Das Bundesverfassungsgericht hat die Berechnungsgrundlage der Grundsteuer für verfassungswidrig erklärt Tobif82, Fotolia

11. April 2018, 16:52 Uhr

Grundsteuerreform unvermeidbar Grund­steu­er ver­fas­sungs­wid­rig – Gericht verlangt Reform

Niederlage für den Gesetzgeber: Das Bundesverfassungsgericht hat die Berechnungsgrundlage der Grundsteuer für verfassungswidrig erklärt. Das Urteil ist für Hauseigentümer und Mieter gleichermaßen von Bedeutung. Denn die Grundsteuer kann über die Nebenkosten auf den Mieter einer Wohnung abgewälzt werden.

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Grund­steu­er wichtige Ein­nah­me­quel­le der Kommunen

Grundstücke und Gebäude erfordern eine Infrastruktur und die kostet einiges an Geld. Über die Grundsteuer beteiligen die Kommunen Eigentümer an diesen Kosten. Die Grundsteuer landet in voller Höhe in den jeweiligen Gemeindekassen und wird nicht mit dem Bund oder dem jeweiligen Bundesland geteilt. Das macht sie zu einer der wichtigsten und stetigsten Einnahmequellen der Kommunen. Rund 13 Milliarden Euro fließen so jedes Jahr in die Haushaltskassen der Städte und Gemeinden.

Berech­nung der Grundsteuer

Bei der Berechnung der Grundsteuer ist der sogenannte Einheitswert ein entscheidender Faktor. Dieser wird mit der Grundsteuermesszahl multipliziert, die abhängig von der Nutzung des Grundstücks ist. Auf dieses Ergebnis wird dann ein Hebesatz angewendet, den jede Stadt oder Gemeinde selbst festlegt. Gerade finanzschwache Kommunen haben diese Hebesätze in den vergangenen Jahren kräftig erhöht. So kommt es zu erheblichen Unterschieden innerhalb Deutschlands. Ein Beispiel: Nach einer Untersuchung des Industrie- und Handelskammertags liegen die Hebesätze der Stadt Ingelheim in Rheinland-Pfalz bei unter 100 Prozent, in der Stadt Witten in Nordrhein-Westfalen dagegen bei mehr als 900 Prozent.

Urteil war zu erwarten

So blamabel das Urteil für die Bundesregierung auch ist: Unerwartet kommt es nicht. Eigentlich sollte der Einheitswert für die inzwischen mehr als 35 Millionen Grundstücke in Deutschland alle sechs Jahre neu festgesetzt werden, um die Entwicklung des Immobilienmarktes abzubilden. Passiert ist das allerdings in Westdeutschland das letzte Mal 1964, im Osten sogar schon 1935. Egal, ob sich eine ehemalige Arbeitersiedlung inzwischen zu einem hippen Szeneviertel entwickelt hat oder ein auf dem Grundstück stehendes Gebäude längst verfallen ist: Die damals ermittelten Werte gelten noch immer. Schon seit Jahren plant der Gesetzgeber eine Reform der Grundsteuer, hat sie aber bisher nicht beschlossen.

Reform der Grund­steu­er bis Ende 2019

Die Bundesregierung ist nun zum zügigen Handeln gezwungen: Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass die Berechnung der Grundsteuer bis Ende 2019 neu geregelt werden muss. Sollte der Gesetzgeber diese Frist nicht einhalten, dürfen die derzeit gültigen Regelungen nicht mehr angewendet werden (Urteile 1 BvL 11/14, 1 BvL 12/14, 1 BvL 1/15, 1 BvR 639/11 und 1 BvR 889/12 vom 10.04.2018 ). Nach Verabschiedung eines neues Gesetzes gilt bis Ende 2024 eine Übergangsfrist.

Aus­wir­kun­gen auf Mieter noch nicht absehbar

Die Grundsteuer können Eigentümer über die Nebenkosten auf ihre Mieter umlegen. Inwieweit das zu höheren Mieten führen wird, lässt sich noch nicht absehen und ist abhängig von der konkreten Ausgestaltung der Neuregelung.

Die Bundesregierung strebt an, die Gesamteinnahmen durch die Grundsteuer auf dem derzeitigen Niveau zu halten. Für den einzelnen Eigentümer kann eine Neuregelung dennoch je nach Art des Grundstücks und der Immobilie zu beträchtlichen Veränderungen führen.

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