Dienstreise und Fortbildung: Was gilt als Arbeitszeit? © Fotolia/fairimages

4. Mai 2022, 10:58 Uhr

So geht’s richtig Dienst­rei­se und Fort­bil­dung: Was gilt als Arbeitszeit?

Die Frage, was während einer Dienstreise Arbeitszeit und was Freizeit ist, beschäftigt jeden Arbeitnehmer, der beruflich öfter außerhalb der eigenen vier Bürowände unterwegs ist. Das Arbeitszeitgesetz bestimmt lediglich den gesetzlichen Rahmen, der nicht überschritten werden darf. Doch was gilt bei Außeneinsätzen in Sachen Arbeitszeit, Überstunden, Spesen und Co.? Alles, was du hierzu wissen solltest.

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Was genau ist eine Dienstreise?

Dienstreise oder Dienstgang – zuweilen verschwimmen die Grenzen beruflich auswärtiger Einsätze für den Betrieb. Doch was eine Dienstreise ausmacht, ist klar definiert:

  • Aus­wär­ti­ger Einsatz für die Firma, der eine gewisse räumliche Ent­fer­nung beinhal­tet: Diese ist nicht explizit definiert, das Über­schrei­ten einer Stadt­gren­ze wird aber meist als Defi­ni­ti­ons­schwel­le zwischen Dienst­gang und Dienstweg gesehen.
  • Als Beispiele für eine Dienst­rei­se gelten aus­wär­ti­ge Termine mit Kunden (in ent­spre­chen­der Ent­fer­nung vom Fir­men­ge­län­de), Meetings in anderen Nie­der­las­sun­gen der Firma oder mit Geschäfts­part­nern und Zulie­fe­rern sowie Besuche von Schu­lun­gen, Messen und Tagungen.
INFO

Darf der Arbeitgeber eine Dienstreise anordnen?

Ja, und zwar selbst dann, wenn dies nicht explizit im Arbeitsvertrag steht. Voraussetzung ist, dass die Dienstreise einen Bezug zu den beruflichen Aufgaben des Arbeitnehmers hat.

Arbeits­zeit­ge­setz und Dienst­rei­se: Ist Fahrzeit auch Arbeitszeit?

Ob die Anreise zum Zielort während einer Dienstreise bereits als Arbeitszeit gilt oder nicht, ist ein wichtiger Punkt. Grundsätzlich gilt: Dienstreisezeit ist Arbeitszeit, sofern sie während der regulären Arbeitszeit erfolgt. Das gilt egal für welches Verkehrsmittel und auch dann, wenn der Arbeitnehmer während An- und Abreise nicht arbeitet.

Reisen Arbeitnehmer außerhalb ihrer Arbeitszeit gilt: Je nach beruflicher Beanspruchung des Mitarbeiters oder der Mitarbeiterin während der An- und Rückreise kann die Fahrtzeit als Arbeitszeit gelten. Grundlage der Entscheidung sind die Anweisung des Vorgesetzten sowie die Verkehrsmittelwahl.

Geschäftsmann steht auf der Fahrerseite seines offenen Fahrzeugs und telefoniert am Smartphone.
© iStock.com/IPGGutenbergUKLtd

Reisezeit gleich Arbeitszeit:

  • Bereitest du deinen Termin am Nach­mit­tag während der Zugfahrt am Morgen vor, gilt die Zeit der Anreise als Arbeitszeit.
  • Dies gilt auch für alle beruf­li­chen Gespräche mit Kollegen und Kol­le­gin­nen während der Dienst­rei­se, etwa während eines Geschäftsessens.
  • Wer selbst mit dem Dienst­wa­gen fährt – auch dann, wenn keine Kollegen mit dabei sind –, kann sich ebenfalls die Anreise als Arbeits­zeit aner­ken­nen lassen. Grundlage dieser Regelung ist die Annahme, dass der Arbeit­neh­mer sich bei einer Autofahrt nicht ent­span­nen kann, weshalb diese nicht als Ruhezeit gelten darf.

Reisezeit ungleich Arbeitszeit:

  • Wird vom Arbeit­ge­ber hingegen nur die Nutzung eines öffent­li­chen Ver­kehrs­mit­tels vor­ge­ge­ben und nicht etwa die Nutzung des Rei­se­we­ges für Arbeits­in­hal­te, handelt es sich in arbeits­recht­li­cher Hinsicht auch nicht um Arbeits­zeit. Wichtig: Die An- und Abreise gilt selbst dann als Ruhezeit, wenn sich der Arbeit­neh­mer wäh­rend­des­sen frei­wil­lig mit dienst­li­chen Belangen beschäf­tigt und zum Beispiel Mails bear­bei­tet oder Termine vorbereitet.
  • Das Gleiche gilt für Dienst­rei­sen­de, die am Zielort Sight­see­ing betreiben oder mit der Familie zuhause tele­fo­nie­ren. In diesen Fällen wird nicht gear­bei­tet und somit gilt: Alles fernab des Beruf­li­chen ist Freizeit.

Meetings, Mahl­zei­ten und Über­nach­tun­gen: Was zählt bei der Dienst­rei­se zur Arbeitszeit?

Hierzu gibt es klare Regelungen. Alle geschäftlichen Angelegenheiten vor Ort werden als Arbeitszeit anerkannt. Hierzu zählen unter anderem: Meetings, Vorbereitungszeit, berufliche Telefonate und auch der gemeinsame Lunch oder das Abendessen mit Kunden. Freizeit hingegen ist alles, was als Ruhezeit gilt, sprich zeitliche Slots zwischen zwei Terminen, private Mahlzeiten und Aufenthalte in der Unterkunft.

Drei Arbeitskollegen essen gemeinsam Sushi in einem Restaurant.
© iStock.com/EXTREME-PHOTOGRAPHER

Tipp: Führe am besten ein detailliertes Protokoll über deine Arbeitszeiten während einer Dienstreise, um hinterher einen Nachweis in der Hand zu haben.

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Dienst­rei­se: Was ist die maximale Arbeitszeit?

Auf Dienstreisen mit Übernachtung fällt es vielen Arbeitnehmern schwerer als sonst, abzuschalten und vom Arbeits- in den Feierabendmodus zu finden. Geschäftsessen, das Fehlen der gewohnten Routinen und Aufgaben sowie das präsente Arbeitsumfeld sind die häufigsten Gründe, weshalb auf Dienstreisen länger gearbeitet wird als im Büro. Doch was gilt in Sachen Höchstarbeitszeit bei beruflichen Reisen? Ganz klar: Das Gleiche wie zuhause auch.

Die Höchstarbeitszeit pro Tag darf laut § 3 Absatz 2 ArbZG zehn Stunden nicht überschreiten – abzüglich Pausen. Auch gilt für Dienstreisen: Die Ruhephase zwischen zwei Arbeitstagen muss in der Regel 11 Stunden betragen. Findet die Dienstreise am Wochenende statt, müssen Arbeitgeber und -nehmer beachten, dass 15 Sonntage im Jahr nicht gearbeitet werden darf. Außerdem steht Dienstreisenden, die sonntags im Einsatz sind, ein Ersatzruhetag zu, der innerhalb von zwei Wochen ab Beschäftigungstag gewährt und genommen werden muss.

Kläre die Details vor der Dienstreise

Neben der Frage, was bei der Dienstreise Arbeitszeit und was Freizeit ist, solltest du vor Reiseantritt auch alle anderen Punkte wieÜberstunden, Reisekosten, Spesen, Ausgleich der Mehrarbeit oder auch Reise- und Hotelstandards mit deinem Arbeitgeber klären, um auf der sicheren Seite zu sein. Die meisten Unternehmen haben Reiseordnungen, denen diese und andere Punkte entnommen werden können. Bei Unklarheiten solltest du das Gespräch mit deinem Vorgesetzten suchen, damit es hinterher nicht zu arbeitsrechtlichen Konflikten kommt.

Was gilt bei einer Fort­bil­dung als Arbeits­zeit und was nicht?

Was für Dienstreisen in Sachen Arbeitszeit gilt – gilt das auch für Fortbildungen? Ja, die Arbeitszeit für Veranstaltungen, die zur Fortbildung von Mitarbeitenden dienen, ist vergütungspflichtig. Voraussetzung: Die Teilnahme ist für Arbeitnehmer verpflichtend. Sprich: Ordnet der Arbeitgeber die Teilnahme an der Fortbildung ausdrücklich an, gilt das als Arbeitszeit – ebenso wie die An- und Abreisezeit.

FAZIT
  • Bei einer Dienst­rei­se und bei einer ver­pflich­ten­den Fort­bil­dung sind die Vorgaben des Arbeits­zeit­ge­set­zes (ArbZG) zu beachten.
  • Als Arbeits­zeit gilt bei einer Dienst­rei­se die Hin- und Rückfahrt nur unter bestimm­ten Vor­aus­set­zun­gen. Dazu zählen: Reisen während der Arbeits­zeit sowie spe­zi­fi­sche Anord­nun­gen des Arbeit­ge­bers zu den To-dos während der An- oder Abreise und der Wahl des Ver­kehrs­mit­tels. Wer das Fahrzeug bei­spiels­wei­se selbst führen muss, arbeitet. Somit zählt die Fahrtzeit auch zur Arbeitszeit.
  • Vor Ort werden alle geschäft­li­chen Ange­le­gen­hei­ten zur Arbeits­zeit gezählt, Pri­vat­an­ge­le­gen­hei­ten hingegen als Ruhezeit angesehen.
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