Wie hoch ist der Mindestlohn und wie wird er berechnet? © istock.com/Denis Stankovic

23. September 2022, 9:00 Uhr

So geht’s richtig Wie hoch ist der Min­dest­lohn und wie wird er berechnet?

Der gesetzliche Mindestlohn wurde mit Stand Oktober 2022 von 10,45 Euro auf 12 Euro pro Stunde erhöht. Das klingt nach einer eindeutigen Angelegenheit – ist es aber längst nicht immer. Denn wenn du Sonderzahlungen oder bestimmte Zuschläge erhältst, kann es mit der Berechnung kompliziert werden.

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Wann ein Stun­den­satz unter dem aktuellen Min­dest­lohn zulässig ist

Arbeitgeber sind durch das Mindestlohngesetz (MiLoG) verpflichtet, bestimmte Untergrenzen bei der Bezahlung ihrer Mitarbeiter einzuhalten. Wenn du einen Job hast, bei dem du nach geleisteten Arbeitsstunden bezahlt wirst und es keine zusätzlichen Zahlungen, beispielsweise Weihnachtsgeld oder Zulagen gibt, musst du den Mindestlohn nicht groß berechnen: Dein Brutto-Stundenlohn darf nicht unter dem aktuellen Mindestlohn liegen.

Komplizierter wird die Berechnung des Mindestlohns bei

  • leis­tungs­ab­hän­gi­ger Vergütung, bei­spiels­wei­se auf Pro­vi­si­ons­ba­sis oder Akkordlohn
  • Son­der­zah­lun­gen wie Weih­nachts- oder Urlaubsgeld

In solchen Fällen kann dein vertraglich vereinbarter Stundenlohn geringer ausfallen als der gesetzliche Mindestlohn. Das gilt aber nur, solange du unterm Strich mit allen Zusatzleistungen doch auf den Mindestlohn kommst.

Tipp: Wenn du nach einem variablen Vergütungsmodell bezahlt wirst, solltest du regelmäßig prüfen, ob du den gesetzlichen Mindestlohn erreichst. Dazu teilst du das auf der Abrechnung angegebene Bruttogehalt durch die Zahl der monatlich geleisteten Arbeitsstunden. Oder du nutzt den Mindestlohn-Rechner des Bundesarbeitsministeriums.

Die Höhe des Mindestlohns wird regelmäßig geprüft und gegebenenfalls an veränderte Lebenshaltungskosten angepasst.

INFO

Gilt der Mindestlohn auch bei Minijobs?

Auch Minijobber haben Anspruch auf Mindestlohn. Das bedeutet, sie müssen seit Oktober 2022 ebenfalls einen Stundenlohn von mindestens 12 Euro erhalten und brauchen sich nicht mit weniger abspeisen zu lassen. .

Mit der Erhöhung des Mindestlohns auf 12 Euro ist im Oktober 2022 auch die Verdiensthöchstgrenze bei Minijobs von 450 auf 520 Euro im Monat gestiegen. So können Minijobber weiterhin rund zehn Stunden pro Woche arbeiten, ohne dass ihre Beschäftigung sozialversicherungspflichtig wird.

Was zählt zum gesetz­li­chen Mindestlohn?

Grundsätzlich gilt: Zahlungen, mit denen du fest rechnen kannst und die eine direkte Gegenleistung für deine Arbeit sind, dürfen auf den Mindestlohn angerechnet werden. Im Mindestlohngesetz ist allerdings nicht genauer festgehalten, welche Zahlungen und Zuschläge darunter fallen. Für ein wenig Klarheit können Urteile des Bundesarbeitsgerichts (BAG, AZ  5 AZR 135/16) und des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, AZ C-341/02 und C-522/12) herangezogen werden.

Auf den Mindestlohn angerechnet werden dürfen demnach folgende Zulagen:

  • Sonn- und Fei­er­tags­zu­schlä­ge
  • Zulagen für geleis­te­te Überstunden
  • Ver­trag­lich ver­ein­bar­te Umsatzbeteiligungen
  • Akkord- oder Leistungsprämien
  • Gefah­ren­zu­la­gen
  • Schicht­zu­la­gen
  • Nacht­zu­schlä­ge (sofern der Arbeit­ge­ber sie gemäß einer ver­trag­li­chen Ver­ein­ba­rung frei­wil­lig zahlt und sie nicht durch das Arbeits­zeit­ge­setz (ArbZG) vor­ge­schrie­ben sind)
Zwei Bauarbeiter arbeiten gemeinsam an einem Haus und reichen sich einen Ziegelstein.
© Fotolia/Kzenon

Häufiges Streitthema ist die Anrechenbarkeit von Weihnachtsgeld. Kein Wunder, denn hier kommt es immer auf die jeweilige Regelung an. Wenn im Arbeitsvertrag beispielsweise festgehalten ist, dass jedes Jahr ein Weihnachtsgeld in Höhe eines halben Monatslohns ausgezahlt wird, kann das auf den Mindestlohn angerechnet werden und dein Stundenlohn entsprechend niedriger ausfallen. Denn du kannst dich auf den Erhalt des Geldes verlassen, es kommt quasi einer Lohnzahlung gleich.

Wenn das Weihnachtsgeld eine widerrufliche Leistung ist, die beispielsweise nur in guten Geschäftsjahren gezahlt wird, darf es bei der Berechnung des Mindestlohns nicht berücksichtigt werden.

Was darf nicht ange­rech­net werden?

Zahlungen, die nicht unmittelbar eine Gegenleistung für die geleistete Arbeit sind, darf der Arbeitgeber nicht auf den Mindestlohn anrechnen. Darunter fallen zum Beispiel folgende Leistungen:

  • wider­ruf­li­che Gra­ti­fi­ka­tio­nen, bei­spiels­wei­se das oben erwähnte, ver­trag­lich nicht fest ver­ein­bar­te Weihnachtsgeld
  • Prämien, die nicht in direktem Zusam­men­hang mit der Arbeits­leis­tung stehen, bei­spiels­wei­se Gra­ti­fi­ka­tio­nen für lang­jäh­ri­ge Betriebszugehörigkeit
  • ver­mö­gens­wirk­sa­me Leis­tun­gen (VL)
  • Auf­wands­ent­schä­di­gun­gen wie Wege- oder Kleidergeld
  • Sach­leis­tun­gen, etwa kos­ten­lo­ses Mit­tag­essen in der Kantine oder ein Fir­men­han­dy, das auch privat genutzt werden darf. Einzige Ausnahme: Die Unter­kunft von Sai­son­ar­bei­tern darf ange­rech­net werden und kann den Stun­den­lohn auf unter Min­dest­lohn­ni­veau drücken.
  • Trinkgeld, denn das ist keine Leistung des Arbeitgebers
FAZIT
  • Seit Oktober 2022 liegt der gesetz­li­che Min­dest­lohn bei 12 Euro pro Stunde.
  • Variable Ver­gü­tungs­mo­del­le sind möglich, sofern sicher­ge­stellt ist, dass ein Arbeit­neh­mer dabei in jedem Fall auf den Min­dest­lohn kommt.
  • Zulagen und Zuschläge, die eine direkte Gegen­leis­tung für die geleis­te­te Arbeit sind, zählen zum Min­dest­lohn. Ver­trag­lich ver­ein­bar­te Son­der­zah­lun­gen wie Weih­nachts- und Urlaubs­geld oder ein 13. Monats­ge­halt ebenfalls.
  • Nicht bei der Berech­nung des Min­dest­lohns berück­sich­tigt werden dürfen Sach­leis­tun­gen, Trink­gel­der, Auf­wands­ent­schä­di­gun­gen und wider­ruf­li­che Gratifikationen.
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