Arbeitsvertrag vor Antritt kündigen: Geht das? © Fotolia/contrastwerkstatt

10. Dezember 2021, 9:00 Uhr

Darf ich eigentlich? Arbeits­ver­trag vor Antritt kündigen: Geht das?

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Der Vertrag mit deinem neuen Arbeitgeber ist unterzeichnet und deine aktuelle Stelle bereits gekündigt – soweit läuft alles nach Plan. Doch dann bekommst du in deinen letzten Wochen im alten Job ein Angebot, das dir noch viel mehr zusagt. Und nun? Kannst du den schon unterschriebenen Arbeitsvertrag noch widerrufen? Und was gilt im umgekehrten Fall, wenn sich beim zukünftigen Arbeitgeber etwas ändert? Kann ein Unternehmen ein Arbeitsverhältnis kündigen, bevor du es überhaupt angetreten hast? Hier erfährst du, was erlaubt ist und welche Möglichkeiten du hast.

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Kann man einen Arbeits­ver­trag vor Antritt kündigen?

Grundsätzlich ja – es sei denn, der Vertrag enthält Klauseln, die das explizit ausschließen. Es kann dort auch vereinbart sein, dass eine Vertragsstrafe fällig wird, wenn der Arbeitsvertrag vor Antritt der Stelle gekündigt wird. Mehr dazu weiter unten.

In manchen Arbeitsverträgen ist geregelt, dass die Kündigungsfrist erst ab dem Vertragsbeginn läuft. Das hat zur Folge, dass du den Job auf jeden Fall erst einmal antreten musst, auch wenn du schon lange zuvor gekündigt hast. Rechtlich sind solche Vereinbarungen zulässig.

Enthält der Arbeitsvertrag keine speziellen Regelungen, kann er vor Beginn seiner Laufzeit gekündigt werden. Allerdings musst du dabei die Kündigungsfristen beachten.

Welche Kün­di­gungs­fris­ten müssen ein­ge­hal­ten werden?

Ausschlaggebend ist in erster Linie die vertraglich vereinbarte Frist. Enthält der Arbeitsvertrag keine entsprechenden Regelungen oder sind diese ungültig, gilt die gesetzliche Kündigungsfrist nach § 622 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Das bedeutet für Arbeitnehmer:

  • Sofern eine Probezeit ver­ein­bart wurde, kann der Vertrag mit einer Frist von zwei Wochen von beiden Seiten gekündigt werden.
  • Ansonsten gilt eine Frist von vier Wochen zum 15. oder zum Monatsende.

Wenn du deinen neuen Arbeitsvertrag (mit vereinbarter Probezeit) also mindestens zwei Wochen vor dem geplanten ersten Arbeitstag kündigst, kommt aus rechtlicher Sicht kein Arbeitsverhältnis zustande. Geht deine Kündigung aber erst einige Tage vor Vertragsbeginn beim Unternehmen ein, musst du deinen arbeitsvertraglichen Pflichten bis zum Ende der Kündigungsfrist nachkommen – also im Zweifelsfall den Job knappe zwei Wochen lang machen.

Was du beim Kündigen deines Arbeitsvertrags beachten musst, erfährst du in diesem Streitlotse-Ratgeber. >>

Was, wenn der neue Arbeit­ge­ber plötzlich nicht mehr will?

Auch auf Seiten des Unternehmens kann es unvorhergesehene Entwicklungen geben, die dazu führen, dass sie bereits verpflichtete neue Arbeitskräfte doch nicht mehr benötigen. Etwa, wenn ein wichtiger Auftrag wegbricht. Arbeitsverhältnisse können grundsätzlich von beiden Seiten aufgelöst werden. Daher haben auch Arbeitgeber das Recht, einen Vertrag zu kündigen, bevor der Arbeitnehmer diesen überhaupt angetreten hat. Das hat das Bundesarbeitsgericht 2004 grundsätzlich bestätigt (AZ 2 AZR 324/03).

Arbeitgeber müssen dabei nicht zwingend einen Kündigungsgrund angeben, denn Mitarbeiter stehen dann noch nicht unter dem gesetzlichen Kündigungsschutz. Der gilt erst ab einer Betriebszugehörigkeit von sechs Monaten. Auch den Betriebsrat muss das Unternehmen bei einer Kündigung vor Dienstbeginn nicht einbeziehen. Denn betroffene Mitarbeiter sind bis dahin noch keine Betriebsangehörigen.

Arbeitsvertrag vor Antritt kündigen: Geht das?
© iStock.com/Iuliia Pilipeichenko

Ist eine fristlose Kündigung vor Arbeits­an­tritt möglich?

Prinzipiell ja. Allerdings nur unter denselben strengen Voraussetzungen, die auch sonst für eine fristlose Kündigung erfüllt sein müssen. Sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber können den Vertrag kündigen, wenn ein schwerwiegender Grund vorliegt, der die geplante Zusammenarbeit unzumutbar macht. Das kann zum Beispiel der Fall sein, wenn das Unternehmen gegen gesetzliche Vorgaben zur Arbeitssicherheit verstößt. Aber auch wenn es seinen arbeitsvertraglichen Verpflichtungen bezüglich der Inhalte der Tätigkeit nicht nachkommt. Etwa wenn vertraglich vereinbart wurde, dass die neue Fachkraft mit bestimmten Technologien arbeiten wird, die jedoch gar nicht vorhanden sind.

Andersherum kann auch der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis bei schweren Pflichtverstößen zukünftiger Mitarbeiter mit sofortiger Wirkung auflösen. Beispielsweise, wenn diese in ihrer Bewerbung Qualifikationen angegeben haben, die sie gar nicht besitzen. Auch wenn ein Neueinsteiger in der Öffentlichkeit durch Aussagen auffällt, die dem Unternehmen schaden, kann das eine fristlose Kündigung im Vorfeld rechtfertigen.

Wie hoch fällt die Ver­trags­stra­fe aus, wenn ich vorher kündige?

Für den Fall, dass der Arbeitnehmer vor Dienstantritt kündigt, darf eine Vertragsstrafe vereinbart werden. Allerdings dürfen Unternehmen hier keine astronomisch hohen Summen in den Vertrag schreiben, die eine solche Kündigung kaum finanzierbar machen. Die Vertragsstrafe muss angemessen sein. Was genau das bedeutet, hängt immer auch von den jeweiligen Gegebenheiten ab. Als grobe Richtwerte gelten:

  • ein halbes Brut­to­mo­nats­ge­halt bei zwei­wö­chi­ger Kündigungsfrist
  • ein volles Brut­to­mo­nats­ge­halt bei vier­wö­chi­ger Kündigungsfrist
Person läuft auf weißen Pfeilen einer Straße.
© iStock.com/Zbynek Pospisil

Diese Mög­lich­kei­ten haben Arbeit­neh­mer, um doch noch aus dem Vertrag zu kommen

Wenn du nach der Vertragsunterzeichnung ein besseres Jobangebot angenommen hast, kann die Kündigungsfrist zu lang sein, um zum gewünschten Termin im Traumjob zu starten. Was nun? Den unerwünschten Job einfach nicht anzutreten, ist keine gute Idee. Damit verletzt du deine vertraglichen Pflichten. Im schlechtesten Fall kann das Unternehmen Schadenersatz von dir fordern. Etwa für das erneute Schalten einer Stellenanzeige. Unter Umständen können Unternehmen aber auch Entschädigungen in größerem Umfang fordern, beispielsweise wenn sie als Ersatz auf eine Leiharbeitskraft zurückgreifen mussten.

Wenn die Zeit nicht für eine reguläre Kündigung reicht, ist es sinnvoll, das Gespräch mit der Personalabteilung zu suchen und um einen Aufhebungsvertrag zu bitten. Darin kann festgehalten werden, dass du die Arbeitsstelle nicht antreten musst und im Gegenzug auf eine Bezahlung verzichtest. Davon profitieren letztlich beide Seiten. Denn Unternehmen haben in der Regel wenig Interesse, Neueinsteiger zu bezahlen, die ohnehin nach zwei Wochen wieder gehen und bis dahin kaum vollständig eingearbeitet sind.

FAZIT
  • Grund­sätz­lich gelten bei einer Kündigung eines Arbeits­ver­trags vor Antritt der Stelle die gleichen Regeln wie bei einer regulären Kündigung
  • Kün­di­gungs­fris­ten müssen ein­ge­hal­ten werden, in der Regel betragen sie zwei oder vier Wochen.
  • Eine fristlose Kündigung ist nur bei schwer­wie­gen­den Gründen möglich. Ein besseres Job­an­ge­bot zählt nicht dazu.
  • Ein Arbeits­ver­hält­nis am ersten Tag einfach nicht anzu­tre­ten, kann Scha­den­er­satz­for­de­run­gen nach sich ziehen. Besser ist es, um einen Auf­he­bungs­ver­trag zu bitten.
  • Klauseln, die eine Kündigung vor Ver­trags­be­ginn aus­schlie­ßen oder unter Ver­trags­stra­fe stellen, sind rechtens. Ver­trags­stra­fen müssen aller­dings ange­mes­sen sein.
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