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19. November 2025, 10:08 Uhr
Darf ich eigentlich? Nottestament: Voraussetzungen, Gültigkeit und Zeugen
Manchmal kommt alles anders als geplant: Ein Unfall, eine akute Erkrankung oder eine unerwartete Verschlechterung des Gesundheitszustands – und plötzlich bleibt keine Zeit mehr, um den letzten Willen ordentlich zu Papier zu bringen. In solchen Ausnahmesituationen erlaubt das Gesetz die Errichtung eines sogenannten Nottestaments. Was dafür gilt, erfährst du hier.
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Was ist ein Nottestament?
Ein Nottestament ist eine Ausnahmeform des Testaments für akute Notlagen, wenn etwa ein Notar nicht mehr rechtzeitig erreichbar ist. Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) unterscheidet drei Formen des Nottestaments:
- Bürgermeistertestament (§ 2249 BGB): Der Bürgermeister übernimmt die Rolle des Notars, liest den letzten Willen vor und lässt ihn genehmigen. Zwei unabhängige Zeugen müssen anwesend sein.
- Drei-Zeugen-Testament (§ 2250 BGB): Kann auch kein Bürgermeister mehr erreicht werden, etwa auf Intensivstationen, erklärt der Erblasser seinen letzten Willen mündlich vor drei unabhängigen Zeugen, die diesen anschließend niederschreiben, vorlesen und unterschreiben.
- Nottestament auf See (§ 2251 BGB): Diese Form gilt, wenn sich der Erblasser auf einem Schiff unter deutscher Flagge außerhalb eines Hafens befindet. Drei Zeugen nehmen seine Erklärung entgegen und fertigen eine Niederschrift an.
Wichtig: Der Testierwille und die Testierfähigkeit müssen eindeutig vorliegen. Der Erblasser muss also verstehen, was er erklärt, und frei entscheiden können.
Wann ist ein Nottestament erlaubt?
Ein Nottestament ist nur zulässig, wenn eine unmittelbare Todesgefahr oder der drohende Verlust der Testierfähigkeit besteht. Eine schwere, aber nicht akut tödliche Erkrankung reicht nicht aus. Das Kammergericht Berlin erklärte ein Nottestament für unwirksam, weil die Erblasserin 25 Tage nach der Errichtung noch lebte – der Tod war also nicht unmittelbar zu erwarten gewesen (AZ 6 W 93/15).
Zudem muss ein Notar nicht mehr rechtzeitig erreichbar sein. Nur dann darf ersatzweise ein Bürgermeistertestament errichtet werden, und erst, wenn auch der Bürgermeister unerreichbar ist, ein Drei-Zeugen-Testament. Es genügt nicht, dass die Erreichung eines Notars oder Bürgermeisters schwierig wäre – sie muss objektiv unmöglich sein.
Nach Auffassung des Kammergerichts Berlin ist in Großstädten in der Regel ein Notar erreichbar – damit fehlt die Grundlage für ein Nottestament (AZ 6 W 7/21). Außerdem betonte das Gericht, dass das Bürgermeistertestament grundsätzlich Vorrang vor dem Drei-Zeugen-Testament hat, wenn ein Bürgermeister – anders als ein Notar – noch erreichbar wäre.
Es gilt also: Jede Art des Nottestaments darf nur gewählt werden, wenn die jeweils „höhere“ Stufe rechtlich oder tatsächlich unmöglich ist.
Im Bürgermeistertestament muss zudem in der Niederschrift festgehalten werden, dass die „Besorgnis“ der Unerreichbarkeit eines Notars besteht und dass der Erblasser über die zeitliche Befristung belehrt wurde (§ 2249 Abs. 2 und 3 BGB). Diese Dokumentation ist für die spätere Wirksamkeit entscheidend.

Form und Ablauf: So entsteht ein wirksames Nottestament
Ein wirksames Nottestament muss bestimmte formale Aspekte erfüllen. Zunächst müssen Person, Testierfähigkeit und Wille des Erblassers eindeutig festgestellt werden. Wichtig ist die ständige Anwesenheit aller Beteiligten während des gesamten Vorgangs.
- Beim Bürgermeistertestament hält der Bürgermeister den letzten Willen schriftlich fest, liest ihn vor und lässt ihn in Anwesenheit der beiden Zeugen genehmigen.
- Beim Drei-Zeugen-Testament und beim Nottestament auf See fertigen dagegen die drei Zeugen selbst die Niederschrift an. Sie müssen den Inhalt möglichst genau wiedergeben, ihn dem Erblasser vorlesen und die Genehmigung festhalten.
Abschließend unterschreiben alle Beteiligten. Ist der Erblasser körperlich nicht mehr in der Lage zu unterschreiben, genügt ein entsprechender Vermerk.
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Nottestament: Gültigkeit und zeitliche Begrenzung
Ein Nottestament ist nur vorübergehend gültig. Nach § 2252 BGB erlischt es automatisch, wenn der Erblasser drei Monate nach der Errichtung noch lebt. Die Frist läuft allerdings erst, wenn er wieder in der Lage ist, ein ordentliches Testament zu errichten. Beim Bürgermeistertestament ist auf diese Befristung ausdrücklich hinzuweisen (§ 2249 Abs. 3 BGB).
Selbst kleine Fehler können zur Unwirksamkeit führen, etwa, wenn keine akute Todesgefahr bestand oder ein Notar theoretisch erreichbar gewesen wäre. Bei Formverstößen, die den Inhalt unberührt lassen, kann allerdings ein Bürgermeistertestament ausnahmsweise gültig bleiben (§ 2249 Abs. 6 BGB).
FAQ
- Was ist ein Nottestament?
Ein Nottestament ist eine Ausnahmeform des Testaments für akute Notlagen, wenn der Erblasser unmittelbar vom Tod bedroht und ein Notar nicht erreichbar ist.
- Wie lange ist ein Nottestament gültig?
Ein Nottestament verliert nach drei Monaten automatisch seine Wirkung, wenn der Erblasser noch lebt.
- Kann ein Nottestament später ersetzt werden?
Ja, der Erblasser kann jederzeit ein ordentliches Testament errichten, welches das Nottestament automatisch aufhebt.
Bitte lesen Sie zu dem Inhalt auch unsere Rechtshinweise.
