Urteil: Mitarbeiterüberwachung durch Detektiv nur begrenzt erlaubt Africa Studio, Fotolia

20. Februar 2015, 15:06 Uhr

Bundesarbeitsgericht Urteil: Mit­ar­bei­ter­über­wa­chung durch Detektiv nur begrenzt erlaubt

Vom Arbeitgeber initiierte Mitarbeiterüberwachung kommt in der Praxis immer wieder vor. Zwar gibt es bereits mehrere höchstrichterliche Entscheidungen rund um die Datenschutz-Problematik im Arbeitsrecht, jedoch hat das Bundesarbeitsgericht nun zum ersten Mal deutlich herausgestellt, in welchen Fällen es zulässig ist, Arbeitnehmer zu überwachen und in welchen nicht. Das Urteil (8 AZR 1007/13) legt fest: Ein Detektiv-Einsatz ist nur dann rechtmäßig, wenn ein auf Tatsachen beruhender, konkreter Verdacht einer schweren Pflichtverletzung besteht.

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Der Fall: Frau sieht sich durch Mit­ar­bei­ter­über­wa­chung in Per­sön­lich­keits­recht verletzt

Im konkreten Streitfall klagte eine Frau, die als Sekretärin in einem Metallbetrieb in Münster angestellt war, gegen ihren Arbeitgeber. Der Grund: Als sich die Klägerin im Februar 2011 krankgemeldet hatte, konnte scheinbar auch das ärztliche Attest ihren Chef nicht von ihrer Arbeitsunfähigkeit überzeugen. Er zweifelte an ihrer Krankheit und engagierte kurzerhand einen Detektiv, um die Frau zu kontrollieren. Im Rahmen dieser Mitarbeiterüberwachung wurde die Sekretärin in drei strittigen Situation auf öffentlicher Straße gefilmt und fotografiert. Nachdem der Arbeitgeber sie später mit dem Bildmaterial konfrontiert hatte, erhob die Frau Klage und verlangte Schmerzensgeld: Die Observierung durch einen Detektiv stelle einen Eingriff in ihr Persönlichkeitsrecht dar. Der Arbeitgeber hingegen bestand auf einem "legitimen Interesse" an der Mitarbeiterüberwachung.

Das Urteil: Verdacht einer vor­ge­täusch­ten Krankheit berech­tigt nicht zur Detektiv-Kontrolle

Nachdem das zuständige Arbeitsgericht in erster Instanz entschieden hatte, das Detektiv-Bildmaterial sei rechtmäßig, da es im öffentlichen Raum aufgenommen wurde, urteilte das Landesarbeitsgericht Hamm zugunsten der Arbeitnehmerin und sprach ihr ein Schmerzensgeld in Höhe von 1.000 Euro zu. Das Bundesarbeitsgericht bestätigte dieses Urteil nun letztinstanzlich: Das ärztliche Attest sei Beweis genug, dass keine schwere Pflichtverletzung seitens der Klägerin vorgelegen habe. Der Verdacht einer vorgetäuschten Krankheit habe den Arbeitgeber nicht berechtigt, die Überwachung der Frau an einen Detektiv zu übertragen. Immerhin habe der Verdacht nicht auf konkreten Tatsachen beruht.

Tipps für Mit­ar­bei­ter, die sich überwacht fühlen

Nach dem aktuellen Urteil des Bundesarbeitsgerichts gilt grundsätzlich, dass Arbeitgeber ihre Mitarbeiter nicht ohne triftigen Grund überwachen dürfen. Sollten Sie das Gefühl haben, unrechtmäßig beobachtet und kontrolliert zu werden, sollte Sie Ihr erster Schritt nicht direkt vor Gericht führen. Das Gespräch mit Ihrem Vorgesetzten oder dem Chef kann behilflich sein, um die Situation aufzuklären. Sollte dies nicht zu einer Lösung führen, wenden Sie sich – sofern vorhanden – an den Betriebsrat in Ihrem Unternehmen oder gegebenenfalls an die Gewerkschaft. Erst im letzten Schritt sollten Sie darüber nachdenken, mithilfe eines Rechtsexperten rechtliche Schritte einzuleiten.

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