Der Staat darf nur eingreifen, wenn das Kindeswohl mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit gefährdet ist bobex73, Fotolia

10. Juli 2018, 14:58 Uhr

Technik für Minderjährige Smart­phones gefährden nicht das Kindeswohl

Bergen Smartphones so große Gefahren für Kinder, dass sie pauschal das Kindeswohl gefährden? Nein, finden die Richter am Oberlandesgericht Frankfurt – und stärken damit die Elternrechte (AZ 2 UF 41/18)

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Der Fall: Eltern stritten um Aufenthaltsbestimmungsrecht

Eigentlich sollte das Amtsgericht Bad Hersfeld darüber entscheiden, bei welchem Elternteil die Tochter nach der Trennung leben soll. Im Zuge des Verfahrens wurde klar, dass das damals 8-jährige Kind ein eigenes Smartphone besaß und auch auf andere internetfähige Medien im Haushalt der Mutter Zugriff hatte. Das Gericht sah darin eine Gefahr für das Kindeswohl. Das Ergebnis: Die Mutter bekam zwar das Aufenthaltsbestimmungsrecht für das Mädchen, jedoch nicht ohne Auflagen.

Das Kind sollte bis zum 12. Geburtstag kein eigenes Smartphone mehr haben dürfen und auch für PC, Fernseher, Spielekonsole und Tablet sollten feste Zeiten und Nutzungsregeln festgelegt werden, verfügte das Amtsgericht. Das empörte nicht nur die Tochter, sondern auch die Eltern. Sie erhoben gemeinsam Beschwerde gegen die Auflagen.

Der Fall landete sodann vor dem Oberlandesgericht Frankfurt, wo man der Familie zustimmte und die vorgeschriebenen Maßnahmen zur Mediennutzung wieder aufgehoben wurden.

Eltern­rech­te dürfen nicht leicht­fer­tig beschnit­ten werden

Rechtsschutz

Das Gericht begründete seine Entscheidung folgendermaßen: Der Staat darf nur dann in die Erziehung eingreifen, wenn das Kindeswohl mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit gefährdet ist. Die rechtliche Grundlage dafür findet sich in §§ 1666, 1666a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Allein das Vorhandensein internetfähiger Geräte erfüllt diese Voraussetzung aber nicht.

Vielmehr gingen von Smartphone und Co. für Kinder keine größeren Gefahren aus als von schlechter Ernährung oder exzessivem TV-Konsum. Es sei die Aufgabe der Eltern, diese Dinge in ihrem Sinne zu regulieren und erzieherisch zu begleiten.

Nicht der erste Feldzug des AG Hersfeld gegen Medi­en­nut­zung bei Kindern

Es war übrigens nicht das erste Mal, dass das Bad Hersfelder Amtsgericht sich in medienpädagogische Fragen einmischte. 2016 bekam ein Vater die Auflage, sämtliche Messenger-Dienste von den Smartphones seiner Kinder zu löschen und regelmäßig zu kontrollieren, was auf den Telefonen der Töchter passiert (AZ F 361/16 EASO) – zum Schutze des Kindeswohls. In einem anderen Fall sollte die Mutter eines Elfjährigen dessen WhatsApp-Nutzung strenger überwachen (AZ F 120/17 EASO).

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