Darf man im Sommer mit Winterreifen fahren? © iStock.com/sestovic

13. Mai 2022, 9:19 Uhr

Fake oder Fakt? Darf man im Sommer mit Win­ter­rei­fen fahren?

Warum zum Sommer hin die Reifen wechseln, wenn die Temperaturen in Deutschland gefühlt ohnehin in allen Jahreszeiten ähnlich sind, es weder Schneesicherheit noch große Hitze gibt? Die Überlegung liegt nahe, sich das Geld für einen teuren Reifenwechsel im Frühjahr zu sparen und stattdessen auch im Sommer mit Winterreifen zu fahren. Doch ist das überhaupt erlaubt? Und wenn ja: Wie ist die Rechtslage im Falle eines Unfalls?

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Sind Som­mer­rei­fen Pflicht?

Während es in Deutschland eine „situative Winterreifenplicht” gibt, existiert eine entsprechende Regelung für Sommerreifen nicht. Autofahrende müssen ab Herbst demnach für korrekte Bereifung sorgen; im Frühjahr aber können sie sich den teuren Reifenwechsel theoretisch sparen und mit Winterreifen weiterfahren. Vorausgesetzt, die Reifen sind entsprechend gekennzeichnet, und zwar...

  • ...durch das M&S-Symbol (vor 2018 her­ge­stellt und bis 2024 gültig) oder
  • ...durch das Alpine-Symbol (Schnee­flo­cke mit drei­ge­zack­tem Berg).

Laut Gesetz dürfen Autofahrer und Autofahrerinnen also auch im Sommer mit Winterreifen fahren.

Nahaufnahme von Winterreifen mit entsprechender Kennzeichnung an der Seite.
© iStock.com/turk_stock_photographer

Sommer- und Win­ter­rei­fen: Ent­schei­den­de Unterschiede

Was erlaubt und was sinnvoll ist – dazwischen liegen bekanntlich Welten, auch in diesem Fall. Denn nicht umsonst gibt es spezielle Reifen für die kalten und warmen Monate des Jahres.

  • Win­ter­rei­fen bestehen aus einer Gum­mi­mi­schung, die für Eis, Schnee und Kälte ausgelegt ist. Die Rei­fensind sehr weich, damit sie auch bei niedrigen Tem­pe­ra­tu­ren nicht rissig werden. Zudem ist der Gum­mi­ab­rieb höher.
  • Som­mer­rei­fen hingegen sind wesent­lich fester. Sie zeigen bessere Fahr­ei­gen­schaf­ten auf nasser Fahrbahn und bei Starkregen.

Aus den spezifischen Eigenschaften von Sommer- und Winterreifen ergibt sich der Umkehrschluss: Winterreifen erweisen sich im Sommer als nicht ideal. Bei hohen Temperaturen auf trockener Straße ist ihre Haftung wesentlich schlechter. Die Folge: Der Bremsweg verlängert sich entscheidend – eine große Gefahr für alle Verkehrsteilnehmenden.

Bei höheren Temperaturen besteht außerdem das Risiko, dass sich das Material verformt und sich somit das Fahrverhalten verändert. Vor allem in Kurven kann es so zu gefährlichen Situationen kommen und das Risiko für Unfälle erhöhen.

Abge­fah­re­ne Win­ter­rei­fen im Sommer weiternutzen?

Abgefahrene Winterreifen mit einer Profiltiefe von weniger als vier Millimetern weisen zwar bessere Fahreigenschaften im Sommer auf als andere wintertaugliche Reifen, weiternutzen sollte man diese trotzdem nicht. Auch bei ihnen sind Straßenhaftung und Stabilität in Kurven sehr viel geringer als bei Spezialreifen für die Sommersaison.

INFO

Eselsbrücke zum Reifenwechsel

Praktisch und leicht zu merken ist die inoffizielle Winter- bzw. Sommerreifenregel „von O bis O”: von Oktober bis Ostern Winterreifen nutzen, von Ostern bis Oktober Sommerreifen. Tipp vom TÜV: Statt mit Winterreifen auch im Sommer zu fahren, können Ganzjahresreifen eine Alternative zum halbjährlichen Reifenwechsel sein.

Unfall mit Win­ter­rei­fen im Sommer: Ver­si­che­rung und Strafen

Nicht nur, dass durch die falsche Bereifung schneller Unfälle passieren, weil sich Bremsweg und Fahreigenschaften verändern. Auch die Folgen, die ein Unfall haben kann, sind nicht ohne. Autofahrende, die im Sommer mit Winterreifen fahren, gefährden sich und andere. Hinzu kommt, dass im Falle eines Unfalls mitunter die Kfz-Haftpflichtversicherung nicht oder nur teilweise für den Materialschaden aufkommt. Der Grund: grobe Fahrlässigkeit aufgrund fehlender Saisonbereifung.

Zwei Personen stehen am Seitenstreifen nach einem Auffahrunfall mit zwei PKWs.
© iStock.com/Kalulu

Eine automatische Teil- oder Alleinschuld bekommen Unfallverursachende, die im Sommer mit Winterreifen fahren, zwar nicht. Kristallisiert sich aber beispielsweise ein verlängerter Bremsweg als Unfallursache heraus, der auf die falsche Bereifung zurückzuführen ist, sieht der Fall womöglich anders aus. Eine Teilschuld kann dann dem Unfallverursachenden zugewiesen werden.

FAZIT
  • Im Sommer mit Win­ter­rei­fen fahren – das ist zwar erlaubt, aber nicht ratsam.
  • Aus Sicher­heits­grün­den sollten Auto­fah­ren­de ihre Bereifung immer sai­son­ab­hän­gig machen. Der Grund: Som­mer­rei­fen zeigen bessere Fahr­ei­gen­schaf­ten bei höheren Tem­pe­ra­tu­ren und Nässe, Win­ter­rei­fen bessere Eigen­schaf­ten bei Kälte, Schnee und Eis.
  • Im Falle eines Unfalls tragen Unfall­ver­ur­sa­chen­de mit falscher oder ungüns­ti­ger Bereifung gege­be­nen­falls eine Teil­schuld, die zur Kürzung von Ver­si­che­rungs­leis­tun­gen führen kann.
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