Schüler im Rollstuhl mit Lehrerin vorlesen © iStock.com/FatCamera

3. September 2025, 17:20 Uhr

Durchatmen Schul­be­glei­tung bean­tra­gen: Anspruch und Voraussetzungen

Wenn dein Kind im Schulalltag an seine Grenzen stößt, ist das nicht nur für dich als Elternteil belastend, sondern auch für das Kind selbst. Gerade wenn es aufgrund einer Behinderung oder seelischer Beeinträchtigung Schwierigkeiten hat, den Unterricht zu bewältigen, kann eine Schulbegleitung helfen. Welche Voraussetzungen dafür nötig sind und wie du sie beantragst, liest du hier.

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Was ist eine Schulbegleitung?

Eine Schulbegleitung – auch Integrationshelfer, Individualbegleitung oder Schulassistent genannt – unterstützt Kinder und Jugendliche, die aufgrund einer körperlichen, geistigen oder seelischen Beeinträchtigung im Schulalltag Hilfe benötigen.

Meist beginnt die Schulbegleitung erst an der Schule, aber manche Schulbegleiter decken auch den Schulweg ab – etwa bei Kindern, die sonderpädagogische Unterstützung benötigen. Wusstest du, dass dein Kind in so einem Fall oder im Falle einer Schwerbehinderung Anspruch auf geförderte Schulbeförderung hat?

Die Aufgaben einer Schulbegleitung sind vielfältig, etwa:

  • Unter­stüt­zung beim An- und Ausziehen
  • Beglei­tung in der Pause
  • Hilfe bei der Kom­mu­ni­ka­ti­on und sozialen Interaktion
  • Struk­tu­rie­rung des Lernalltags

Eine Schulbegleitung kann auch präventiv wirken, wenn Kinder in der Schule etwa von Mobbing betroffen sind oder Schwierigkeiten im Umgang mit Mitschülern haben.

Medizinische Schulbegleitungen übernehmen auch pflegerische Tätigkeiten, etwa bei der Medikamenteneinnahme, bei Mahlzeiten oder Toilettengängen. Die Einsatzorte sind vielfältig: von Grund- und weiterführenden Schulen bis hin zu Förderschulen. Auch bei Klassenfahrten und Ausflügen kann die Begleitung notwendig sein.

Wichtig ist jedoch: Eine Schulbegleitung ersetzt keine Lehrkraft. Pädagogische Kernaufgaben – wie Unterrichtsgestaltung, Leistungsbewertung oder pädagogisches Konzept – bleiben den Lehrpersonen vorbehalten.

Leitgedanke jeder Unterstützung ist die Förderung der Selbstständigkeit des Kindes. Ziel ist, dass es schrittweise lernt, Aufgaben eigenständig zu bewältigen und sich möglichst gut in die Klassengemeinschaft einzufügen.

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Gesetz­li­che Grund­la­gen und Anspruch

Die Beantragung einer Schulbegleitung stützt sich auf klare rechtliche Grundlagen. Zentral ist die Eingliederungshilfe, die im Sozialgesetzbuch (SGB) geregelt ist:

  • Nach § 35a Achtes Sozi­al­ge­setz­buch (SGB VIII) können Kinder mit see­li­schen Behin­de­run­gen oder drohenden see­li­schen Behin­de­run­gen Unter­stüt­zung über das Jugendamt erhalten.
  • Bei kör­per­li­chen und geistigen Behin­de­run­gen sind hingegen die Sozi­al­hil­fe­trä­ger nach § 112 ff. Neuntes Sozi­al­ge­setz­buch (SGB IX) zuständig.
  • His­to­risch war auch § 54 Siebtes Sozi­al­ge­setz­buch (SGB XII) relevant, der die „Hilfe zu einer ange­mes­se­nen Schul­bil­dung“ festlegte.
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Darüber hinaus spielt die UN-Behindertenrechtskonvention eine große Rolle. Sie verankert das Recht auf inklusive Bildung, sodass alle Kinder – unabhängig von Behinderung – Zugang zum allgemeinen Bildungssystem haben müssen.

Ob und in welchem Umfang eine Schulbegleitung gewährt wird, entscheidet die zuständige Behörde nach einer individuellen Einzelfallprüfung. Damit soll sichergestellt werden, dass Kinder genau die Unterstützung erhalten, die sie tatsächlich benötigen – nicht mehr und nicht weniger.

Übrigens: Digitale Angebote und Materialien in Schulen müssen seit Juni 2025 nach den Vorgaben des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes (BFSG) so gestaltet sein, dass sie für alle Schüler und Schülerinnen zugänglich sind.

Info

Schul­be­glei­tung für Kinder ohne Behinderung?

Auch Kinder ohne anerkannte Behinderung können im Alltag auf zusätzliche Unterstützung angewiesen sein – etwa wenn sie ausgeprägte Lernschwierigkeiten oder Verhaltensauffälligkeiten haben. Eine Schulbegleitung kann hier helfen, Strukturen zu schaffen, Lernprozesse zu begleiten und Sicherheit im Klassenzimmer zu geben.

Wichtig ist jedoch, dass ein erheblicher Unterstützungsbedarf vorliegt, der von Schule oder Kita bestätigt und durch fachliche Stellungnahmen untermauert wird. Unter Umständen ist auch eine Kita-Begleitung möglich, wenn etwa der Übergang in die Schule sonst nicht gelingen würde. Die individuelle Prüfung entscheidet, ob ein Anspruch besteht.

Vor­aus­set­zun­gen für eine Schulbegleitung

Eine Schulbegleitung wird nicht einfach pauschal bewilligt, sondern setzt bestimmte Nachweise voraus. Folgende Punkte sind in der Regel erforderlich:

  • Ärztliche, psy­cho­lo­gi­sche oder the­ra­peu­ti­sche Diagnose, die den Unter­stüt­zungs­be­darf belegt.
  • Stel­lung­nah­me der Schule oder Kita, die konkret darlegt, welche Schwie­rig­kei­ten im schu­li­schen Alltag bestehen.
  • Nachweis eines beson­de­ren Unter­stüt­zungs­be­darfs, also die Fest­stel­lung, dass reguläre schu­li­sche Förderung nicht ausreicht.

Ob eine Schulbegleitung auch ohne Diagnose möglich ist, hängt vom Einzelfall ab. In der Praxis zeigt sich jedoch: Je klarer eine Diagnose, desto einfacher ist der Nachweis des Anspruchs.

Typische Beispiele für Diagnosen, die einen Anspruch auf Schulbegleitung begründen, sind etwa das Down-Syndrom, eine Autismus-Spektrum-Störung, das ADHS oder körperliche Behinderungen. Dabei spielt das Alter keine Rolle: Entscheidend ist immer, dass das Kind ohne Unterstützung nicht gleichberechtigt am Unterricht teilnehmen könnte.

Grinsendes Mädchen im Rollstuhl mit weiteren Schülern und Schülerinnen uns Lehrerin in einem Klassenzimmer
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Antrag auf Schul­be­glei­tung: Schritt für Schritt

Wenn du eine Schulbegleitung beantragen möchtest, läuft das Verfahren in mehreren Schritten ab. Zuständig sind je nach Art der Behinderung das Jugendamt oder das Sozialamt.

Die wichtigsten Schritte im Überblick:

  • Antrag­stel­lung: Eltern bzw. Sor­ge­be­rech­tig­te stellen den Antrag beim zustän­di­gen Amt.
  • Unter­la­gen ein­rei­chen: Dazu gehören ärztliche Gutachten, die Begrün­dung des Unter­stüt­zungs­be­darfs und eine Stel­lung­nah­me der Schule.
  • Bedarfs­prü­fung: Das Amt prüft, ob und in welchem Umfang eine Schul­be­glei­tung notwendig ist.
  • Ent­schei­dung: Bewil­li­gung oder Ablehnung des Antrags.
  • Wider­spruchs­recht: Im Falle einer Ablehnung kannst du schrift­lich Wider­spruch einlegen. Bleibt auch dieser erfolglos, besteht die Mög­lich­keit einer Klage.
  • Kos­ten­über­nah­me: Die Schul­be­glei­tung wird in der Regel voll­stän­dig vom zustän­di­gen Leis­tungs­trä­ger finan­ziert – für Eltern entstehen keine Kosten.
Info

So findest du eine passende Schulbegleitung

Nach der Bewilligung stellt sich die Frage, wie du die passende Begleitperson findest. Dafür stehen dir unterschiedliche Träger zur Verfügung, etwa die Lebenshilfe, Caritas oder freie Anbieter. Manche Schulbegleitungen bringen pädagogische oder medizinische Fachkenntnisse mit, andere werden durch Fortbildungen gezielt vorbereitet.

Eine gute Zusammenarbeit ist entscheidend: Schulbegleitung, Lehrkräfte, Therapeuten und Eltern bilden im Idealfall ein Team, das regelmäßige Absprachen trifft, um dein Kind bestmöglich zu unterstützen.

Finan­zie­rung, Kos­ten­über­nah­me & Alltag mit Schulbegleitung

Die Kosten einer Schulbegleitung werden vollständig übernommen – abhängig von der Art der Beeinträchtigung entweder vom Jugendamt oder vom Sozialamt. Für Eltern entsteht also keine finanzielle Eigenbeteiligung. Die Vergütung richtet sich nach den jeweiligen tariflichen Regelungen der Träger, fällt jedoch aufgrund der unterschiedlichen Qualifikationen oft sehr verschieden aus.

Die Qualität der Schulbegleitung wird durch regelmäßige Hilfeplangespräche gesichert. Hier werden relevante Fragen geklärt, die den Alltag individuell organisieren:

  • Wie viele Stunden stehen pro Woche zur Verfügung?
  • Wer übernimmt Ver­tre­tun­gen bei Krankheit?
  • Darf die Schul­be­glei­tung bei Klas­sen­fahr­ten mitfahren?

Außerdem wird in Zielüberprüfungen besprochen, welche Fortschritte erzielt wurden und ob eine Verlängerung beantragt werden sollte.

In manchen Bundesländern, allen voran Niedersachsen, gewinnen auch Pool-Modelle an Bedeutung: Hier werden mehrere Schulbegleitungen in einem Personalpool gebündelt, sodass Ausfälle besser abgefangen werden. Gleichzeitig wird es einfacher, eine Schulbegleitung mit passender Qualifikation zu finden.

FAQ

  • Was macht eine Schulbegleitung?

Eine Schulbegleitung unterstützt Kinder, die aufgrund einer körperlichen, geistigen oder seelischen Beeinträchtigung ohne Hilfe nicht am Schulalltag teilnehmen könnten, und fördert dabei gleichzeitig ihre Selbstständigkeit.

  • Wie bekommt man eine Schulbegleitung?

Du kannst eine Schulbegleitung beim Jugend- oder Sozialamt beantragen, wofür ärztliche Gutachten und eine Stellungnahme der Schule nötig sind.

  • Was kostet eine Schulbegleitung?

Die Schulbegleitung ist für Eltern kostenlos, die Kosten übernimmt das zuständige Amt.

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