Bezüglich des Kindergeldes ist eine Ausbildung erst nach Praktikum beendet Robert Kneschke, Fotolia

18. Juli 2018, 16:44 Uhr

Kindergeldanspruch Kin­der­geld: Aus­bil­dung erst nach Praktikum beendet

Wie lange fließt Kindergeld bei der Ausbildung zur Erzieherin? Das Finanzgericht (FG) Stuttgart hat entschieden: bis zum Ende des Berufspraktikums (AZ 1 K 307/16).

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Aus­bil­dungs­ver­trag über drei Jahre

Geklagt hatte eine Mutter, deren Tochter bei der Stadt eine Ausbildung zur Erzieherin absolviert hatte. Die Ausbildung begann am 9. September 2013 und dauerte laut Berufsausbildungsvertrag drei Jahre bis zum 8. September 2016.

Damit entsprach der Vertrag der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung an den Fachschulen für Sozialpädagogik des Kultusministeriums Baden-Württemberg. Dort ist festgelegt, dass die Ausbildung unabhängig vom Zeitpunkt der Abschlussprüfung drei Jahre umfasst und sich in theoretische und praktische Inhalte aufteilt. Die praktische Ausbildung soll demnach mindestens 600 Stunden pro Jahr erfolgen.

Abschluss­prü­fung zwei Monate früher

Die Auszubildende legte ihre Abschlussprüfung im Juli 2016 ab. Allerdings bekam sie bis zum 8. September nur eine Ausbildungsvergütung und durfte ihre Berufsbezeichnung "Staatlich anerkannte Erzieherin" auch erst ab dem 9. September führen.

Fami­li­en­kas­se fordert Kin­der­geld zurück

Die beklagte Familienkasse argumentierte, die Ausbildung sei mit Bekanntgabe der Prüfungsergebnisse im Juli 2016 beendet gewesen, und forderte das bereits gezahlte Kindergeld für die Monate August und September zurück. Gemäß ihrer Dienstanweisung sei die im Ausbildungsvertrag  vereinbarte Ausbildungszeit ohne Belang.

Gericht: Aus­bil­dung endet erst nach Praktikum

Das Gericht sah das anders. Es urteilte, im vorliegenden Fall sei die Dauer der Ausbildung durch eine Rechtsvorschrift vorgegeben gewesen. Demnach verlangte die Ausbildung zur staatlich anerkannten Erzieherin neben der zwei Jahre dauernden schulischen Ausbildung  auch noch ein anschließendes einjähriges Berufspraktikum. Daher sei erst mit Ablauf der drei Jahre die Vermittlung der theoretischen und auch praktischen Ausbildungsinhalte vollständig abgeschlossen und damit die Ausbildung beendet gewesen. Die Tochter habe auch erst ab dem 9. September die Berechtigung erworben, ihre Berufsbezeichnung zu führen.

Bun­des­recht­li­che Vor­schrift greift nicht

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Nach Auffassung des Gerichts widerspricht dem auch das Berufsbildungsgesetz nicht. Dort sei zwar festgelegt, dass eine bestandene Berufsausbildung mit Bekanntgabe der Prüfungsergebnisse schon vor Ablauf der Ausbildungszeit ende – die Vorschrift käme aber im vorliegenden Fall nicht zum Tragen, weil die Tochter ihre Ausbildung an einer dem Landesrecht Baden-Württemberg unterstehenden berufsbildenden Schule durchlaufen habe.
Außerdem verwies das Gericht darauf, dass die Berufsausbildung zur Erzieherin genauso zu behandeln sei wie die Ausbildungen in Kranken-, Alten- und Entbindungspflege.

Das Urteil ist rechtskräftig. Das Finanzgericht urteilte damit gegen die Dienstanweisung der Familienkasse zum Vorteil der Kindergeldberechtigten.

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