Musizieren in der Wohnung: Wann ist Spielen erlaubt? © iStock.com/Milan Markovic

25. Oktober 2023, 17:35 Uhr

Darf ich eigentlich? Musi­zie­ren in der Wohnung: Ist Hausmusik Lärmbelästigung?

Hausmusik ist im Grunde eine schöne Tradition. Erklingen Schlagzeug, Klavier und andere Instrumente aber regelmäßig in einer Mietwohnung, fühlen sich Nachbarn manchmal dadurch gestört. Hier erfährst du, welche gesetzlichen Regelungen beim Musizieren in der Wohnung gelten und worauf du achten musst, um Streit zu vermeiden.

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Mietrecht: Musi­zie­ren in der Wohnung ist grund­sätz­lich erlaubt

Ein Instrument in einer Mietwohnung zu spielen, ist nicht grundsätzlich verboten: Das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit schließt ein, zum eigenen Vergnügen in der Mietwohnung Hausmusik zu machen und sich mit Klavier und Co. künstlerisch auszudrücken.

Dieser Anspruch kollidiert jedoch immer dann mit den allgemeinen Persönlichkeitsrechten der Nachbarn, wenn diese sich durch die Musik gestört fühlen. Hausmusik nennt es der eine, Lärmbelästigung der andere. Aus den unterschiedlichen Auffassungen kann schnell ein Nachbarschaftsstreit entstehen. Um das zu vermeiden, solltest du mit einigen Regeln vertraut sein.

Hausmusik: Zim­mer­laut­stär­ke und Ruhe­zei­ten beachten

Obwohl Hausmusik prinzipiell erlaubt ist, darfst du nicht immer ein Instrument spielen, wann und wie lange du willst. Entscheidend ist hier vor allem die Geräuschkulisse, die dabei entsteht. Bleibt sie im Rahmen der Zimmerlautstärke, kannst du ohne Einschränkungen musizieren – sogar rund um die Uhr. Denn bei diesem niedrigen Pegel gehört Musik zu den üblichen Geräuschen innerhalb von Wohnhäusern und ist von den Nachbarn hinzunehmen.

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Manche Instrumente lassen sich allerdings nicht ausreichend leise spielen. Das gilt beispielsweise für Trommeln. Da stellt sich schnell die Frage: Darf man Schlagzeug in der Wohnung spielen? Oder Klavier, Geige und Trompete? Bei diesen und anderen per se lauten Instrumenten ist das Musizieren in einer Mietwohnung innerhalb bestimmter Zeiträume nicht gestattet. Anhaltspunkt sind hier die sogenannten Ruhezeiten, also die Nachtruhe zwischen 22 und 6 Uhr sowie die Mittagsruhe zwischen 13 und 15 Uhr und die ganztägige Sonntags- und Feiertagsruhe.

Doch nicht überall sind allgemeine Ruhezeiten gesetzlich verankert. Dann können Bestimmungen in Hausordnung oder Mietvertrag das Musizieren in der Wohnung reglementieren. Die darin genannten Vorschriften sind für Mieter bindend.

Musi­zie­ren zu laut? Gerichte ent­schei­den im Einzelfall

Trotz Vorgaben durch Gesetze beziehungsweise durch Hausordnungen und Mietverträge kommt es immer wieder zu Nachbarschaftsstreit über das Musizieren in der Wohnung. Weil hinsichtlich möglicher Lärmbelästigung auch individuelle Umstände wie baulich bedingte Hellhörigkeit eine Rolle spielen, entscheiden die Gerichte oft im Einzelfall.

  • Klavier spielen: Das Ober­lan­des­ge­richt Frankfurt schränkte in einem Fall das Kla­vier­spie­len auf ein­ein­halb Stunden pro Tag ein (AZ 20 W 148/84). Das Land­ge­richt Frankfurt hingegen erlaubte es in einem anderen Verfahren für drei Stunden von Montag bis Freitag und für fünf Stunden an Wochen­en­den und Fei­er­ta­gen – aller­dings außerhalb der üblichen Ruhezeiten.
  • Schlag­zeug spielen: Hier setzte das Land­ge­richt Fürth einen Rahmen von täglich 45 bis 90 Minuten Spielzeit (AZ 13 S 5296/90).
  • Kla­ri­net­te spielen: Instru­men­te wie Kla­ri­net­te und Saxofon können durch­drin­gen­de Töne erzeugen. Deshalb gestat­te­te das Ober­lan­des­ge­richt Karlsruhe das Spielen damit für werk­täg­lich zwei Stunden sowie an Sonntagen für eine Stunde (AZ 6 U 30/87).
  • Akkordeon spielen: Das Musi­zie­ren mit diesem Instru­ment begrenzte das Lang­ge­richt Kleve auf täglich ein­ein­halb Stunden und verbot es zwischen 22 und 9 Uhr sowie zwischen 13 und 15 Uhr. Weitere Auflage: Während des Spielens müssen Fenster und Türen geschlos­sen bleiben (AZ 13 S 5296/90).
© iStock.com/Imgorthand

Ausnahme: Wenn Kinder ein Instru­ment spielen

Ein besonderer Fall liegt vor, wenn Kinder Musik machen. Hier besteht in der Regel kein Unterlassungsanspruch wegen unerlaubten Lärms. Das gilt selbst dann, wenn laute Instrumente Nachbarn gelegentlich in der Mittagsruhe stören.

Das Amtsgericht München hat eine entsprechende Klage eines Ehepaares gegen dessen Nachbarn abgelehnt (AZ 171 C 14312/16). Die Kläger hatten angeführt, dass die Kinder ihrer Nachbarn im Haus nebenan so viel Lärm erzeugten, dass die Nutzung ihres eigenen Hauses und Grundstückes wesentlich beeinträchtigt werde. Die Kinder würden außerdem während der Ruhezeiten Musik machen.

Das Gericht stellte in der Urteilsbegründung heraus, dass es um minderjährige Kinder gehe. Von ihnen könne die Einhaltung von Regeln nicht im gleichen Umfang verlangt werden wie von Erwachsenen. Bei der erforderlichen Abwägung sei nach Ansicht des Gerichts Artikel 6 Grundgesetz (GG) zu berücksichtigen. Hiernach stehe die gesunde Entwicklung junger Menschen unter besonderem Schutz – demgemäß auch das Musizieren.

FAZIT

  • Es ist grund­sätz­lich erlaubt, in einer Miet­woh­nung zu musizieren.
  • Oberhalb der Zim­mer­laut­stär­ke sind gege­be­nen­falls orts­üb­li­che Ruhe­zei­ten oder ent­spre­chen­de Vorgaben aus Haus­ord­nung oder Miet­ver­trag ein­zu­hal­ten. Für min­der­jäh­ri­ge Kinder gelten geson­der­te Bestimmungen.
  • Bei juris­ti­schen Aus­ein­an­der­set­zun­gen ent­schei­den die Gerichte oft im Einzelfall.
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