Urteil: Stundenlohn von 3,40 Euro ist sittenwidrig. Ein Mann in einem blauen Karohemd hält vier Pizzaschachteln. Straßmeier, Fotolia

25. April 2016, 14:20 Uhr

Hungerlohn Urteil: Stun­den­lohn von 3,40 Euro ist sittenwidrig

Ein Arbeitgeber, der einer bei ihm angestellten Pizzafahrerin einen Stundenlohn von 3,40 Euro gezahlt hatte, muss dem Jobcenter laut einem aktuellen Urteil Geld erstatten. Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg erachtete die Vergütung als Hungerlohn und damit als sittenwidrig. Durch den niedrigen Lohn war die Frau auf höhere Leistungen zur Grundsicherung vom Jobcenter angewiesen.

Ihr gutes Recht im Job – wir unterstützen Sie. >>

Vor Einführung des gesetzlichen Mindestlohns hatte ein Restaurantbetreiber einer bei ihm als Pizzafahrerin angestellten Frau in den Jahren 2011 bis 2014 monatlich pauschal 136 Euro für 35 bis 40 Stunden Arbeit im Monat gezahlt. Das entsprach im Durchschnitt einem Stundenlohn von 3,40 Euro. Die Frau bezog außerdem Grundsicherung. Diese fiel durch den geringen Lohn deutlich höher aus, als es bei einem üblichen Stundenlohn nötig gewesen wäre. Das Jobcenter forderte von dem Arbeitgeber vor Gericht die Erstattung der Differenz in Höhe von rund 5.700 Euro.

Bei Arbeitsrechtsfragen sind wir Ihr Partner!Das Landesarbeitsgericht gab der Klage statt. Die Richter bewerteten den gezahlten Stundenlohn als Hungerlohn und damit als sittenwidrig (AZ 15 Sa 2258/15). Auch bei einer Vollzeittätigkeit werde damit kein Einkommen erzielt, das zum Leben ausreiche. Gemäß § 138 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ist die Vereinbarung solcher Löhne unwirksam. Anhand von Feststellungen des statistischen Landesamtes hatte das Jobcenter die vor Ort übliche Vergütung ermittelt und war für 2011 auf einen Stundenlohn von 6,77 Euro gekommen. Dieser Wert erhöhte sich bis zum Jahr 2014 auf 9,74 Euro, die pro Stunde eigentlich hätten gezahlt werden müssen. Den sich dadurch ergebende Differenzbetrag von rund 5.700 Euro muss der Arbeitgeber an das Jobcenter zahlen. Eine Revision zum Bundesarbeitsgericht wurde nicht zugelassen.

Artikel teilen

Bitte lesen Sie zu dem Inhalt auch unsere Rechtshinweise.

So einfach ist Rechtsschutz

Ein Rechtsstreit, ganz gleich in welchem Bereich, kommt oft unverhofft. Darum hat ADVOCARD mit dem 360°-Rechtsschutz einen besonders leistungsstarken Rundumschutz geschaffen.

Mehr erfahren

Mediation

Vertragen statt klagen: mit Mediation rechtliche Konflikte ohne Gerichts­ver­fahren lösen.

Strei­tatlas

Streit in Berlin? Zoff in München? Der interaktive Atlas zeigt, wo die deutschen Streithähne leben.

ADVOCARD-Service

Kompetente Beratung und professionelle Unterstützung rund um die Uhr.