • Wird außerhalb üblicher Arbeits­zei­ten oder am Wochen­en­de gearbeitet?
  • Dauern die Bau­ar­bei­ten über mehrere Wochen oder Monate an?
  • Kommen zusätz­li­che Belas­tun­gen wie Dreck, Staub oder Ver­dun­ke­lung hinzu?
  • Wurdest du bei Miet­ver­trags­ab­schluss nicht über die Baustelle informiert?
  • Handelt es sich um eine ener­ge­ti­sche Sanierung, die länger als drei Monate dauert?

Kannst du mehrere Fragen mit „Ja“ beantworten, besteht eine gute Chance, dass du Anspruch auf Mietminderung hast. Um auf der sicheren Seite zu sein, nutzt du am besten den ADVOCARD Mietmängel-Check. So kannst du schnell und einfach durch Experten prüfen lassen, ob und wie du deine Miete mindern kannst.

Baulärm vor dem Haus: Das gilt bei Bau­ar­bei­ten in der Nachbarschaft

Eine Mietminderung bei Baulärm ist auch möglich, wenn der Vermieter den Lärm gar nicht selbst verursacht hat. Selbst bei Baustellen auf Nachbargrundstücken oder in der Umgebung besteht unter Umständen ein Anspruch, solange der Gebrauch deiner Wohnung spürbar eingeschränkt wird.

Liegt die Baustelle auf dem Nachbargrundstück oder der Straße, gelten besondere Regeln. Nach einem Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofs (BGH) besteht kein Minderungsanspruch, wenn der Vermieter den Lärm nicht beeinflussen kann – etwa bei kommunalen Bauprojekten oder privaten Neubauten (AZ VIII ZR 31/18).

Etwas anderes gilt, wenn im Mietvertrag eine sogenannt Beschaffenheitsvereinbarung über eine „ruhige Lage“ getroffen wurde. Dann darfst du eine gewisse Ruhe erwarten. Kannst du nachweisen, dass die Bauarbeiten diese Vereinbarung verletzen, ist eine Mietminderung wegen Baulärm auf dem Nachbargrundstück denkbar.

Du trägst allerdings die Beweislast: Du musst zeigen, dass die Beeinträchtigung wesentlich ist. Ein genaues Lärmprotokoll oder eine Dezibel-Messung sind laut obigem Urteil des BGH nicht erforderlich – eine nachvollziehbare Beschreibung, wie laut oder beeinträchtigend die Störung war, genügt. Der Vermieter wiederum muss prüfen, ob er Abwehr- oder Entschädigungsansprüche gegen den Bauherrn geltend machen kann.

Zwei Bagger auf einer aufgerissenen Straße
© iStock.com/ Maksim Luzgin

Wann keine Miet­min­de­rung möglich ist: Ausnahmen und Grenzen

Eine Mietminderung wegen Baulärm ist nicht in jedem Fall rechtens. Bei städtischen Bauprojekten spielt oft das Gemeinwohl eine Rolle – das kann deine Rechte einschränken, wenn die Arbeiten unvermeidbar sind.

Wusstest du schon bei Vertragsabschluss von einer Baustelle in deiner Nachbarschaft– etwa durch Hinweise in der Anzeige oder sichtbare Bauarbeiten –, entfällt das Minderungsrecht. Gleiches gilt, wenn du in ein Neubaugebiet ziehst, wo Baulärm erwartbar ist. Das Amtsgericht Frankfurt entschied, dass Lärm- und Schmutzbeeinträchtigungen in so einem Fall nicht die Minderung der Miete rechtfertigen (AZ 33 C 132/11).

Zulässig bleiben auch kurzfristige, ortsübliche Renovierungen. Wenn aber die Belastung deutlich über das normale Maß hinausgeht – etwa durch Arbeiten an Wochenenden, in Ruhezeiten oder bei starkem Dauerlärm –, ist eine Mietminderung wegen Baustellenlärm weiterhin möglich. Der Grundsatz: Je unzumutbarer der Eingriff in den Alltag, desto höher die Minderung.

Info

Geht eine Miet­min­de­rung auch rückwirkend?

Ja, eine Mietminderung kann auch rückwirkend geltend gemacht werden, wenn du den Mangel rechtzeitig gemeldet hast. Eine gesonderte Ankündigung ist nicht nötig. Wenn du dir unsicher bist, kannst du die Miete zunächst unter Vorbehalt zahlen und dich dann rechtlich beraten lassen.

So setzt du deine Miet­min­de­rung durch: Vom Lärm­pro­to­koll bis zum Minderungsbetrag

Wenn du Baulärm erlebst und eine Mietminderung in Betracht ziehst, solltest du folgende Schritte gehen:

  • Vermieter schrift­lich infor­mie­ren – am besten per Einschreiben.
  • Beschrei­be den Mangel genau: Art und Schwere des Lärms, Beginn und Häufigkeit.
  • Kündige die Miet­min­de­rung an: Infor­mie­re deinen Vermieter darüber, dass du die Miete um einen gewissen Pro­zent­satz minderst, bis der Mangel – also der Baulärm – behoben ist.

Aber Achtung: Ist deine angekündigte Mietminderung nicht rechtens oder kürzt du die Mietzahlung zu stark, kann dir dein Vermieter unter Umständen den Mietvertrag kündigen.

Alle Informationen zur Mietrechtsschutz von ADVOCARD

Je nach Situation schwankt die Höhe der Mietminderung bei Baulärm:

  • Ver­dun­ke­lung durch ein Baugerüst: ca. 15 Prozent
  • Massive Lärm­be­läs­ti­gung durch eine Baustelle in der Nach­bar­schaft: bis zu 25 Prozent
  • Groß­flä­chi­ge Moder­ni­sie­run­gen im eigenen Haus: bis zu 100 Prozent

Eine offizielle Tabelle zur Mietminderung bei Baulärm oder gesetzliche Regelungen dazu gibt es nicht. Sogenannte Mietminderungstabelle enthalten Sammlungen von Gerichtsurteilen und geben dir so Anhaltspunkte, wie hoch eine Mietkürzung im Einzelfall ausfallen kann.

Mehr zu verschiedenen Mietmängeln, Mängelanzeige und Mietminderungstabellen findest du auf unserer Themenseite „Mietmängel & Mietminderung“.

Du willst keine Kündigung riskieren, aber den Lärm trotzdem nicht weiter hinnehmen? Als Kunde von ADVOCARD bist du mit unserem Mietmängel-Check auf der sicheren Seite.

FAQ

  • Wie viel Miet­min­de­rung ist bei Baulärm angemessen?

Je nach Intensität und Dauer des Lärms sind 10 bis 25 Prozent Mietminderung möglich. Bei sehr starken Beeinträchtigungen der Wohnqualität kann sie sogar bis zu 100 Prozent betragen. Lass dich hierzu am besten rechtlich beraten.

  • Ab wann ist eine Miet­min­de­rung bei Baulärm möglich?

Eine Mietminderung ist möglich, sobald der Lärm die Nutzung der Wohnung erheblich einschränkt, wenn etwa normale Gespräche kaum noch möglich sind. Bei Baustellen vor dem Haus oder auf Nachbargrundstücken greift das Minderungsrecht jedoch nur, wenn vertraglich eine ruhige Lage zugesichert wurde oder die Lärmbelastung außergewöhnlich stark ist.

  • Wer zahlt die Miet­min­de­rung bei Baulärm?

Grundsätzlich trägt der Vermieter die Kosten einer Mietminderung, da er für die vertragsgemäße Nutzung der Wohnung verantwortlich ist.

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