Kirchliches Arbeitsrecht: Eine Pflegekraft hilft einem alten Mann aus dem Bett. Gina Sanders, Fotolia

19. Januar 2016, 11:12 Uhr

Loyalitätspflichten Kirch­li­ches Arbeits­recht: Welche Rege­lun­gen gibt es?

Für rund 1,3 Millionen Beschäftigte in Deutschland gilt kirchliches Arbeitsrecht, denn so viele Menschen sind bei der evangelischen oder katholischen Kirche beziehungsweise ihren Organisationen Diakonie und Caritas angestellt. Damit sind die beiden Kirchen der zweitgrößte Arbeitgeber nach dem öffentlichen Dienst. Für Angestellte bei Kirchen gelten einige rechtliche Besonderheiten. Zum Beispiel besteht dort statt des Streikrechts ein sogenannter Dritter Weg.

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Kirch­li­ches Arbeits­recht: Grundlagen

Wenn Sie bei einer Kirche oder einer kirchlichen Einrichtung beschäftigt sind, gelten besondere Regeln für Sie. Wie streng diese auszulegen sind, ist aber unter anderem von Ihrer konkreten Position abhängig. Zum Beispiel können kirchliche Träger eine Zugehörigkeit zur jeweiligen Kirche zur Einstellungsbedingung machen. Nicht alle tun dies jedoch. Nach Artikel 140 des Grundgesetzes haben die Kirchen ein Selbstordnungs- und Selbstverwaltungsrecht, dürfen also ihr eigenes kirchliches Arbeitsrecht führen.

Loya­li­täts­pflich­ten: Wann ist die Kündigung möglich?

Besonders wichtig ist für viele Arbeitnehmer, unter welchen Bedingungen ihnen eine Kündigung ausgesprochen werden kann. Die Beschäftigten sollen sich zu der jeweiligen Kirche loyal verhalten. Deshalb sollen sie sich sowohl während der Arbeitszeit als auch in ihrer Freizeit entsprechend den kirchlichen Glaubensgrundsätzen verhalten. Dies kann bei Verstoß arbeitsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen – bis hin zur Kündigung. Wer also in seiner Freizeit zum Beispiel kirchenfeindliche Werte propagiert, muss mit einer Auflösung des Arbeitsverhältnisses rechnen. Auch der Kirchenaustritt wird in der Regel als besondere Verletzung der Loyalitätspflichten angesehen.

Bei Arbeitsrechtsfragen sind wir Ihr Partner!Wie sehr die persönliche Lebensführung maßgeblich ist, sorgt häufig für Kontroversen: In der evangelischen Kirche sind Scheidung, Wiederheirat und Homosexualität keine Kündigungsgründe. In der katholischen Kirche war das noch bis vor Kurzem der Fall. 2015 haben die katholischen Bischöfe in Deutschland jedoch eine Liberalisierung ihres Arbeitsrechts beschlossen. Seit dem 1. Januar 2016 gilt dieses in allen katholischen Bistümern in Deutschland. Das neue katholische Arbeitsrecht sieht eine erhöhte Loyalitätspflicht nur noch für einige Berufsgruppen vor.

Dritter Weg statt Streik

Kirchliches Arbeitsrecht beinhaltet auch, dass ein sogenannter Dritter Weg auftretende Konflikte regelt. Ein Streik verträgt sich nicht mit den kirchlichen Prinzipien friedlicher Konfliktlösung, weshalb kirchliches Arbeitsrecht kein Streikrecht kennt. Stattdessen herrscht dort ein sogenannter Dritter Weg, über den Arbeitnehmer und Arbeitgeber sich in strittigen Fragen einigen können. In Kommissionen mit paritätischer Besetzung erfolgt ein Schlichtungsverfahren, das einen Interessensausgleich erreichen soll.

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