Taubstumme Frau sitzt vor einem Laptop und nutzt Gebärdensprache © iStock.com/Szepy

21. Mai 2025, 12:26 Uhr

Achtung, das wird teuer Bar­rie­re­frei­heits­stär­kungs­ge­setz: Das gilt laut BFSG ab Juni 2025

Ab Ende Juni 2025 tritt das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) für Produkte und Dienstleistungen in Kraft. Es soll die gesellschaftliche Teilhabe von Menschen mit Behinderung stärken – etwa durch barrierefreie Websites, Onlineshops oder Bankautomaten. Was das konkret für Hersteller, Anbieter und Verbraucher bedeutet und wie Menschen mit Behinderung vom Gesetz profitieren, liest du hier.

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Was ist das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz?

Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) wurde bereits im Juli 2021 im deutschen Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Es setzt die EU-Richtlinie von 2019, den European Accessibility Act (EAA), in deutsches Recht um. Ab dem 28. Juni 2025 müssen viele Produkte und Dienstleistungen barrierefrei nutzbar sein, etwa in Form von leicht bedienbaren Bankautomaten oder Websites in einfacher Sprache.

Ziel laut § 1 Abs. 1 BFSG ist es, die gesellschaftliche Teilhabe von Menschen mit Behinderung zu stärken und den europäischen Binnenmarkt zu vereinheitlichen.

Info

Über­gangs­fris­ten für spezielle Produkte und Dienstleistungen

Offiziell müssen ab dem 28. Juni 2025 alle betroffenen Produkte und Dienstleistungen barrierefrei sein. Für einige gelten gemäß § 38 BFSG jedoch Übergangsfristen:

  • Für Dienst­leis­tun­gen, die mit nicht-bar­rie­re­frei­en Produkten erbracht werden, gilt eine fünf­jäh­ri­ge Übergangsfrist.
  • Für Selbst­be­die­nungs­ter­mi­nals gilt eine Über­gangs­frist von 15 Jahren.

Grund: Die wirtschaftliche Nutzungsdauer von Produkten, etwa von Fahrticketautomaten, soll ausgereizt werden.

Wer ist vom Bar­rie­re­frei­heits­stär­kungs­ge­setz betroffen?

Die Bestimmungen des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes beziehen sich vor allem auf Produkte und Dienstleistungen in den Bereichen Onlinehandel, Hard- und Software, Bankdienstleistungen, Telekommunikation sowie Personenverkehr und Mobilität.

Die Richtlinien des BFSG gelten für:

  • Her­stel­ler, Händler und Impor­teu­re der vom BFSG betrof­fe­nen Produkte
  • Anbieter der vom BFSG betrof­fe­nen Dienstleistungen

Eine Ausnahme gilt allerdings für Kleinstunternehmen: Ihre Dienstleistungen müssen nicht barrierefrei sein, wenn weniger als zehn Personen beschäftigt sind und der Jahresumsatz unter zwei Millionen Euro liegt. Produkte müssen Kleinstunternehmen jedoch trotzdem barrierefrei anbieten.

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Und gilt das BFSG auch für Vereine? Ja, denn prinzipiell betreffen die Vorgaben alle privaten Wirtschaftsakteure, die Produkte oder Dienstleistungen anbieten.

Dein Verein fällt unter das BFSG, wenn er etwa kostenpflichtige Leistungen oder Funktionen anbietet, die auf einen Vertragsabschluss abzielen.

Vereine fallen nicht unter die Regelungen, wenn …

  • sie weniger als zehn Beschäf­tig­te und einen Jah­res­um­satz unter zwei Millionen Euro haben. Ehren­amt­li­che Beschäf­tig­te werden nicht berücksichtigt.
  • sie auf ihrer Website lediglich Infor­ma­tio­nen oder die Bean­tra­gung einer Mit­glied­schaft gemäß Satzung anbieten.
Blinder junger Mann draußen hält Smartphone in der Hand an sein Ohr
© iStock.com/Ivan Rodriguez Alba

Welche Produkte sind betroffen?

Ab dem 28. Juni sollen unter anderem folgende Produkte barrierefrei sein:

  • Computer
  • Mobile Endgeräte (z. B. Smart­phones, Notebooks, Tablets)
  • Selbst­be­die­nungs­ter­mi­nals (z. B. Geld­au­to­ma­ten, Fahrausweisautomaten)
  • Fern­seh­ge­rä­te mit Inter­net­zu­gang
  • E-Book-Lese­ge­rä­te
  • Router

Die Barrierefreiheit gilt übrigens nur für Produkte, die nach dem 28. Juni 2025 in den Verkehr gebracht werden.

Für dich als Verbraucher heißt das: Kaufst du dir beispielsweise ein neues Smartphone, was nach dem 28. Juni auf den Markt gekommen ist, muss es den Richtlinien des BFSG entsprechen. Das heißt konkret:

  • Pro­dukt­ver­pa­ckung: Infor­ma­tio­nen zum Öffnen, Schließen, Verwenden oder Entsorgen müssen bar­rie­re­frei und direkt am Produkt ange­bracht sein.
  • Anlei­tun­gen: Alle Pro­dukt­in­for­ma­tio­nen zum Betrieb eines Gerätes, etwa zur Instal­la­ti­on, Wartung oder Lagerung, müssen entweder am Produkt selbst ange­bracht sein oder ander­wei­tig öffent­lich zugäng­lich sein, etwa über die Webseite des Herstellers.
  • Pro­dukt­web­sei­te: Pro­dukt­in­for­ma­tio­nen auf Websites müssen über mehrere sen­so­ri­sche Kanäle abrufbar (z. B. Sehen und Hören), leicht ver­ständ­lich und gut auf­find­bar sein.
  • Ein­rich­tung: Produkte müssen bar­rie­re­frei kon­fi­gu­rier­bar sein – z. B. bezüglich Laut­stär­ke, Schrift­grö­ße, Kontrast etc.

Welche Dienst­leis­tun­gen sind betroffen?

Unter anderem folgende Dienstleistungen sind gemäß BFSG ab 28. Juni 2025 barrierefrei zu gestalten:

  • Webseiten
  • Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­diens­te
  • Bank­dienst­leis­tun­gen
  • E-Books
  • Dienst­leis­tun­gen im elek­tro­ni­schen Geschäftsverkehr
  • Dienst­leis­tun­gen für Mobil­ge­rä­te (Apps) im über­re­gio­na­len Per­so­nen­ver­kehr (z. B. elek­tro­ni­sche Ticketdienste)
  • Per­so­nen­be­för­de­rungs­diens­te (für Stadt- und Regio­nal­ver­kehrs­diens­te nur bei inter­ak­ti­ven Selbstbedienungsterminals)
Info

Welche Pflichten haben Unter­neh­men durch das BFSG?

Für Hersteller, Händler und Importeure von Produkten gelten ab dem 28. Juni besondere Pflichten, damit ihre Produkte als barrierefrei gelten. Produkte müssen dann:

  • den vor­ge­schrie­be­nen Anfor­de­run­gen an die Bar­rie­re­frei­heit genügen
  • das EU-Kon­for­mi­täts­be­wer­tungs­ver­fah­ren durch­lau­fen haben
  • eine EU-Kon­for­mi­täts­er­klä­rung beinhalten
  • eine CE-Kenn­zeich­nungg aufweisen
  • regel­mä­ßig auf den aktuellen Stand der Technik geprüft werden
Schwerhörige junge Frau sitzt mit einer Fernsehfernbedienung auf dem Sofa
© iStock.com/South_agency

Bar­rie­re­frei­heit im Netz: Das gilt für Webseiten und Onlineshops

Für Menschen mit Behinderung kann das Online-Shoppen oder die Informationssuche im Internet eine große Hürde sein. Zu kleine Schrift, fehlende optische Abgrenzung von Textblöcken oder Buttons, Videos ohne Untertitel: Das alles soll sich mit dem BFSG ändern.

Anbieter von Webshops oder -seiten sollten folgende Punkte umsetzen:

  • Unter­ti­tel, Tran­skrip­te oder Gebär­den­spra­che für Gesprochenes
  • Bildliche Inhalte als Audiobeschreibung
  • Aus­rei­chend Farb­kon­tras­te und aus­sa­ge­kräf­ti­ge Beschrif­tung der Buttons
  • Bedien­ele­men­te sollten mit Maus und Tastatur zu bedienen sein
  • Alter­na­tiv­tex­te für Bilder
  • Einfache Sprache und klare Satzstruktur
  • Auf­zäh­lungs­zei­chen, Absätze und Tabellen für ein­fa­che­res Verständnis

Betreibst du etwa einen Onlineshop und brauchst Unterstützung, um deine Website barrierefrei zu gestalten, findest du z. B. auf der Website von Aktion Mensch weitere hilfreiche Tipps und Checklisten.

Welche Strafen gibt es bei Miss­ach­tung des BFSG?

Halten sich Produkthersteller oder Dienstleister nicht an die Vorgaben des BFSG, müssen sie neben Abmahnungen mit empfindlichen Sanktionen rechnen, etwa mit Vertriebsverboten ihrer Produkte, Bußgeldern bis zu 100.000 Euro oder der Produktentfernung vom Markt (§ 37 BFSG).

Bist du dir nicht sicher, ob dein Unternehmen oder Verein von den Vorgaben des BFSG betroffen ist, lässt du dich am besten rechtlich beraten.

FAQ

  • Was ist das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz?

Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) ist ein Gesetz, das die gesellschaftliche Teilhabe von behinderten Menschen stärken soll. Laut Gesetz müssen bestimmte Produkte und Dienstleistungen ab dem 28. Juni 2025 barrierefrei gestaltet sein.

  • Wer ist vom Bar­rie­re­frei­heits­stär­kungs­ge­setz betroffen?

Vom BFSG sind alle Produkthersteller, Importeure, Händler und Dienstleister betroffen, deren Produkte und Dienstleistungen ab Ende Juni 2025 barrierefrei sein sollen. Dies sind unter anderem Telekommunikationsanbieter, Hersteller mobiler Endgeräte, Verkehrsgesellschaften und Onlineshop-Betreiber.

  • Ab wann gilt das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz?

Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) tritt am 28. Juni 2025 in Kraft.

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