Diebstahl am Arbeitsplatz: Eine Hand, die einen 20-Euro-Schein aus einer gefüllten Geldkassette zieht. sabine hürdler, Fotolia

15. Februar 2016, 11:04 Uhr

Bagatelldiebstahl Diebstahl am Arbeits­platz: Droht die Kündigung?

Vieles, was Arbeitnehmer im Büro täglich tun, kann streng genommen als Diebstahl am Arbeitsplatz ausgelegt werden: Eine private Kopie machen, das Handy aufladen oder kleine Mengen Büromaterial mit nach Hause nehmen. Ob eine Abmahnung oder doch eine fristlose Kündigung droht, ist bei Bagatelldelikten auch eine Frage der Abwägung.

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Was gilt als Diebstahl am Arbeitsplatz?

Grundsätzlich ist jegliche private Nutzung betrieblicher Ressourcen verboten, sofern im Betrieb keine anderen Regelungen gelten. Das heißt: Egal, ob ein Mitarbeiter Geld entwendet oder sich im Büro ein paar Blätter Kopierpapier für den heimischen Drucker einsteckt – beides kann als Diebstahl am Arbeitsplatz gewertet werden und ernsthafte Konsequenzen nach sich ziehen. In der Regel drücken viele Chefs ein Auge zu, wenn ein Mitarbeiter am Arbeitsplatz ohne ausdrückliche Erlaubnis eine Kopie für den Privatgebrauch macht oder sein privates Handy auflädt. Streng genommen wären sie aber im Recht, wenn sie Mitarbeiter abmahnen oder ihnen in schweren Fällen auch kündigen.

Diebstahl recht­fer­tigt fristlose Kündigung

Ein Diebstahl am Arbeitsplatz berechtigt den Arbeitgeber gemäß § 626 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zu einer fristlosen Kündigung. Dabei ist es gleichgültig, ob der Arbeitnehmer das Unternehmen, einen Kollegen oder einen Kunden bestohlen hat: Er hat seine arbeitsvertraglichen Pflichten in einem solchen Maße verletzt, dass die Voraussetzungen für eine außerordentliche Kündigung gegeben sind. Wenn es sich um Diebstahl von Geld oder erheblichen Sachwerten handelt, ist der Arbeitgeber damit in jedem Fall im Recht. Strittig sind solche Entscheidungen jedoch, wenn es sich um einen sogenannten Bagatelldiebstahl mit sehr geringem Schadenswert handelt.

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Laut § 626 BGB muss jedoch bei Diebstahl am Arbeitsplatz eine Interessenabwägung stattfinden. In diesem Zusammenhang hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) 2010 im "Fall Emmely" ein richtungsweisendes Urteil zugunsten einer Arbeitnehmerin geführt. Dieses hat seitdem dafür gesorgt, dass viele Bagatelldiebstähle nur noch eine Abmahnung und nicht mehr eine sofortige Kündigung nach sich ziehen. Im konkreten Fall hatte eine Kassiererin von Kunden vergessene Pfandbons im Wert von insgesamt 1,30 Euro eingelöst und war dafür gekündigt worden. Das BAG urteilte jedoch, dass angesichts der langen Betriebszugehörigkeit und des bis dahin immer ehrlichen Verhaltens der Kassiererin eine Abmahnung ausreichend gewesen wäre (AZ 2 AZR 541/09). Seitdem gilt vor Gericht in der Regel der Grundsatz: Handelt es sich bei Diebstahl am Arbeitsplatz um einen einmaligen Bagatelldiebstahl im Wert von wenigen Cent oder Euro, ist der Mitarbeiter bereits lange im Unternehmen beschäftigt und war sein Verhalten bisher immer tadellos, ist eine fristlose Kündigung zu hart und daher eine Abmahnung die richtige Entscheidung.

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