Hitze im Büro: Gibt es ein Recht auf Hitzefrei? © iStock.com/humonia

9. September 2022, 9:06 Uhr

Durchatmen Hitze im Büro: Gibt es ein Recht auf Hitzefrei?

Wenn die Sonne lacht, lacht noch lange nicht jeder Arbeitnehmer. Arbeiten bei Hitze im Büro kann schnell zur Tortur werden – zumindest, wenn eine Klimaanlage fehlt. Nicht nur die Computer scheinen bei großer Hitze auszusetzen, sondern auch deine Konzentration und Merkfähigkeit. Doch hast du bei der Arbeit ein Recht auf Hitzefrei, so wie früher in der Schule?

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Was sagt das Arbeits­recht zu Hitze im Büro?

Die schlechte Nachricht direkt vorweg: Ein grundsätzliches Recht auf Hitzefrei für schwitzende Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gibt es nicht. Das heißt jedoch nicht, dass du jede Temperatur am Arbeitsplatz aushalten musst. Die Fragen, ob und wann es zu heiß zum Arbeiten ist und was dagegen getan werden kann, sind in der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) sowie in der Arbeitsstättenrichtlinie (ASR) A3.5 geregelt.

Die ASR A3.5 legt beispielsweise fest, dass die Raumtemperatur in Arbeitsräumen ohne spezifische raumklimatische Anforderungen – dazu gehören Büroräume – 26 Grad Celsius nicht übersteigen soll. Sonst müssen Hitzeschutzmaßnahmen zum Einsatz kommen, etwa Sonnenschutzsysteme für die Fenster.

Bestimmte Personengruppen wie Vorerkrankte, Schwangere und Stillende können gegen Vorlage eines ärztlichen Attests die Einhaltung bestimmter Temperaturen im Büro fordern. Wenn der Arbeitgeber dieser Forderung nicht nachkommen kann, hat die betroffene Person das Recht, an einem anderen Ort zu arbeiten oder freigestellt zu werden. Wichtig: Eine Freistellung solltest du immer mit deinem Arbeitgeber absprechen. Verlässt du deinen Arbeitsplatz einfach so, droht Ärger.

Hitze im Büro: Pflichten des Arbeitgebers

Arbeitgeber haben gemäß § 618 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) eine Fürsorgepflicht sowie die Pflicht zu Schutzmaßnahmen. Dazu gehört auch, der Entstehung von großer Hitze vorzubeugen. Kritisch wird es meist spätestens dann, wenn am Büroarbeitsplatz über 30 Grad Celsius herrschen, obwohl es zum Beispiel ein Sonnenschutzsystem gibt. Zu möglichen Hitzeschutzmaßnahmen gehören dann gemäß ASR A3.5 beispielsweise:

  • Einbau von Kli­ma­an­la­gen, Jalousien oder Ventilatoren
  • mor­gend­li­ches Lüften
  • Angebot von kühlen Getränken und Hitzepausen
  • Lockerung einiger Beklei­dungs­re­geln, zum Beispiel der Verzicht aufs Jackett

Gut zu wissen für Arbeitnehmer: Die ASR A3.5 regelt, dass der Arbeitgeber ab 30 Grad „wirksame Maßnahmen“ gegen die Hitze ergreifen muss. Die dort genannten Maßnahmen sind aber nur Beispiele. So kann der Arbeitgeber nicht zur Anschaffung einer Klimaanlage verpflichtet werden, wenn auch Ventilatoren oder schattenspendende Jalousien ausreichen, um die Temperatur auf ein erträgliches Maß zu senken.

Hitzefrei: Wann ist es zu warm im Büro?

Unter bestimmten Voraussetzungen können Arbeitnehmer wegen großer Hitze auf der Arbeit tatsächlich Hitzefrei bekommen. Dann nämlich, wenn die Raumtemperatur mehr als 35 Grad im Büro beträgt. In diesem Falle ist der Arbeitsraum als solcher nicht mehr geeignet. Kann der Arbeitgeber das Gesundheitsrisiko seiner Mitarbeiter nicht minimieren, sind Hitzepausen die einzige Alternative.

Aber Vorsicht – in einigen Fällen darf der Arbeitnehmer trotzdem verlangen, dass du weiterarbeitest:

  • … etwa, wenn es kühlere Räume im Betrieb gibt, in denen gear­bei­tet werden kann
  • … wenn die Arbeits­zeit auch auf die kühleren Morgen- und Abend­stun­den verlegt werden kann
  • … und sobald die Raum­tem­pe­ra­tur wieder unter 35 Grad sinkt.

Auch Arbeitnehmer müssen bei Sommerhitze auf sich achten, denn sonst nützt der beste Hitzeschutz im Betrieb nichts. Wer bei hohen Temperaturen zum Beispiel nicht genügend trinkt, gefährdet seine Gesundheit. Bei Ärger zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmern stehen alle Beteiligten mit einem Rechtsschutz auf der sicheren Seite.

Frau im Sommerkleid sitzt mit ihrem Laptop auf einer Holzbank im Garten.
© iStock.com/vladans

Home­of­fice im Hoch­som­mer – mobiles Arbeiten mit Klimaanlage?

Bei Hitze im Büro muss sich der Arbeitgeber um das Wohlergehen der Mitarbeiter kümmern – aber was ist mit den Kollegen, die aus dem Homeoffice arbeiten? Hier kommt es darauf an, was genau im Arbeitsvertrag festgehalten ist. Die Arbeitsstättenverordnung gilt nämlich nach § 2 Abs. 7 ArbStättV ausschließlich für Telearbeit und nicht für mobiles Arbeiten.

Auch wenn die Begriffe Homeoffice, Heimarbeit, Telearbeit und mobiles Arbeiten im allgemeinen Sprachgebrauch synonym verwendet werden, unterscheidet die Rechtslage klar zwischen Telearbeit und mobilem Arbeiten.

Bei der Telearbeit verfügen Mitarbeiter an einem anderen Ort als am Sitz des Arbeitgebers – in den meisten Fällen zu Hause – über eine komplette Arbeitsplatzausstattung für das heimische Büro und arbeiten nur an diesem einen Platz. Eine Gefährdungsbeurteilung und Unterweisungen sind nötig, auch müssen bestimmte Anforderungen an Bildschirmarbeitsplätze eingehalten werden, genau wie im Büro selbst. In diesem Fall sind vom Arbeitgeber auch die im Büro geltenden Vorschriften in Hinblick auf Sommerhitze zu erfüllen.  

In den meisten Fällen wird den Arbeitnehmern jedoch Homeoffice oder das sogenannte mobile Arbeiten ermöglicht. Hier bekommen die Mitarbeiter ein Firmennotebook zur Verfügung gestellt und suchen sich ihren Arbeitsplatz selbst aus: beim Homeoffice zu Hause, etwa am Schreibtisch, auf dem Sofa oder auf der Terrasse, beim mobilen Arbeiten auch unterwegs, zum Beispiel in der Bahn. Beim Homeoffice oder mobilen Arbeiten können die Angestellten sich bei heißen Temperaturen leicht selbst einen kühleren Platz suchen.

Wenn grundsätzlich die Möglichkeit besteht, statt in der überhitzten heimischen Wohnung im klimatisierten Büro zu arbeiten, müssen sowohl mobile als auch Telearbeiter diese in Anspruch nehmen. Erst, wenn auch dort die Temperatur nicht mehr niedrig genug gehalten werden kann, ist Hitzefrei möglich.

FAZIT
  • Ein Recht auf Hitzefrei haben Arbeit­neh­mer im All­ge­mei­nen nicht. Arbeit­ge­ber sind grund­sätz­lich gehalten, darauf zu achten, dass die Luft­tem­pe­ra­tur in Innen­räu­men nicht über 26 Grad steigt.
  • Erreicht die Luft­tem­pe­ra­tur im Betrieb die 30-Grad-Marke, hat der Arbeit­ge­ber besondere Pflichten gegenüber seinen Mit­ar­bei­tern. Er muss Maßnahmen ergreifen, um die Hitze im Büro zu mini­mie­ren oder erträg­li­cher zu machen.
  • Bei Tele­ar­bei­tern ist der Arbeit­ge­ber für die Ein­hal­tung der auch im Büro geltenden Ver­ord­nun­gen zuständig, also auch für eine ange­mes­se­ne Raum­tem­pe­ra­tur. Mobile Worker müssen sich dagegen selbst einen kühleren Platz zum Arbeiten suchen.
  • Herrschen über 35 Grad im Betrieb und kann der Arbeit­ge­ber keine weiteren Maßnahmen in die Wege leiten, um die Raum­tem­pe­ra­tur zu senken, dürfen Mit­ar­bei­ter unter Umständen die Arbeit unterbrechen.
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