Vorkaufsrecht für Mieter: In diesen Fällen gilt es © iStock.com/fizkes

4. Juli 2022, 11:48 Uhr

Darf ich eigentlich? Vor­kaufs­recht für Mieter: In diesen Fällen gilt es

Die Wohnung, in der du zur Miete wohnst, soll verkauft werden – und du würdest gern selbst Eigentümer deiner vier Wände werden? Unter bestimmten Umständen gilt ein Vorkaufsrecht für Mieter, das dir die Möglichkeit gibt, bei einem geplanten Verkauf vorrangig als Käufer berücksichtigt zu werden. Allerdings gelten auch einige Ausnahmen.

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BGB: Wann Mieter ein gesetz­li­ches Vor­kaufs­recht haben

Das Vorkaufsrecht für Mieter ist in § 577 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) verankert und gilt dann, wenn die Wohnung während des Mietverhältnisses in eine Eigentumswohnung umgewandelt wurde und nun vom Vermieter verkauft werden soll.

Wenn schon ein Kaufvertrag mit anderen Interessenten aufgesetzt wurde, muss der Vermieter den Mieter darüber informieren und ihn auf sein Vorkaufsrecht hinweisen. Der Mieter kann sich dann für den Kauf entscheiden und kann sich auf die Konditionen berufen, die im Kaufvertrag festgehalten sind. Informiert ihn der Vermieter nicht über den geplanten Verkauf, kann der Mieter von ihm Schadenersatz verlangen – das entschied der Bundesgerichtshof (BGH) 2015 (AZ VIII ZR 51/14).

Eine Klausel im Mietvertrag, die das Vorkaufsrecht für den Mieter ausschließt, ist nicht zulässig. Wenn du von einem möglichen Verkauf der von dir gemieteten Wohnung erfährst, kannst du dich von einem Anwalt beraten lassen, um deine Optionen zu prüfen.

Vor­kaufs­recht: Mieter dürfen beim Preis nicht benach­tei­ligt werden

Wenn du als Mieter dein Vorkaufsrecht geltend machst, gelten für dich dieselben Bedingungen wie für den Erstkäufer – also einen Kaufinteressenten ohne Vorkaufsrecht, für den der Vermieter schon einen Kaufvertrag aufgesetzt hat.

Im März 2022 wurde das durch ein Urteil des BGH (AZ VIII ZR 305/20) bestätigt: Hier sollte eine Berliner Mieterin für ihre Wohnung rund 163.000 Euro bezahlen, während der Erstkäufer aufgrund des laufenden Mietverhältnisses nur knapp 147.000 Euro zahlen sollte. Der BGH entschied zugunsten der Mieterin mit der Begründung, es handele sich um eine unzulässige Vereinbarung zu Lasten Dritter. Einen Mieter dürfen also keine ungünstigeren Bedingungen treffen als einen anderen potenziellen Käufer. Vergünstigungen gegenüber anderen Käufern sind für Mieter allerdings ebenfalls gesetzlich nicht vorgesehen. Ob ihnen der Vermieter beim Preis entgegenkommt, ist Verhandlungssache. 

Welche Fristen gelten beim Vorkaufsrecht?

Ist vertraglich nichts anderes vereinbart, gilt beim Vorverkaufsrecht die gesetzliche Frist: In § 469 Absatz 2 BGB ist festgehalten, dass das Vorkaufsrecht bei Grundstücken – zu denen Immobilien hinzugezählt werden – durch den Mieter innerhalb von zwei Monaten ausgeübt werden muss, nachdem er über den geplanten Verkauf informiert wurde.

Junges Paar sitzt zwischen Umzugskartons auf dem Boden und unterhält sich.
© iStock.com/SementsovaLesia

Wann das Vor­kaufs­recht für Mieter nicht gilt

Zu beachten sind allerdings einige Ausnahmen, in denen das Vorkaufsrecht für Mieter nicht zur Anwendung kommt. Das ist zum Beispiel dann der Fall, wenn der Vermieter die Wohnung an einen Angehörigen verkaufen oder verschenken möchte. Auch wenn die Wohnung bereits vor dem Einzug des Mieters in Wohneigentum umgewandelt wurde beziehungsweise zum Verkauf stand, gilt das Vorkaufsrecht nicht.

Bestimmte Arten von Immobilien sind ebenfalls ausgeschlossen: Ein Vorverkaufsrecht des Mieters auf Gewerberäume existiert nicht – das Gesetz bezieht sich ausdrücklich auf Wohnräume. Auch bei im Ganzen veräußerten Mehrfamilienhäusern dürfen Mieter nicht auf ein Vorverkaufsrecht hoffen – es sei denn, die Wohnungen werden zuvor per Teilungserklärung in einzelne Eigentumsanteile umgewandelt.

Ein Sonderfall ist das Vorkaufsrecht für Mieter im Einfamilienhaus: § 577 BGB bezieht sich auf die Umwandlung von vermietetem Wohnraum in Wohneigentum, kann also auf ein Einfamilienhaus meist nicht angewandt werden. Falls den Mietern allerdings durch Grundbucheintragung ein dingliches Vorkaufsrecht eingeräumt wurde, kommt dieses nach § 1094 BGB zur Geltung.

Was passiert, wenn der Mieter das Vor­kaufs­recht nicht in Anspruch nimmt?

Wenn du als Mieter vom Vorkaufsrecht keinen Gebrauch machen kannst oder willst, musst du dir erst einmal keine Sorgen machen. Der neue Eigentümer der Wohnung tritt gemäß § 566 BGB in den Mietvertrag ein – es gilt der Grundsatz „Kauf bricht nicht Miete“. Eine Kündigung wegen Eigenbedarfs ist nach der erstmaligen Umwandlung in Wohneigentum erst nach einer Frist von mindestens drei Jahren möglich.

FAZIT
  • Das Vor­kaufs­recht für Mieter ist in § 577 BGB verankert.
  • Es kommt zur Anwendung, wenn die Wohnung im Laufe des Miet­ver­hält­nis­ses erstmalig in eine Eigen­tums­woh­nung umge­wan­delt wird und zum Verkauf steht.
  • Das Vor­kaufs­recht des aktuellen Mieters gilt nicht bei Verkauf oder Schenkung an einen Ange­hö­ri­gen, bei Gewer­be­räu­men, Ein­fa­mi­li­en- oder im Ganzen ver­kauf­ten Mehrfamilienhäusern.
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