Rückwirkend krankschreiben lassen: Geht das? © iStock.com/Artfully79

8. Dezember 2023, 11:52 Uhr

Darf ich eigentlich? Kann ich mich rück­wir­kend krank­schrei­ben lassen?

Du fühlst dich schon seit Tagen nicht gut, hast dich bei der Arbeit krankgemeldet und gehst nun zum Arzt, um dir eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) ausstellen zu lassen. Aber kann dich der Arzt auch rückwirkend krankschreiben, um die Tage mit abzudecken, an denen du schon bei der Arbeit gefehlt hast? Hier liest du, in welchen Fällen und für wie lange das möglich sein kann.

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Arbeits­un­fä­hig­keits­be­schei­ni­gung muss recht­zei­tig vorliegen

Als Arbeitnehmer hast du im Krankheitsfall Pflichten gegenüber deinem Arbeitgeber: Du musst ihm schnellstmöglich mitteilen, dass du erkrankt bist und nicht arbeiten kannst, zum Beispiel per Telefon. Und du musst dafür sorgen, dass er ein Attest über deine Arbeitsunfähigkeit erhält, wenn du nicht nach kurzer Zeit wieder fit bist. In der Regel ist das Attest spätestens ab dem vierten Tag der Arbeitsunfähigkeit fällig.

Mehr zu deinen Rechten und Pflichten bei einer Krankmeldung liest du hier. >>

Voraussetzung für die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ist üblicherweise, dass du persönlich von einem Arzt untersucht wurdest. Aber was, wenn du es nicht innerhalb von drei Tagen zum Arzt geschafft hast? Da wäre es doch praktisch, wenn der Arzt dir nachträglich bescheinigen könnte, dass du schon länger erkrankt bist.

INFO

Telefonische Krankschreibung dauerhaft möglich

Normalerweise muss ein Arzt dich persönlich sehen, damit er dich krankschreiben kann. Im Rahmen der Corona-Regelungen war es möglich, sich bei leichten Atemwegserkrankungen telefonisch krankschreiben zu lassen.

Seit Dezember 2023 gilt: Die telefonische Krankschreibung soll dauerhaft möglich sein. Dies gilt allerdings nur, wenn keine Videosprechstunde möglich ist und deine Erkrankung absehbar keinen schweren Verlauf haben wird. Außerdem musst du der Arztpraxis bereits bekannt sein. Dann ist per Telefon eine Krankschreibung für bis zu fünf Tage möglich.

Rück­wir­kend krank­schrei­ben lassen: Wann und für wie lange ist das möglich?

Die Krankenkassen haben Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien (AU-RL) aufgestellt, die die Ärzte beachten müssen, wenn sie jemanden krankschreiben. § 5 Absatz 3 der AU-RL legt fest:

  • Die Arbeits­un­fä­hig­keits­be­schei­ni­gung darf nor­ma­ler­wei­se nicht in die Zeit vor dem ersten Arzt­be­such zurück­da­tiert werden.
  • Dass ein Patient rück­wir­kend krank­ge­schrie­ben wird, ist gemäß der Richt­li­nie nur in Aus­nah­me­fäl­len möglich. Und dann auch nur für maximal drei Tage. Das Wochen­en­de zählt dabei mit.

Ärzte sind verpflichtet, jeden Fall einer rückwirkenden Krankschreibung genau zu prüfen und zu hinterfragen. Nur wenn sie überzeugt sind, dass es einem Patienten nicht möglich war, früher für eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung in die Praxis zu kommen, dürfen sie ihn nachträglich krankschreiben. Ist deine Erklärung für den Arzt nicht nachvollziehbar, kann er sich weigern. Denn: Wenn Ärzte mit rückdatierten AUs zu freigiebig umgehen, kann ihnen selbst juristischer Ärger drohen.

Recht­zei­tig handeln, um Ärger mit der Krank­schrei­bung zu vermeiden

Wenn du es krankheitsbedingt tatsächlich nicht schaffst, zu Arzt zu gehen, aber die AU dringend brauchst, solltest du nicht auf die rückwirkende Krankschreibung vertrauen. Am besten rufst du gleich in der Arztpraxis an, schilderst dein Problem und fragst nach einer Lösung. Vielleicht ist ein Hausbesuch möglich.

Wichtig auch: Informiere deinen Arbeitgeber über die Situation und halte ihn auf dem Laufenden. Vermutlich findet ihr gemeinsam eine Lösung, wenn du gleich mit offenen Karten spielst. Solltest du dennoch Probleme mit deinem Chef bekommen, kann ein Berufs-Rechtsschutz helfen.

FAZIT
  • Ärzte dürfen Patienten nor­ma­ler­wei­se nicht rück­wir­kend krank­schrei­ben. Das geht nur in Aus­nah­me­fäl­len und nach gründ­li­cher Abwägung.
  • Die rück­wir­ken­de Krank­schrei­bung ist dann für maximal drei Tage möglich.
  • Als Arbeit­neh­mer solltest du bei einer Erkran­kung recht­zei­tig handeln: Den Arbeit­ge­ber infor­mie­ren und beim Arzt nach­fra­gen, welche Mög­lich­kei­ten es für eine AU gibt, wenn du nicht in die Praxis kommen kannst.
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