Freistellung nach Kündigung: Die rechtlichen Rahmenbedingungen © istock.com/SeventyFour

17. Januar 2020, 10:40 Uhr

So geht's richtig Frei­stel­lung nach Kündigung: Die recht­li­chen Rahmenbedingungen

Der Jobverlust ist in der Regel ein herber Schlag. Nach einer Kündigung sollte deshalb zumindest eine Freistellung drin sein – denken viele Arbeitnehmer. Wie die Rechtslage ist und was du bei einer Freistellung von der Arbeit beachten musst, liest du hier.

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Was ist eine Frei­stel­lung nach Kündigung?

Rechtlich gesehen bedeutet eine Freistellung im Job, dass ein Angestellter von seiner Pflicht entbunden wird, die vertraglich vereinbarte Arbeitsleistung zu erbringen. Im Klartext: Dein Arbeitsvertrag läuft weiter, aber du musst nicht mehr zur Arbeit gehen. Diese Formen der Freistellungen gibt es:

Bezahlte und unbezahlte Freistellung: Bei einer bezahlten Freistellung bist du von deiner Arbeitspflicht befreit und erhältst trotzdem wie gewohnt dein Gehalt. Bei der unbezahlten arbeitest du ebenfalls nicht, bekommst aber kein Geld.
Widerrufliche und unwiderrufliche Freistellung: Bei einer widerruflichen Freistellung musst du deinem Arbeitgeber weiterhin zur Verfügung stehen. Er darf dich jederzeit an deinen Arbeitsplatz zurückbeordern, zum Beispiel bei Personalnot wegen einer Krankheitswelle. Wirst du unwiderruflich freigestellt, ist die Sache endgültig und du kannst ruhigen Gewissens auch einen längeren Urlaub planen.
Einvernehmliche und einseitige Freistellung: Bei einer Kündigung einigen sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber meist auf  die Freistellung. Unter bestimmten Voraussetzung können Arbeitgeber ihre Beschäftigten aber auch gegen deren Willen freistellen. Dafür müssen sie allerdings gute Gründe vorlegen.

Wann und warum werden gekün­dig­te Mit­ar­bei­ter von der Arbeit freigestellt?

Wenn Arbeitgeber eine Kündigung aussprechen, bieten sie betroffenen Mitarbeitern – vor allem in höheren Positionen – oft eine bezahlte Freistellung bis zum Auslaufen des Vertrags an. Verpflichtet sind sie dazu jedoch nicht. Mit einer Freistellung möchten Unternehmen verhindern, dass gekündigte Mitarbeiter aus dem Betrieb beispielsweise interne Informationen oder Daten stehlen. Mitunter fürchten Arbeitgeber auch, gekündigte Mitarbeiter könnten den Betriebsfrieden stören und für Unruhe unter den Kollegen sorgen.

Vorteile für Arbeit­neh­mer bei Frei­stel­lung nach einer Kündigung

Eine bezahlte Freistellung ist meist eine attraktive Lösung: Du hast Zeit, die Kündigung zu verdauen und dich dann in Ruhe um einen neuen Job zu kümmern. Außerdem bekommst du weiterhin dein monatliches Gehalt in voller Höhe. Weitere Vorteile für Arbeitnehmer:

Kranken- und Sozialversicherung bleiben bei Lohnfortzahlung wie gehabt.
Das Recht auf Teilnahme an betrieblichen Veranstaltungen, zum Beispiel Weihnachtsfeiern, bleibt nach einem Urteil (AZ 8 Ca 5233/16) des Arbeitsgerichts (ArbG) Köln bestehen.
Verdienst aus einer anderweitigen Beschäftigung hat keinen Einfluss auf die Lohnfortzahlung, sofern es keine anderslautende Vereinbarung gibt. Mehr Informationen zum Thema Arbeitsrechtsschutz

Was passiert bei einer Frei­stel­lung mit Über­stun­den und Resturlaub?

Ein bestehender Anspruch auf Resturlaub oder Überstundenausgleich wird durch eine Freistellung nicht automatisch aufgehoben. Nur wenn es eine entsprechende Regelung in der Freistellungsvereinbarung gibt, können noch offene Urlaubstage oder Arbeitszeitguthaben mit einer unwiderruflichen Freistellung abgegolten werden. Manche Arbeitgeber nehmen eine entsprechende Klausel bereits im Arbeitsvertrag auf. Gibt es keine solche Regelung, kannst du dir deinen Resturlaub auszahlen lassen.

Bei einer widerruflichen Freistellung dürfen Urlaubsansprüche grundsätzlich nicht verrechnet werden, nur ein Überstundenausgleich ist in diesem Fall möglich.

Wett­be­werbs­ver­bot für Arbeit­neh­mer während der Freistellung

Freigestellte Mitarbeiter sind weiterhin vertraglich an ihren Noch-Arbeitgeber gebunden und müssen daher ihrer Treuepflicht nachkommen.  Deshalb besteht während der Freistellung ein Wettbewerbsverbot. Um gekündigten Mitarbeitern keine Steine in den Weg zu legen, stimmen aber manche Arbeitgeber einem parallelen Neuanfang bei einem Konkurrenzunternehmen zu.

Achtung: Das ist nicht immer ganz uneigennützig! Oft steht in der Freistellungserklärung oder im Arbeitsvertrag, dass in einem solchen Fall das Gehalt vom Konkurrenzunternehmen auf die Lohnfortzahlung angerechnet wird. Gibt es keine solche Vereinbarung, kannst du zwei volle Gehälter gleichzeitig beziehen.

Nachteile für Arbeit­neh­mer durch Freistellung

Nach einer Kündigung freigestellt zu werden, klingt für die meisten Arbeitnehmer sicher attraktiv. Die Motivation, noch für eine Firma zu arbeiten, die einen gefeuert hat, hält sich ohnehin oft in Grenzen. Aber bevor du leichtfertig eine Freistellungsvereinbarung unterschreibst, solltest du dir über mögliche Nachteile einer Freistellung klar sein:

Kein Zugang zu wichtigen Informationen: Womöglich kommst du nicht mehr an Daten, die für Bewerbungen deine Qualifikationen und beruflichen Erfolge belegen sollen. Auch wenn du gegen die Kündigung vorgehen willst, kann es wichtig sein, dass du an deinem Arbeitsplatz zuvor noch Beweise sicherst.
Rufschädigung: Wenn ein Mitarbeiter von heute auf morgen das Unternehmen verlässt, erzeugt das bei Kunden und Geschäftspartnern oft einen zweifelhaften Eindruck. Das könnte deiner weiteren Karriere schaden.
Mögliche Nachteile beim Arbeitslosengeld: Unter Umständen verzögert eine Freistellung  den Arbeitslosengeldbezug. Lass dich bei der Arbeitsagentur oder von einem Anwalt beraten, bevor du eine Freistellungsvereinbarung unterschreibst.

Frei­stel­lung von der Arbeit gegen den Willen des Mitarbeiters

Ist ein Arbeitnehmer nicht mit einer Freistellung einverstanden, kann der Arbeitgeber ihn nur schwer dazu zwingen. Es sei denn, die Möglichkeit zur Freistellung wurde bereits im Arbeitsvertrag festgelegt.

Arbeitnehmer haben bis zur Beendigung ihres Arbeitsvertrags einen Beschäftigungsanspruch gegenüber ihrem Arbeitgeber. Deshalb braucht dieser gute Gründe, wenn er eine einseitige Freistellung durchsetzen will. Diese müssen schwerer wiegen als das Interesse des Mitarbeiters an einer Weiterbeschäftigung.  Das kann sein bei ...

... begründetem Verdacht auf die Gefährdung von Betriebsgeheimnissen durch den Mitarbeiter.
... Wegfall des Arbeitsplatzes, zum Beispiel wegen Insolvenz.
... Kündigung aufgrund von Fehlverhalten und bei Gründen, die eine fristlose Kündigung erlauben würden.

Gesetz­li­cher Anspruch auf Frei­stel­lung nach Kündigung

Einen gesetzlichen Anspruch auf eine Freistellung bis zum Inkrafttreten ihrer Kündigung haben Beschäftigte nicht. Wenn du bis zum letzten Tag weiterarbeitest, muss dich dein Arbeitgeber aber zumindest für Termine freistellen, die deiner Jobsuche dienen. Also beispielsweise bei:

Vorstellungsgesprächen
Terminen in der Arbeitsagentur oder mit einem Jobvermittler
Probearbeitstagen bei anderen Unternehmen
Teilnahme an einem Assessment-Center

Fallen solche Termine in die reguläre Arbeitszeit, haben gekündigte Arbeitnehmer einen Rechtsanspruch auf Freistellung. Sie müssen dafür also keinen Urlaub nehmen oder die aufgewendete Zeit nacharbeiten.

FAZIT
    Arbeit­neh­mer haben keinen gesetz­li­chen Anspruch, nach einer Kündigung dauerhaft frei­ge­stellt werden. Frei­ge­stell­te Mit­ar­bei­ter haben nach wie vor Rechte, aber auch Pflichten gegenüber dem Arbeitgeber.Eine Frei­stel­lung kann bei einer Kündigung auch Nachteile für den Arbeit­neh­mer haben.
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