Ältere Frau schaut glücklich aus einem Bus heraus. © istock.com/neoblues

9. Juli 2021, 8:00 Uhr

Achtung, das wird teuer Kaf­fee­fahr­ten: Tipps gegen Betrug bei Verkaufsveranstaltungen

Bei sogenannten Kaffeefahrten geht es dem Veranstalter vor allem um eines: möglichst viele Produkte zu verkaufen. Das geschieht häufig auch mit unlauteren Mitteln, die an Betrug grenzen können. Teilnehmer sollten unter anderem wissen, dass sie Gewinnzusagen prinzipiell einklagen können und dass sie ein Recht auf Widerruf haben, wenn sie mit den gekauften Produkten unzufrieden sind.

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Einladung zur Kaf­fee­fahrt: Gewinn­zu­sa­ge ist verbindlich

Vorsicht ist geboten, wenn plötzlich ein Faltblatt im Briefkasten liegt, auf dem Tagesausflüge mit dem Bus zu einem auffallend günstigen Preis angeboten werden: Dabei handelt es sich in vielen Fällen um getarnte Alle Informationen zu der privaten Rechtsschutzversicherung von ADVOCARDVerkaufsveranstaltungen, sogenannte Kaffeefahrten. Teilnehmer sollten sich vor einer Buchung das Kleingedruckte durchlesen und sich genau informieren, welche Leistungen ihnen versprochen werden. Gern bitten Veranstalter nämlich beispielsweise während des Ausflugs für Speisen und Getränke zur Kasse, die vermeintlich im Preis enthalten sein sollten.

Veranstalter von Kaffeefahrten versuchen teils auch mit illegalen Methoden, Teilnehmer zu ködern: So versenden unseriöse Anbieter oft Schreiben mit falschen Gewinnzusagen. Die angeblichen Geld- oder Sachpreise, die bei der Ausflugsfahrt ausgegeben werden sollen, gibt es jedoch nicht. Oder es wird zum Beispiel behauptet, es habe sich dabei um einen Reisegutschein gehandelt, der mit der Teilnahme an der Fahrt schon abgegolten sei.

Grundsätzlich ist eine solche Gewinnzusage rechtlich verbindlich, das heißt: Schreibt ein Unternehmen dich an und behauptet ausdrücklich, du hättest 1.000 Euro gewonnen, kannst du diesen Gewinn gemäß § 661a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) einklagen. Wer an einer Kaffeefahrt teilgenommen hat und anschließend feststellt, dass er mit einer falschen Gewinnzusage hereingelegt wurde, sollte sich von einem Anwalt zu den weiteren Schritten beraten lassen.

Am besten aber ignorierst du solche dubiosen Gewinnzusagen einfach und wirfst das Anschreiben gleich weg.

Nahaufnahme eines Busses von Innen.

©istock.com/kosmos111

Nicht ein­schüch­tern lassen: Niemand ist zum Kaufen verpflichtet

Auch unterwegs auf einer Kaffeefahrt sollten Teilnehmer ihre Rechte kennen. Wenn sich der vermeintlich attraktive Tagesausflug als reine Verkaufsveranstaltung entpuppt, ist niemand verpflichtet, sich die Produkte anzusehen oder gar etwas zu kaufen – wenngleich die Verkäufer meist versuchen, entsprechenden psychischen Druck auszuüben.

Auf gebuchte und schriftlich versprochene Leistungen wie zum Beispiel die Verpflegung und die Rückfahrt mit dem Bus haben Teilnehmer trotzdem Anspruch und dürfen nicht davon ausgeschlossen werden. Die Verkäufer haben kein Recht, Teilnehmer am Verlassen des Verkaufsraums zu hindern oder sie zum Kauf von Produkten zu drängen mit der Ankündigung, dass vorher die Rückfahrt nicht angetreten werde. Im Gegenteil: Dadurch können sich die Verkäufer strafbar machen.

Vorsicht vor Betrug: Diese Tipps sollten Teil­neh­mer beherzigen

Bei den auf Kaffeefahrten angebotenen Produkten ist Vorsicht geboten: Wirkliche Schnäppchen und Wundermittel werden sich dort kaum finden. Meist handelt es sich um minderwertige Ware, die überteuert verkauft wird. Da schon oft Menschen auf Kaffeefahrten mit entsprechenden Produkten betrogen wurden, ist künftig (Stand: Juli 2021) der Verkauf von Nahrungsergänzungsmitteln, Medizinprodukten und Finanzdienstleistungen auf Kaffeefahrten gemäß einer Änderung von § 56a Gewerbeordnung grundsätzlich verboten.

Die Verbraucherzentralen empfehlen zur Sicherheit, bei Kaffeefahrten grundsätzlich nur wenig Bargeld und keine EC- oder Kreditkarten mitzunehmen und keine Anzahlungen zu leisten. Wichtig ist es auch, darauf zu achten, dass das korrekte Datum und eine vollständige Adresse des Händlers – nicht nur ein Postfach – auf dem Kaufvertrag steht.

Wem bei einer Kaffeefahrt etwas seltsam vorkommt, der sollte sich mit anderen Teilnehmern zusammentun und Kontaktdaten austauschen. Dann gibt es bei einem möglichen Rechtsstreit Zeugen.

Wider­rufs­recht gilt auch beim Kaffeefahrt-Kauf

Ein Kauf auf einer Kaffeefahrt fällt unter § 312b Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) und stellt einen sogenannten "außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrag" dar – früher auch bezeichnet als "Haustürgeschäft". Das schließt ein Recht auf Widerruf ein:

  • Innerhalb von 14 Tagen können Käufer gemäß § 355 BGB den Kauf­ver­trag ohne Angabe von Gründen wider­ru­fen und die Ware zurück­ge­ben – so, wie es auch bei Online-Käufen möglich ist. Sie haben dann Anspruch auf Rück­erstat­tung geleis­te­ter Zahlungen.
  • Aus diesem Grund ist es wichtig, dass das korrekte Datum im Vertrag steht und nicht ein früheres: Der Händler kann sonst behaupten, die Frist sei schon verstrichen.
  • Hat es der Verkäufer versäumt, auf das Wider­rufs­recht hin­zu­wei­sen, ver­län­gert sich die Wider­rufs­frist auf insgesamt ein Jahr plus 14 Tage.
Nahaufnahme wie ein Vertrag unterschrieben wird und eine andere Hand erhebt Einspruch

© istock.com/Business

Oft arbeiten unseriöse Veranstalter mit weiteren Tricks, um das Widerrufsrecht auszuhebeln. Zum Beispiel werden Matratzen bei Lieferung gleich ausgepackt und auf das Bett gelegt, gleichzeitig aber die Rückgabe geöffneter und benutzter Waren in der Widerrufsbelehrung ausgeschlossen. In einem solchen Fall klagte die Verbraucherzentrale Brandenburg und erhielt vor dem Landgericht Berlin Recht (AZ 15 O 54/16). Die Richter stellten fest, dass das betreffende Unternehmen das Widerrufsrecht rechtswidrig eingeschränkt hatte.

Neben dem Widerrufsrecht kann gegebenenfalls als weiteres Rechtsmittel eine Anfechtung des Kaufvertrags wegen Täuschung infrage kommen. Der Vertrag kann auch ungültig sein, wenn sich herausstellt, dass Wucherpreise verlangt wurden. Hierzu solltest du dich von einem Anwalt beraten lassen.

Übrigens: Dauert die Fahrt länger als 24 Stunden und beinhaltet eine Übernachtung, sind Teilnehmer zusätzlich durch das Pauschalreiserecht geschützt. Das ist allerdings bei typischen Kaffeefahrten nur selten der Fall.

Fazit
  • Wer mit einer Gewinn­zu­sa­ge auf eine Kaf­fee­fahrt gelockt wird, kann den Gewinn prin­zi­pi­ell einklagen.
  • Auf einer Ver­kaufs­ver­an­stal­tung ist niemand ver­pflich­tet, sich die ange­prie­se­nen Produkte anzusehen oder gar zu kaufen.
  • Wer doch kauft, sollte möglichst nichts anzahlen und darauf achten, dass alle Angaben im Vertrag voll­stän­dig und korrekt sind.
  • Beim Kauf auf einer Kaf­fee­fahrt gibt es ein 14-tägiges Wider­rufs­recht. Innerhalb dieser Frist können Produkte ohne Angabe von Gründen zurück­ge­ge­ben werden.
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