Lebenslanges Wohnrecht: BGH stärkt Rechte von Mietern rocketclips, Fotolia

21. November 2018, 14:28 Uhr

Dämpfer für Vermieter Lebens­lan­ges Wohnrecht: BGH stärkt Rechte von Mietern

Erwirbt ein Käufer Immobilien, dann muss er ein bestehendes lebenslanges Wohnrecht der bisherigen Bewohner übernehmen und respektieren. Das entschied nun der Bundesgerichtshof (BGH) und stärkt mit diesem Urteil den Kündigungsschutz für Mieter.

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Kündigung trotz lebens­lan­gen Wohnrechts

Nach 35 Jahren sollten die Mieter einer Bochumer Wohnung ihr Zuhause räumen. Das wollten sie aber nicht und beriefen sich auf ihr lebenslanges Wohnrecht. Das hatten ihnen die einstigen Besitzer der Immobilie, zuletzt die Stadt Bochum, zugesichert. An diese Vereinbarung fühlten sich die neuen Eigentümer jedoch nicht mehr gebunden und klagten deshalb gegen ihre Mieter. Nach mehreren Vorinstanzen – Amtsgericht sowie Landgericht Bochum – scheiterten die Vermieter mit ihrer Kündigung auch vor dem Bundesgerichtshof (AZ VIII ZR 109/18).

Die Karlsruher Richter entschieden aufgrund folgenden Sachverhalts: Die beklagten Mieter bezogen 1981 eine Wohnung in einem Bochumer Siedlungshaus. Das gehörte, so ein Stadtsprecher, seit den 1970er Jahren unter anderem einem Bergwerksverein. Der sicherte den darin lebenden Bergleuten ein lebenslanges Wohnrecht zu. Diese Vereinbarung habe die Stadt Bochum übernommen, als sie die Immobilie später erwarb.

Kün­di­gungs­schutz der Mieter im Kauf­ver­trag verankertMehr Informationen zum Thema Mietrechtsschutz

2012 ging das kommunale Eigentum an private Besitzer, zu denen die Kläger gehören. In den Kaufvertrag setzte die Stadt folgende Klausel ein: "Die Mieter haben ein lebenslanges Wohnrecht. Der Käufer übernimmt das bestehende Mietverhältnis. Er darf insbesondere keine Kündigung wegen Eigenbedarfs oder wegen der Behinderung einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung aussprechen. Möglich ist lediglich eine Kündigung wegen der erheblichen Verletzung der dem Mieter obliegenden vertraglichen Verpflichtungen."

Das Wohnrecht auf Lebenszeit betrachteten die neuen Vermieter allerdings als nichtig und kündigten das Mietverhältnis im Jahr 2015. Sie beriefen sich dabei auf § 573a Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) heran. Dieser Paragraf lockert den Kündigungsschutz für Mieter, wenn in einem Gebäude mit maximal zwei Wohnungen auch der Vermieter selbst wohnt. Das war hier zwar der Fall, aber weder das Amtsgericht noch das Landgericht Bochum folgten der Ansicht der Vermieter und wiesen die Räumungsklage der neuen Besitzer ab. Daraufhin zogen die Kläger vor das oberste deutsche Zivilgericht.

Das Wohnrecht auf Lebens­zeit mitgekauft

Aber auch die Richter in Karlsruhe wiesen das Ansinnen der Kläger auf Räumung und Herausgabe der Wohnung ab. Ihrer Ansicht nach handele es sich bei den im Kaufvertrag enthaltenen Bestimmungen zum lebenslangen Wohnrecht der Mieter um "einen echten Vertrag zugunsten Dritter" gemäß § 328 BGB. Das bedeutet, dass die Mieter eigene Rechte gegenüber ihrem Vermieter haben, die eine Kündigung ausschließen. Anders ausgedrückt: Der neue Besitzer hat das lebenslange Wohnrecht quasi mitgekauft und muss sich daran halten.

Dieser Kündigungsschutz der Mieter ergibt sich – so der BGH – allein schon aus dem Wortlaut der betreffenden Klausel im Kaufvertrag. Das darin gewährte Privileg würden die beklagten Bewohner daher erst bei erheblichen Verstößen gegen ihre Mieterpflichten verlieren.

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